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-S-. Erkannt. -S.
L>' doch kein Blech! . . Ich geh' nicht baden — nnd
Sie auch nicht!"
. Haben wir uns nicht 'mal in der Badeanstalt getroffen?" — „Reden
s^abel. <,v^-
jpTur Jeldmaus sprach ein Spat}:
„Schau dort den Adler sitzen!
6r wiegt den Körper schon —
Bekannt mit Sonn’ und Blitzen,
Zielt er nach Jovis Linon.
Doch [eh’ i ch selber schon
Dicht adlermäsiig ans,
81b acht — ich flieg’ ihm gleich!“ —
„Sleug, Prahler!“ rief die IDaus.
Da [lieg der Adler auf
Kuhn mit erprobten Schwingen,
Und frech wagt es der Spatz,
Ihm wirklich nachzudringen.
Doch hatten beide kaum
Die Wipfel überflogen,
UJar schon das Paar dem Blick
Der blöden IDaus entzogen.
„Siirwahr, er tut’s ihm gleich!"
Sprach voll Bewund'rung sie. —
Wer schlau den Dichter wählt,
Der gilt leicht als 8enie.
Mause im (Dberberr. •#=:—-
Von Fritz Müller, Zürich.
Jßfö’ir haben ein fjüuferl im Harz. Darin wohnen wir im
Sommer. Winters über bringen wir die Betten auf den
Speicher. Den Schlafrock hänge ich an einen hohen
Nagel. Dann motten wir das Ganze ein. Und wenn der Sommer
wieder kommt, und wenn es wieder nach dem Xrjarj geht — auf
die grünen Fensterläden, herunter mit den Betten von dem Speicher,
herab vom Nagel, alter Schlafrock .. .
„3efes!" schreit meine Frau, läßt den Schlafrock fallen und
springt auf einen Tisch, „Iesesl Mäuse! Mäuse 1"
Und aus dem Aufschlag meines linken Schlafrockärmels, wo
sie ihr Winterlager genommen hatten, springt ein Mäuslein,
dann ein zweites und ein drittes aus dem rechten Armelaufschlag.
Und schon sind sie irgendwo verschwunden.
„Na, die werden Deinen Schlafrock zugerichtet haben 1" schrillt
meine Frau vom Tisch herunter. Und dann wollte sie den Schlaf-
rock hinaufgereicht haben. . . Man sehe besser auf dem Tische, sagte
sie. . . Und sie mache das immer so, setzte sie hinzu. . . Und ob ich
das nicht einmal wüßte, sagte sie gereizt, und blickte scharf von
oben herab auf deni Boden herum. — Natürlich, sagte ich, wüßte
ich das, und es sei ein alter Schnee, daß die Sehkraft mit dem
DZuadrat der Tischhöhe wachsen müsse. Worauf wir gemeinsam
feststellten, ich unten, meine Frau oben, daß mein Schlafrock, ab-
gesehen von den Lagerspuren, ganz intakt geblieben war.
Nicht so mein Gberbett. Da hatten die Mäuse ein tadelloses
gleichschenkeliges Dreieck aus dem Überzüge ausgefressen.
„Nun, es könnte schlimmer sein", sagt meine Frau und näht
ein Stückchen Drillich kunstvoll wieder auf den Schaden.
Nachts schlief ich unter diesem Gberbette. Da hatte ich einen
seltsamen Traunr. Ich träumte, ich sei ein ausgewalzter Nudel-
teig und läge auf dem Küchenbrette friedlich vor der Köchin.
Plötzlich nahm dieselbe ein gezacktes Rädchen an einem Handgriff,
womit man Stücke aus dem Nudelteige schneidet, und fuhr die
Kreuz und (Quer auf mir herum. Jetzt beschrieb sie einen Kreis
über meinem Brustfell. Dann umfuhr sie die Herzgegend in einer
milden Ellipse, schlitzte mir die Arme auf. . Und alles das war
gar nicht schrecklich. Sondern es kitzelte nur ein wenig. Mit
einem Male aber, als das Zackenrädchen über mein Zwerchfell
schnurrte, mußte ich lachen und wachte auf. Und wie ich mir den
sonderbaren Traum im Wachen repetiere, spüre ich ein leises
Rascheln über meinem Körper. Stärker ward es, immer stärker,
und jetzt — es ist kein Zweifel — „Frau!" schrei' ich, „Fraul
In meinem Gberbeit ist eine Maus!"
„Eine Maus?" sagt sie nur halberschrocken aus dem Schlafe,
„eine Maus? Laß halt die Maus he—raus. .
-S-. Erkannt. -S.
