Der Be r r D e 11 c r.
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gelehrten ITtannc einmal gegenübertreten zu können, zumal er
wegen seiner feinen Manieren in der ganzen Schneewasserschen
Verwandtschaft geradezu als Vorbild gilt. Er soll sie, wenn auch
nicht wissenschaftlich ihm gleichstehend, so doch nicht vollständig
unvorbereitet finden. Der ganze Bücherschrank wird vor dem
Gatten ausgeränmt. Ls muß doch ein Buch von Langbein da
sein über Meteorologie oder so 'was. Endlich hat sic es ge-
sunden und liest den ganzen Nachmittag vor dein Besuch ihrem
Manne daraus vor, falls die Sprache darauf kommt. Sie ver-
stehen zwar alle beide fast nichts davon, finden es aber gleich-
wohl hochinteressant.
Auf dem Tisch prangt ein Blumenstrauß. Eben bringt die
Kathi auch die bestellte Flasche teuren Rotwein und eine Platte
mit allerlei feinen kalten Fleischbroten. Sie selber hat sich ein
weißes Schürzchen vorgebunden und nach Art der Stubenmädchen
eine Mnllschleife in's lhaar gesteckt; denn sie will heut' wieder
gntmachcn, was sie gestern verpatzt hat.
Da klingelt'? auch schon, „galten Sie ihn noch ein wenig
auf!" ruft die Frau Kalkulator zapplig. „Ich muß nur noch rasch
die Luft verbessern I" Sie nimmt das Fläschchen mit kölnischem
Wasser, ihr .Ehristkindll, und besprengt reichlich das Bett, den
Patienten und die Stube. Auch in den beiden Nebenzimmern
schwingt sie den Duftspender verschwenderisch in der Luft herum.
Dann zupft sie das Spitzcngcwirr auf der Brust zurecht, wirft
einen wohlgefälligen Blick in den Spiegel und schaut noch einmal
auf den Thermometer. Gott sei Dank, trotz der schlechtheizenden
(Öfen ist cs durch vieles Schüre» recht warm geworden I
Da kommt schon Kathi und meldet den Besuch.
Schncewasser sitzt in fieberhafter Spannung hochaufgerichtct
im Bett, hebt seine eingebundenen Bände wie zwei Fäustlinge in
die lföhc »nd ruft begeistert und mit Rührung: „Endlich — end-
lich sehen wir, teurer lieber Freund, uns einmal wieder!"
Der Angcrcdcte kommt mit ein paar Komplimenten näher.
„Sie erlauben" — sagt er, ergreift den ihm von der Frau Kal
knlator freudestrahlend hiiigeschobencn Stuhl — „Sie erlauben!"
sagt er noch einmal, spuckt reichlich auf die rundgeschwcifle polierte
Lehne, zieht — während ihn die Frau Schneewasser mit starren
Augen verfolgt und ihr Mann wie entgeistert in die Kissen sinkt —
ein Fläschchen heraus und spricht dann mit triumphierende!»
Lächeln: „Run geben Sie acht, wie schnell damit das alte glanz-
lose Möbel anfgefrischt ist! Ich heiße nämlich Meier und reise
in ho ch prima P a t e n t p o l i t u r l a ck!" . . . . rn. s.
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gelehrten ITtannc einmal gegenübertreten zu können, zumal er
wegen seiner feinen Manieren in der ganzen Schneewasserschen
Verwandtschaft geradezu als Vorbild gilt. Er soll sie, wenn auch
nicht wissenschaftlich ihm gleichstehend, so doch nicht vollständig
unvorbereitet finden. Der ganze Bücherschrank wird vor dem
Gatten ausgeränmt. Ls muß doch ein Buch von Langbein da
sein über Meteorologie oder so 'was. Endlich hat sic es ge-
sunden und liest den ganzen Nachmittag vor dein Besuch ihrem
Manne daraus vor, falls die Sprache darauf kommt. Sie ver-
stehen zwar alle beide fast nichts davon, finden es aber gleich-
wohl hochinteressant.
Auf dem Tisch prangt ein Blumenstrauß. Eben bringt die
Kathi auch die bestellte Flasche teuren Rotwein und eine Platte
mit allerlei feinen kalten Fleischbroten. Sie selber hat sich ein
weißes Schürzchen vorgebunden und nach Art der Stubenmädchen
eine Mnllschleife in's lhaar gesteckt; denn sie will heut' wieder
gntmachcn, was sie gestern verpatzt hat.
Da klingelt'? auch schon, „galten Sie ihn noch ein wenig
auf!" ruft die Frau Kalkulator zapplig. „Ich muß nur noch rasch
die Luft verbessern I" Sie nimmt das Fläschchen mit kölnischem
Wasser, ihr .Ehristkindll, und besprengt reichlich das Bett, den
Patienten und die Stube. Auch in den beiden Nebenzimmern
schwingt sie den Duftspender verschwenderisch in der Luft herum.
Dann zupft sie das Spitzcngcwirr auf der Brust zurecht, wirft
einen wohlgefälligen Blick in den Spiegel und schaut noch einmal
auf den Thermometer. Gott sei Dank, trotz der schlechtheizenden
(Öfen ist cs durch vieles Schüre» recht warm geworden I
Da kommt schon Kathi und meldet den Besuch.
Schncewasser sitzt in fieberhafter Spannung hochaufgerichtct
im Bett, hebt seine eingebundenen Bände wie zwei Fäustlinge in
die lföhc »nd ruft begeistert und mit Rührung: „Endlich — end-
lich sehen wir, teurer lieber Freund, uns einmal wieder!"
Der Angcrcdcte kommt mit ein paar Komplimenten näher.
„Sie erlauben" — sagt er, ergreift den ihm von der Frau Kal
knlator freudestrahlend hiiigeschobencn Stuhl — „Sie erlauben!"
sagt er noch einmal, spuckt reichlich auf die rundgeschwcifle polierte
Lehne, zieht — während ihn die Frau Schneewasser mit starren
Augen verfolgt und ihr Mann wie entgeistert in die Kissen sinkt —
ein Fläschchen heraus und spricht dann mit triumphierende!»
Lächeln: „Run geben Sie acht, wie schnell damit das alte glanz-
lose Möbel anfgefrischt ist! Ich heiße nämlich Meier und reise
in ho ch prima P a t e n t p o l i t u r l a ck!" . . . . rn. s.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Herr Vetter"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 144.1916, Nr. 3693, S. 225
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg