Fliegende Blätter (123.1905 (Nr. 3128-3153))

igin Signe sass in ihrer Burg,
Umgeben von den Räten und
der Sippe,

Und rings die weite Halle füllend,
harrte

Viel frohbewegtes Volk. — Der
Landesretter,

Held Hagbarth, war zurückgekehrt,
und heute

Bot seine Königin ihm Grass und
Dank. —

— Und nun betrat der siegge-
krönte Held,

efolgt von seinen Mannen, laut umjubelt,

^'e glanzgefüllte I lalle und er beugte
Das edle Haupt vor der Gebieterin. —

"Grass Dir, Herr Hagbarth, Dir und Deinen Mannen,
hast das Land befreit von seinem Feinde,

Jem grausam tückischen, Du hast Dein Volk
ewahrt vor schwerem Leide, und Du hast
le Ehre mir gerettet und das Leben. —

Ch Wc>ss für Dich, mein Held, nur einen Lohn:

C' König dieses Reichs und mein Gemahl!“ —

Da tönt' es wie ein mächt’ger Freudenschrei
Wild durch die Halle hin: „Heil unserni König!“
Und Hagbarth sprach, als sich der Sturm gelegt:

„Oh Königin, wie gross ist Deine Gnade,

Und doch um eine grössere bitt’ ich Dich:

Verzeihe mir und gib mich frei! Ich habe
Mich einer lieben Jungfrau angelobt,

Und brach’ ich meinen Schwur, ich taugte nimmer
Dem Land zum König und zum Gatten Dir.“

— Da stockte Aller Atem. — Und es rief
Der Ohm der Königin und ihr Berater
Zornbebend durch die Stille: „Er muss sterben!

Er hat die Königin verschmäht!“ —

Und sie, die Stolze,

Das schreckensbleiche Antlitz hoch erhoben,

Sprach voller Würde, doch mit leisem Weh : —
„Kraft meines Königsrechtes — Gnade ihm!

Zum zweiten Mal hat er mein Land errettet,

Indem er mich verschmäht. Hagbarth, Du bist
Im Kampfgetümmel wohl ein grosser Held,

Doch wer wie Du um eines Mädchens willen
Mich von sich weiset und ein Königreich —

Der ist zu klein für einen König! Geh!“

Albert Rodericli.