SS
Tempi passati.
„Ha! die Handschrift meiner Frau! (liest). Sie kommt
morgen zurück! jetzt sind unsere guten Tage beim Teufel!"
Das Non plus ultra der Portraitmalerei.
Es ist bereits auch schon in der „alten" Welt bekannt,
daß der in New-Aork lebende Maler Sir Edgar Highfax aus
Pennsylvanien für keines seiner in Lebensgröße und in gan-
zer Figur gemalten Portraits weniger als 30,000 Dollars
fordert; — (welche Summe freilich in der „neuen" Welt so
viel zu bedeuten hat, als bei uns in der „alten" etwa 36 fl.
27 kr.) .Es ist ebenso bekannt, daß diese Portraits Sir
Edgar Highfax's — (von welchem jedes regelmäßig und präcis
im Zeitraum Einer Stunde gefertigt wird) alle ohne Aus-
nahme die Natur nicht blos völlig erreichen, sondern sie
meistentheils sogar noch unendlich weit hinter sich lasien und
sie so aufs frappanteste beschämen; kaum aber möchte wohl
folgender, Sir Edgar Highfaxs Virtuosität im grellsten Lichte
beleuchtender Vorfall schon allgemein bekannt sein, welchen
wir dem Nro. 77 des „^.meriean liesdage" entnommen haben
und ihn hiemit wortgetreu wiedergeben:
Es war an einem schönen Frühlingsmorgen dieses Jahres,
Das Non plus ultra der Portraitmalerei.
als 5 Minuten vor 11 Uhr Vormittags der ehrenwerthe Sir
John Mixpikle in Sir Edgar Highfaxs Atelier trat, um sich,
da er gerade eine geschäftsfreie Stunde hatte, vom edlen Mei-
ster portraitiren zu lassen. Nach kurzer Uebereinkunft wegen
des Preises, der Stellung rc. saß Sir John Mixpikle denn
auch schon, es schlug gerade 11 Uhr, — dem Meister gegen-
über, und eine Viertelstunde später war bereits der Entwurf
von Sir John Mixpikles interessantein Ebenbilde mit we-
nigen kühnen Pinselstrichen mehr als sprechend ähnlich auf die
Leinwand gezaubert; und in der That schien der Meister gerade
heute bei besonders günstiger Laune zu sein, und mehrere An-
wesende wollen ihn selbst, als er so mit seiner, ihm allein
eigenen penetrant künstlerischen Heftigkeit über die große Lein-
wandfläche wie scherzend dahinglitt, — mehrmals vor sich hin-
murmelnd gehört haben: ,,6looä! — indeed, very good! flue
indeed, very fine!“ (1. Bild.) — Da fiel in Sir John Mix-
pikles sonst völlig ruhigem und körnigem Naturell eine gewisse
Unruhe, eine Unbehaglichkeit, — fast möchte man es Aengst-
lichkeit nennen,— auf, dergleichen man sonst niemals an Sir
John Mixpikle bemerkt haben will. Auch glaubte man eine
momentane Verschmälerung seiner Contouren zu bemerken,
welche sich, (II. Bild) es schlug eben V?12 Uhr, zurstaunen-
und furchterregenden Gewißheit fixirte, und sich mit jeder Mi-
nute, ja mit jeder Sekunde sichtbar steigerte; namentlich so oft,
— (es geschah aber nicht allzuoft) (III. Bild) Sir Edgar High-
fax sein durchbohrendes Künstlerauge forschend und prüfend auf
Sir John Mixpikle's immer mehr verwelkende Gestalt heftete,
die sich jetzt, es schlug eben */* auf 12 Uhr, — wie von
einem unsichtbaren Feuer gefräßig verzehrt, buchstäblich mehr
und mehr in sich selbst zu verlieren schien, während sein
Bild — unter Sir Edgar's Meisterhand — mit jeder Sekunde
sich mehr und mehr rundete und füllte und belebte, daß Einige
der genanntenAnwesenden sich denkalten Schweiß von der Stirne
wischten mußten. (IV. Bild.) Zwölf Uhr schlugs, — Sir Edgar
Highfax legte Pinsel und Palette nieder, — und Sir John
Mixpikle's Hülle saß kalt, leer, leblos — und tobt auf dem
Stuhle, (mehrere der genannten Anwesenden ergriffen scheu die
Flucht, um sich einer späteren Rechenschaft und Verantwortung
klug zu entziehen) während, — kaum zu glauben, und dennoch
wahr, — Sir John Mixpikle's vollendetes Ebenbild, oder
vielmehr Sir John Mixpikle selbst, — in seiner früheren vollen
Gestalt, aber heiter lächelnd und fröhlich grüßend aus der Lein-
wand heraus auf Sir Edgar Highfax, — der sich dies alles,
ohne eigentlich nur recht überrascht zu sein, mit ruhiger Stirne
ansah, — zuschritt, und, lachend seine 30,000 Dollars wieder
einsteckend, zu Sir Edgar sprach: ,,I do admire you, Mister!
You are indeed a high master!“ — Ein fröhliches Frühstück,
bei welchem Sir Edgar Highfax Sir John Mixpikle nochmals,
Tempi passati.