L>' doch kein Blech! . . Ich geh' nicht baden — nnd
Sie auch nicht!"
. Haben wir uns nicht 'mal in der Badeanstalt getroffen?" — „Reden
s^abel. <,v^-
jpTur Jeldmaus sprach ein Spat}:
„Schau dort den Adler sitzen!
6r wiegt den Körper schon —
Bekannt mit Sonn’ und Blitzen,
Zielt er nach Jovis Linon.
Doch [eh’ i ch selber schon
Dicht adlermäsiig ans,
81b acht — ich flieg’ ihm gleich!“ —
„Sleug, Prahler!“ rief die IDaus.
Da [lieg der Adler auf
Kuhn mit erprobten Schwingen,
Und frech wagt es der Spatz,
Ihm wirklich nachzudringen.
Doch hatten beide kaum
Die Wipfel überflogen,
UJar schon das Paar dem Blick
Der blöden IDaus entzogen.
„Siirwahr, er tut’s ihm gleich!"
Sprach voll Bewund'rung sie. —
Wer schlau den Dichter wählt,
Der gilt leicht als 8enie.
Mause im (Dberberr. •#=:—-
Von Fritz Müller, Zürich.
Jßfö’ir haben ein fjüuferl im Harz. Darin wohnen wir im
Sommer. Winters über bringen wir die Betten auf den
Speicher. Den Schlafrock hänge ich an einen hohen
Nagel. Dann motten wir das Ganze ein. Und wenn der Sommer
wieder kommt, und wenn es wieder nach dem Xrjarj geht — auf
die grünen Fensterläden, herunter mit den Betten von dem Speicher,
herab vom Nagel, alter Schlafrock .. .
„3efes!" schreit meine Frau, läßt den Schlafrock fallen und
springt auf einen Tisch, „Iesesl Mäuse! Mäuse 1"
Und aus dem Aufschlag meines linken Schlafrockärmels, wo
sie ihr Winterlager genommen hatten, springt ein Mäuslein,
dann ein zweites und ein drittes aus dem rechten Armelaufschlag.
Und schon sind sie irgendwo verschwunden.
„Na, die werden Deinen Schlafrock zugerichtet haben 1" schrillt
meine Frau vom Tisch herunter. Und dann wollte sie den Schlaf-
rock hinaufgereicht haben. . . Man sehe besser auf dem Tische, sagte
sie. . . Und sie mache das immer so, setzte sie hinzu. . . Und ob ich
das nicht einmal wüßte, sagte sie gereizt, und blickte scharf von
oben herab auf deni Boden herum. — Natürlich, sagte ich, wüßte
ich das, und es sei ein alter Schnee, daß die Sehkraft mit dem
DZuadrat der Tischhöhe wachsen müsse. Worauf wir gemeinsam
feststellten, ich unten, meine Frau oben, daß mein Schlafrock, ab-
gesehen von den Lagerspuren, ganz intakt geblieben war.
Nicht so mein Gberbett. Da hatten die Mäuse ein tadelloses
gleichschenkeliges Dreieck aus dem Überzüge ausgefressen.
„Nun, es könnte schlimmer sein", sagt meine Frau und näht
ein Stückchen Drillich kunstvoll wieder auf den Schaden.
Nachts schlief ich unter diesem Gberbette. Da hatte ich einen
seltsamen Traunr. Ich träumte, ich sei ein ausgewalzter Nudel-
teig und läge auf dem Küchenbrette friedlich vor der Köchin.
Plötzlich nahm dieselbe ein gezacktes Rädchen an einem Handgriff,
womit man Stücke aus dem Nudelteige schneidet, und fuhr die
Kreuz und (Quer auf mir herum. Jetzt beschrieb sie einen Kreis
über meinem Brustfell. Dann umfuhr sie die Herzgegend in einer
milden Ellipse, schlitzte mir die Arme auf. . Und alles das war
gar nicht schrecklich. Sondern es kitzelte nur ein wenig. Mit
einem Male aber, als das Zackenrädchen über mein Zwerchfell
schnurrte, mußte ich lachen und wachte auf. Und wie ich mir den
sonderbaren Traum im Wachen repetiere, spüre ich ein leises
Rascheln über meinem Körper. Stärker ward es, immer stärker,
und jetzt — es ist kein Zweifel — „Frau!" schrei' ich, „Fraul
In meinem Gberbeit ist eine Maus!"
„Eine Maus?" sagt sie nur halberschrocken aus dem Schlafe,
„eine Maus? Laß halt die Maus he—raus. .
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Erkannt" "Mäuse im Oberbett"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1912
Entstehungsdatum (normiert)
1907 - 1917
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 136.1912, Nr. 3491, S. 300
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg