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den Augen und kauenden Backen wieder vor einem neuen Leib-
gericht sitzt, mit dem ihm die aufgewartet hat.
„Gel' ja" — meint dann der Bauer selbstgefällig zu seiner
Braut — ,,i’ Hab' Dir net z'viel versprach',! vain Bartl — a
Allerweltskerl is er, was?!"
„Dös innaß wahr sci'I" entgegnet sie beifällig. „Und na'
mei' 5 t a s i — ha?!"
„Ja mei'l" antwortet der Grnndlbauer bloß, verdreht die
Augen und gabelt einen neuen Bissen an. ,,~s’ bin mir g'rad'
froh, wann ma' bald kjochzcit Ham — sonst iß i’ mi' no' vorher
z' Tod bei dera!"
So verstreichen die Machen. Es naht die Zeit heran, wo der
Rücktausch stattfindet und die Probezeit endet — wie man heut'
schon sagen kann, zu allgemeiner Zufriedenheit; denn auch der
Bartl ist recht gern auf der Mühl' gewesen und die Stasi ans dem
Grnndlhof.
Am Tag vorher sitzen die Brautleute wieder einmal beisammen
in der behaglichen Mühlstub' wie gar oft. Aber die Red' will
heut' nicht so recht in Fluß kommen, was sich auch jedes von ihnen
dazu Muh' gibt. Er ruckt ein um's and're Mal auf der Gfen-
bank her und hin, wie wenn er 'was auf dem Kerzen hätt', das
nicht herunter will — und sie wird bald rot und bald gelb und
schluckt und seufzt und schaut den Fliegen zu, die ans der Stuben-
decke umeinanderkriechen.
„Also!" sagt der Grnndlbauer endlich ziemlich kleinlaut. „Also
morg'n, Müllerin! Also morg'n geht d'Stasi wie
der hoam zu Dir!"
„Ja!" seufzt sie tief ans. „Und der Bartl zu
Dir aa'l"
Die Uhr tickt, die Fliegen summen und das Mühl-
rad poltert.
„Eigentli'" . .. hebt er an und schnauft, wie wenn
er selber einen Mühlstein um den Kals hätt' statt dein
leichten Krawattl.
„Mas . . . eigentli'?" fragt sic vor sich hin.
„Eigentli'!" wiederholt er. „Eigentli' hält' i'
ganz gern no' länger da g'habt, d' Stasi — aber woaßt
D', i' macht' Dir f beileib' net vorenthalt'n — werft
es so scho' kaam derwarten könna, bis f' wiederkimmt!"
In ihren Augen blitzt's. „M!" sagt sie lebhaft. „Wann i'
Dir an' G'fall'n toa' ko' damit - D» woaßt ja, Dir tna i'
an' jcd'n G'fall'n!" — „Nacha" — setzt sie langsamer bei
und schaut vor sich nieder — „nacha b'halt' i’ halt in Gott's Nam'
an Bartl aa' no' so lang!"
„Ja, wann D' wirkli' so guat sei' willst!" ruft er und ver-
dreht die Augen. „I — i' Hab' gar nir dageg'n — na, g'wiß nix! —
Moaßt D', etli' feine Schmankerln hat s' mir halt no' znag'sagt,
d' Stasi, de wo s' mir mit Deiner Erlaubnis no' kocha möcht' —-
i’ bin wirkli' selber recht ncngieri' d'ranfl"
Mieder tickt bloß die Uhr. Die Fliegen brummen noch stärker
an der Decke herum und das Mühlrad schnurrt und rasselt, als
ob's 'was ganz Besonderes zn vermahlen hätt'.
„Überhaupt, d' Stasi!" murmelt dann der Grnndlbauer.
,,D' Stasi halt!"
„Und der Bartl!" seufzt die Müllerin in der nämlichen Ton-
art und greift wieder einmal nach dem seidenen Schurzzipfel, ein
Zeichen tiefster Gemütsbewegung bei ihr.