„Ha! die Handschrift meiner Frau! (liest). Sie kommt
morgen zurück! jetzt sind unsere guten Tage beim Teufel!"
Das Non plus ultra der Portraitmalerei.
Es ist bereits auch schon in der „alten" Welt bekannt,
daß der in New-Aork lebende Maler Sir Edgar Highfax aus
Pennsylvanien für keines seiner in Lebensgröße und in gan-
zer Figur gemalten Portraits weniger als 30,000 Dollars
fordert; — (welche Summe freilich in der „neuen" Welt so
viel zu bedeuten hat, als bei uns in der „alten" etwa 36 fl.
27 kr.) .Es ist ebenso bekannt, daß diese Portraits Sir
Edgar Highfax's — (von welchem jedes regelmäßig und präcis
im Zeitraum Einer Stunde gefertigt wird) alle ohne Aus-
nahme die Natur nicht blos völlig erreichen, sondern sie
meistentheils sogar noch unendlich weit hinter sich lasien und
sie so aufs frappanteste beschämen; kaum aber möchte wohl
folgender, Sir Edgar Highfaxs Virtuosität im grellsten Lichte
beleuchtender Vorfall schon allgemein bekannt sein, welchen
wir dem Nro. 77 des „^.meriean liesdage" entnommen haben
und ihn hiemit wortgetreu wiedergeben:
Es war an einem schönen Frühlingsmorgen dieses Jahres,
Das Non plus ultra der Portraitmalerei.
als 5 Minuten vor 11 Uhr Vormittags der ehrenwerthe Sir
John Mixpikle in Sir Edgar Highfaxs Atelier trat, um sich,
da er gerade eine geschäftsfreie Stunde hatte, vom edlen Mei-
ster portraitiren zu lassen. Nach kurzer Uebereinkunft wegen
des Preises, der Stellung rc. saß Sir John Mixpikle denn
auch schon, es schlug gerade 11 Uhr, — dem Meister gegen-
über, und eine Viertelstunde später war bereits der Entwurf
von Sir John Mixpikles interessantein Ebenbilde mit we-
nigen kühnen Pinselstrichen mehr als sprechend ähnlich auf die
Leinwand gezaubert; und in der That schien der Meister gerade
heute bei besonders günstiger Laune zu sein, und mehrere An-
wesende wollen ihn selbst, als er so mit seiner, ihm allein
eigenen penetrant künstlerischen Heftigkeit über die große Lein-
wandfläche wie scherzend dahinglitt, — mehrmals vor sich hin-
murmelnd gehört haben: ,,6looä! — indeed, very good! flue
indeed, very fine!“ (1. Bild.) — Da fiel in Sir John Mix-
pikles sonst völlig ruhigem und körnigem Naturell eine gewisse
Unruhe, eine Unbehaglichkeit, — fast möchte man es Aengst-
lichkeit nennen,— auf, dergleichen man sonst niemals an Sir
John Mixpikle bemerkt haben will. Auch glaubte man eine
momentane Verschmälerung seiner Contouren zu bemerken,
welche sich, (II. Bild) es schlug eben V?12 Uhr, zurstaunen-
und furchterregenden Gewißheit fixirte, und sich mit jeder Mi-
nute, ja mit jeder Sekunde sichtbar steigerte; namentlich so oft,
— (es geschah aber nicht allzuoft) (III. Bild) Sir Edgar High-
fax sein durchbohrendes Künstlerauge forschend und prüfend auf
Sir John Mixpikle's immer mehr verwelkende Gestalt heftete,
die sich jetzt, es schlug eben */* auf 12 Uhr, — wie von
einem unsichtbaren Feuer gefräßig verzehrt, buchstäblich mehr
und mehr in sich selbst zu verlieren schien, während sein
Bild — unter Sir Edgar's Meisterhand — mit jeder Sekunde
sich mehr und mehr rundete und füllte und belebte, daß Einige
der genanntenAnwesenden sich denkalten Schweiß von der Stirne
wischten mußten. (IV. Bild.) Zwölf Uhr schlugs, — Sir Edgar
Highfax legte Pinsel und Palette nieder, — und Sir John
Mixpikle's Hülle saß kalt, leer, leblos — und tobt auf dem
Stuhle, (mehrere der genannten Anwesenden ergriffen scheu die
Flucht, um sich einer späteren Rechenschaft und Verantwortung
klug zu entziehen) während, — kaum zu glauben, und dennoch
wahr, — Sir John Mixpikle's vollendetes Ebenbild, oder
vielmehr Sir John Mixpikle selbst, — in seiner früheren vollen
Gestalt, aber heiter lächelnd und fröhlich grüßend aus der Lein-
wand heraus auf Sir Edgar Highfax, — der sich dies alles,
ohne eigentlich nur recht überrascht zu sein, mit ruhiger Stirne
ansah, — zuschritt, und, lachend seine 30,000 Dollars wieder
einsteckend, zu Sir Edgar sprach: ,,I do admire you, Mister!
You are indeed a high master!“ — Ein fröhliches Frühstück,
bei welchem Sir Edgar Highfax Sir John Mixpikle nochmals,
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Tempi passati"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 12.1850, Nr. 271, S. 52
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg