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Des Churfür

„S'ist ein armes, frommes Kind," fuhr die Wirthin fori,
..und der Himmel wird ihr Vorhaben segnen, die Gnade des
, gestrengen Herrn Churfürsten für den unglücklichen Vater zu
! erflehen.'

„Laßt die Zache ruhen. Vase." unterbrach der junge Jäger
j die Wirthin. während der Rottmeister ihr sein leeres Trink»
gcfäß mit der Pantomime des Einschenkens hinhielt. „Von
allen den Anwesenden,' fuhr Rudolph fort, .kann dies un-
glückliche Ereigniß nurfürunsvontraurigcrBcdcutungsein, und
! de« von Karaß Tod ist ein böser Stein auf meinem Lebenswege."

„Wer sagt Euch denn, daß der von Karaß schon todt
j feil* frug der Rottineister sich an Rudolph wendend.

„Wollte Gott, es wäre dem nicht so,' entgegnrtr Rudolph.
„Aber leider besagte der Bericht de» Forstmeister- von Dehn,

! vaß man den von Karaß für todt ausgehoben.'

„Und ich sage Euch, daß es nicht so ist,' rief der Rott-
j mrister, indem er den srischgcsüllten Wcinkrug mit beiden
> Händen hielt.

Rudolph blickte überrascht auf den Rottineister, und wendete
sich dann gegen seine Gefährten. „Wißt Ihr nähere Rach-
richt darüber, seit ich Dresden verließ, um die Tochter des
Verhafteten, mit welcher ich. wie Ihr wißt, schon längst ver-
lobt bin, dem Schutz meiner Verwandten zu übergeben?

„Außer des von Dehn Bericht haben wir nichts Näheres
vernommen," entgegnete der Eine, „und der Rottmeister schöpft
verinuthlich seine Nachrichten darüber aus seinem Weinkrugc."

„Was! Wer schöpft aus dem Weinkruge!?" schrie derselbe
und richtete sich empor, indem er die großen Fechthandschuhe
anzog und seinen Frderhut fest aus den Kopf drückte Wer,
Ihr Maulaffen! Bei allen Türkcnschädeln, die ich zersplittert,

; ich will'S Euch beweisen, woher ich's geschöpft."

„Herr Rottmeister. haltet Ruhe und Friede in meinem
.Hause," rief die Wirthin. diesem näher tretend, und nöthigte
den Aufgestandenen, sich wieder zu setzen, „oder Ihr wißt,
j was unser Contract besagt."

„Ja, das weiß ich in drei Teufels Namen," brummte der
Beleidigte, .aberdicseWindhunde sollen mich nicht Lügen strafen."

Während dieses Streites hatten sich die anwesenden Bürger,
besorgt um den Ausgang, den derselbe noch nehmen würde,
soweit als möglich von den drei Jägern entfernt. Aber wahr-
scheinlich waren ähnliche Scenen schon zu häufig zwischen
den Hosjägern und dem Rottmeister vorgekommcn und die
ersteren zu genau mit den Schivächen ihres Gegners bekannt,
beim keiner schien eine besondere Notiz von den Ausbrüchen
seine» Zorns zu nehmen

„Sprecht," rief Rudolph nach einer Pause „Sprecht,
wenn Ihr mir darüber etwas Erfreulicheres und Trösteuderes
melden könnt. anstatt zu schimpfen wie ein Troßdube. und
wenn sich Eure Aussage als wahr erweist, daß der Herr von
Karaß noch vom Tode gerettet wird, so gebe ich Euch zcdn
Maas Wein auf meine Rechnung."

„Ihr seid rin braver Bursche, und wenn Ihr Euer Wort
haltet, wie ich» von Euch erwarte, so sind die besagten zehn
Maas so gut als mein.'

sten Hofjäger.

„So hört denn" — fuhr der Rottineister fort, indem er
sich den Schnurrbart gravitätisch strich, „mein Herr Haupt-
mann hat es im Borzimmer Sr. churfürstlichen Durchlaucht
von hochdero Leibmedicus vernommen, daß der berühmte
Doctor Bücher in Torgau einen reitenden Boten eigens des-
halb abgeschickt, um Seine churfürstliche Durchlaucht zu be- !
nachrichtigen, daß der Herr von Karaß, den des Amtsver- -
Walters zu Zeitz Kugel getroffen, zwar noch schwer darnieder-
liege. aber er denn doch die feste Hoffnung hege, ihn glück-
lich. wenn auch diese schwierige Cur etwas lange währen >
würde, am Leben zu erhalten."

„Auch ich. Herr Hofjäger," begann einer der anwesen-
den Bürger, „habe AchnlicheS vernommen, als ich gestern
auf der Bcttelgasse mit dem Bruder des Herrn Hofmarschalls
von Ragewitz die Ehre hatte. städtischer Angelegenheiten
wegen zu sprechen."

„Was spricht der Ellenreiter von der Bettelgaffe?" fuhr
der Rottineister heftig auf.

„Laßt mich in Ruhe, Herr Rottineister," entgegnete der
Bürger, aus den Schutz der Jäger rechnend, „friedliche Bürger
und Kaufleute sollt Ihr nicht mit Spottnamen bezeichnen."

„Nein, das sollt ihr nicht, Herr Rottineister, wiederholten
ermuthigend mehrere derselben.

„Aber Ihr Roggcnbreifreffer sollt »leines churfürstlichen
Herrn Moritzgaffe nicht Bettelgaffe nennen" *), schrie der
Rottmeister und schlug heftig mit der Faust auf den Tisch.
„Meint Ihr, weil er die Bauplätze an adelige Herren ver-
schenkt. daß deshalb die Straße nicht seinen Namen tragen
soll, oder hätte er statt der Prachtgebäude für die Hofherren
Eure Käsebuden dort aufbauen sollen?"

„Laßt den Streit ruhe», Ihr Herren," rief Rudolph,
„wenn dem so ist, wie ich jetzt vernomiiicn, so sollt Ihr alle
hier im goldnen Schwert meine iveriheu Gäste sein, und aus
dem besten Faffe in meiner Frau Base Keller will ich Euch
den Ehrentrunk bringen “

Da raffelten vom Marktplatze her die Trommeln der
Schützengilde, welche von der wogende» Volksmenge umgeben
nach dem churfürstlichen Schlöffe zog, während zwei Fähnlein
Fußvolk am Eingänge der Schloßgaffe aufgestellt, unter An-
führung des Obrist von Starschädel den Zug eröffncten.

„Nun ist'» hohe Zeit, daß wir aufbrechen," rief einer
der Hofjäger, während die anwesenden Bürger hastig ihre
Krüge leerten, und das Gastzinimer verließen.

„Der Triumphzug beginnt nun bald," entgegnete Ru-
dolph, ans Fenster tretend, indeß der Rottineister sich schiver-
fällig erhob und den leeren Krug bei Seite schiebend, den
mächtigen Pallasch lärmend umschnallte.

') Tie Moritzstraßc, welche vorher ein wüster Platz, wurde 1550
von Eburnirst Moritz angelegt, und da den Bauenden die Plätze
gejdKnft wurden, so nannte das Volk diese Straße noch lanae Heit
nach ihrer Entstehung spottweise die Bettelgaffe.
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