Da gibt er sich einen Ruck und sitzt im nächsten Augenblick
bocksteif da. „Moaßt D', Müllerin" — sagt er schnell, damit er
nicht noch einmal die Schneid verliert, eh' es heraus ist — „woaßt
D', Müllerin, w a n n in i r z w o a n e t verlobt w ä r' n und wann
Dn's net wärst — vom Fleck weg tät' i' heirat'n — d' StasiI"
„U n d i' a n Bartl!" seufzt sie und packt auch noch den
zweiten Schnrzzipfel.
Da schaut der Grnndlbauer großmächtig auf und beutelt sich,
wie wann er den Mühlstein auf einmal vom ksals hcrnntcn hält'.
„Ja" — meint er dann — „wann dös s o is, Müllerin - f o wann
dös is — na' bräucht'n mir ja überhaupt gar nimmer z' tausche n
— na' könnt'» ma dös ja glei’ lass'», wia's is!"
„A rechte Freud' machest D' mir scho' damit!"
lispelt sie.
,,J' und Dir koa' Freud' net macha?>" schreit er. „Dös
wär' glei' no' dös Schöner'! Für so 'was werft D' mi' ja do'
net anschang'n! Also — der Bartl bleibt bei Dir — und d'
Stasi bleibt bei mir und mir zwoa bleib'u des weg'»
erst recht g » a t e Freund' unser' L c b t a g' I"
„Desweg'» erst recht!" wispert sic.
Dann schütteln sie sich die Hände und gehen auseinander so
kreuzvergnügt wie selten wohl ein paar frisch geschiedene Verlobte.
,,J' hab's ja.glei' g'sagt!" meint er noch unter der Tür'-
„Dös war a g u a t e Idee von mir mit der Prob'!"
„G'wiß aa' no'!" stimmt sic voll Eifer bei. „A sehr a
g n a t c ^ d e c!" w. r?.
den Augen und kauenden Backen wieder vor einem neuen Leib-
gericht sitzt, mit dem ihm die aufgewartet hat.
„Gel' ja" — meint dann der Bauer selbstgefällig zu seiner
Braut — ,,i’ Hab' Dir net z'viel versprach',! vain Bartl — a
Allerweltskerl is er, was?!"
„Dös innaß wahr sci'I" entgegnet sie beifällig. „Und na'
mei' 5 t a s i — ha?!"
„Ja mei'l" antwortet der Grnndlbauer bloß, verdreht die
Augen und gabelt einen neuen Bissen an. ,,~s’ bin mir g'rad'
froh, wann ma' bald kjochzcit Ham — sonst iß i’ mi' no' vorher
z' Tod bei dera!"
So verstreichen die Machen. Es naht die Zeit heran, wo der
Rücktausch stattfindet und die Probezeit endet — wie man heut'
schon sagen kann, zu allgemeiner Zufriedenheit; denn auch der
Bartl ist recht gern auf der Mühl' gewesen und die Stasi ans dem
Grnndlhof.
Am Tag vorher sitzen die Brautleute wieder einmal beisammen
in der behaglichen Mühlstub' wie gar oft. Aber die Red' will
heut' nicht so recht in Fluß kommen, was sich auch jedes von ihnen
dazu Muh' gibt. Er ruckt ein um's and're Mal auf der Gfen-
bank her und hin, wie wenn er 'was auf dem Kerzen hätt', das
nicht herunter will — und sie wird bald rot und bald gelb und
schluckt und seufzt und schaut den Fliegen zu, die ans der Stuben-
decke umeinanderkriechen.
„Also!" sagt der Grnndlbauer endlich ziemlich kleinlaut. „Also
morg'n, Müllerin! Also morg'n geht d'Stasi wie
der hoam zu Dir!"
„Ja!" seufzt sie tief ans. „Und der Bartl zu
Dir aa'l"
Die Uhr tickt, die Fliegen summen und das Mühl-
rad poltert.
