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'-'©/G' Jabel, '©vsr-

®as Veilchen sprach zur Aase einst: „Mich heißt 1 Die Rose sprach: „Wenn du Las sagst und weißt.

Der Mensch gern der Bescheidenheit Spmbol.“ — j Dann irrt der Mensch sich wohl."

2(lb. «oderich.

—«§•• Der ßiffbrunnerc. -G-i"—

^bu, der Kesselflicker, war mit dem alten Derwisch befreundet,
der eine kleine Strecke vor der Stadt in einer einsamen
Hütte wohnte und von den Datteln einer Palme lebte,
Sle beschattete. Eines Tags kam der Handwerker unglücklicher
le zu ihm und klagte über die Unzufriedenheit seines Weibes.
>>Herr,“ jammerte er, „nun hat auch noch mein Nachbar, der
asserträger Mustafa, eine kleine Erbschaft gemacht und Fatme,
ätine Frau, vergeudet das Geld in törichter Weise. Jeden Mittag
ustet sie sich auf der Gasse vor den Weibern in einem anderen
•der, mit einem anderen Schmuckstück. Alle sind sie wie ver-
llckt und machen ihren Männern die Hölle heiss. Am schlimmsten
a^ei treibt es die meinige. Heute hat sie mir einen Kessel nacli-
Se'vorfen, der mir von einem reichen Kaufmann anvertraut war.

1 Kessel flog gegen einen Stein und hat einen tiefen Riss er-
en- Ich weiss nicht mehr, was ich tun soll. Sie verlangt nur
^0ch nach Reichtum. Nach Reichtum lechzt sie beim ersten Wort
s Morgens, nach Reichtum schreit sie beim letzten zur Nacht,
’ach Reichtum sogar im Traum. Aber wie soll ich, der arme
SSeHlicker, der kaum für den Hunger der Seinen zu sorgen
Ve,rnag, j)lr Reichtümer verschaffen?“

Her Derwisch sah eine Weile in die sinkende Sonne und he-
chtete die Mücken, die in einer Säule vor ihr auf und nieder
VlIbelten. „Abu,“ sagte er dann, „Dir soll geholfen werden ! Sieh,
0 1 Segen Sonnenuntergang, eine Stunde von hier, liegt eine kleine
e >n der Wüste. Man nennt sie die „Insel des Todes“, weil
r langer, langer Zeit — als die Stadt sich noch nicht so weit
ausgedehnt — Räuber einen reichen Pascha dort erschlagen haben
Rollen, der auf der Reise mit seinen Schätzen unter den Palmen
st hielt. Ehe sich aber die Mörder ihrer Beute erfreuen konnten,
"dete ihnen ein Späher, den sie ausgestellt, das Herannahen

einer grossen Macht von Soldaten an, die gegen sie gesendet
wurden. Da vergruben sie mehrere schwere Truhen voll Goldes
auf jener Oase und flohen mit den Juwelen, die sie leichter fort-
bringen konnten. Seitdem liegt die „Insel des Todes“ einsam.
Denn es soll dort zur Nachtzeit nicht geheuer sein. Manchen hat
schon die Begierde nach dem Reichtum hingetrieben. Alle aber
kehrten sie bald wieder zurück aus Schreck, was sie gesehen und
erlebt hatten. Wenn Suleika’s Verlangen nach dem Reichtum so
gewaltig ist — vielleicht überredest Du sie, mit Dir hinzuziehen
und dort nach dem Schatz zu graben. . . . Wer ihn findet, wird
der Reichste sein in der Stadt!“

„Der Reichste in der Stadt . . .“ murmelte Abu, selbst geblendet
von dieser Aussicht, und stellte sich sein habgieriges Weib vor,
wenn sie als die reichste Frau vor der Nachbarschaft in Seide und
Gold umherstolzieren könnte.

Bald und in schweren Gedanken empfahl er sich. Lächelnd
blickte ihm der Derwisch nach und nickte mit dem greisen Haupte,
während er in die auf und nieder wirbelnden Mücken sah.

Am nächsten Morgen bewegte sich ein seltsamer Zug durch die
Wüste an der Hütte des Derwisches vorüber. Zuerst kam Suleika,
des Kesselflickers Weib, den übrigen um ein paar Pferdelängen
voraus, als ob sie es gar nicht erwarten könnte, zur Oase zu
gelangen. Dann — eines hinter dem anderen — schritten Abu
einher und seine sieben Kinder, ihre geringe Habe schleppend.
Jedes von ihnen aber trug Schaufel und Spaten, die er für den
Rest seines Geldes erworben hatte. Ein lahmer Esel und ein paar
dürre Ziegen folgten ihnen. Des Kesselflickers Weib hatte diesem
keine Ruhe mehr gelassen, als sie von den Reichtümern auf der
„Insel des Todes“ hörte, bis er schleunigst dorthin aufgebrochen war.
— Hie und da besuchte sie der Derwisch und traf sie alle emsig
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Giftbrunnen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Marr, Carl von
Entstehungsdatum
um 1912
Entstehungsdatum (normiert)
1907 - 1917
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 136.1912, Nr. 3490, S. 289

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