„Eigentli'" . .. hebt er an und schnauft, wie wenn
er selber einen Mühlstein um den Kals hätt' statt dein
leichten Krawattl.
„Mas . . . eigentli'?" fragt sic vor sich hin.
„Eigentli'!" wiederholt er. „Eigentli' hält' i'
ganz gern no' länger da g'habt, d' Stasi — aber woaßt
D', i' macht' Dir f beileib' net vorenthalt'n — werft
es so scho' kaam derwarten könna, bis f' wiederkimmt!"
In ihren Augen blitzt's. „M!" sagt sie lebhaft. „Wann i'
Dir an' G'fall'n toa' ko' damit - D» woaßt ja, Dir tna i'
an' jcd'n G'fall'n!" — „Nacha" — setzt sie langsamer bei
und schaut vor sich nieder — „nacha b'halt' i’ halt in Gott's Nam'
an Bartl aa' no' so lang!"
„Ja, wann D' wirkli' so guat sei' willst!" ruft er und ver-
dreht die Augen. „I — i' Hab' gar nir dageg'n — na, g'wiß nix! —
Moaßt D', etli' feine Schmankerln hat s' mir halt no' znag'sagt,
d' Stasi, de wo s' mir mit Deiner Erlaubnis no' kocha möcht' —-
i’ bin wirkli' selber recht ncngieri' d'ranfl"
Mieder tickt bloß die Uhr. Die Fliegen brummen noch stärker
an der Decke herum und das Mühlrad schnurrt und rasselt, als
ob's 'was ganz Besonderes zn vermahlen hätt'.
„Überhaupt, d' Stasi!" murmelt dann der Grnndlbauer.
,,D' Stasi halt!"
„Und der Bartl!" seufzt die Müllerin in der nämlichen Ton-
art und greift wieder einmal nach dem seidenen Schurzzipfel, ein
Zeichen tiefster Gemütsbewegung bei ihr.
Da gibt er sich einen Ruck und sitzt im nächsten Augenblick
bocksteif da. „Moaßt D', Müllerin" — sagt er schnell, damit er
nicht noch einmal die Schneid verliert, eh' es heraus ist — „woaßt
D', Müllerin, w a n n in i r z w o a n e t verlobt w ä r' n und wann
Dn's net wärst — vom Fleck weg tät' i' heirat'n — d' StasiI"
„U n d i' a n Bartl!" seufzt sie und packt auch noch den
zweiten Schnrzzipfel.
Da schaut der Grnndlbauer großmächtig auf und beutelt sich,
wie wann er den Mühlstein auf einmal vom ksals hcrnntcn hält'.
„Ja" — meint er dann — „wann dös s o is, Müllerin - f o wann
dös is — na' bräucht'n mir ja überhaupt gar nimmer z' tausche n
— na' könnt'» ma dös ja glei’ lass'», wia's is!"
„A rechte Freud' machest D' mir scho' damit!"
lispelt sie.
,,J' und Dir koa' Freud' net macha?>" schreit er. „Dös
wär' glei' no' dös Schöner'! Für so 'was werft D' mi' ja do'
net anschang'n! Also — der Bartl bleibt bei Dir — und d'
Stasi bleibt bei mir und mir zwoa bleib'u des weg'»
erst recht g » a t e Freund' unser' L c b t a g' I"
„Desweg'» erst recht!" wispert sic.
Dann schütteln sie sich die Hände und gehen auseinander so
kreuzvergnügt wie selten wohl ein paar frisch geschiedene Verlobte.
,,J' hab's ja.glei' g'sagt!" meint er noch unter der Tür'-
„Dös war a g u a t e Idee von mir mit der Prob'!"
„G'wiß aa' no'!" stimmt sic voll Eifer bei. „A sehr a
g n a t c ^ d e c!" w. r?.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Grundlbauer und die Müllerin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 144.1916, Nr. 3696, S. 266
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg