Aus Herrn Grass Tagebuch. 139
that und hinausstirzte, wo wir ihn schon seit einer Stunde
erwartete».
An dem nächsten Morgen begannen wir unsre Wandrun-
gen in die Stadt Minchcn. Ich hatte eine Reisebeschreibung
von der Stadt bei mir, Fritze mußte den Blan von Minchen
tragen, damit daß wir uns auch ohriechenthiercn konnten und
Kohle trug sei» Schkitzenallbuni nebst einen von seinen Ecksdra-
reiscbleistiften mit sich herum.
Malzhuber trennte sich sogleich an den andern Tag von
uns, indem er ein Loschiinank in einen Brcihause gefunden
hatte, da er sich hier in Minchen nur den eifrigsten Bier-
studichum vcrwidmen wollte.
Das erste Gebeide, welches wir auf unserer Landkarte
von Minchcn aufsuchten, war das Hofbreihaus, da wir uns
vorgenommen hatten, das Bier zxerst in einen keniglichen Hause
zu trinken, von welchen noch dazu in die ganze Welt mit so
viel Rhum gesbrochen wird. Nach vielen Versuchen und durch
winkclichc Gäschen kamen wir endlich an einen Blatz, wo uns
Einer sagte: „Da driben rechts an die Ecke, das erste ist das
braune Hofbierhaus und das andre das weiße." Ich sah
den Mann groß an und sagte: „Wie? Dieses alte Ge-
rumpel nennt man königlich? Sie wollen mich wohl vor einen
Narren haben?" Der Mann versicherte es aber ans sciner
Ehre, daß cs wirklich so war.
„I nun," sagte Kohle, „vielleicht kommt die Schönheit
und der Bausticl erst innewendig, wie bei die Ziegen das
Kctt," und damit gingen wir zuerst in das braune Bicrgebeide.
Aber wie erstaunten wir, als wir dahineintraten! Die
Argideckthur war grade nach einen rechten schmutzigtcn Baucrn-
bofe gebaut, wo sich Einer firchten that, seine Füffe hineinzu-
setzen. Aber dennoch waren die Tische, welche aus alte» Dre-
iern bestanden, alle so vollbesetzt, daß wir nur mit Mihe und
Noth noch ein Blätzchen in einer Ecke antrafcn. Fritze mußte
mit seinem Schnubfiuch erst die Bank etwas rcinichcn, welche
was man bei uns sehr drcckich nennt, ehe wir uns hin-
setzen konnten. Nun riefen wir: Markehr, drei Tcbfchen! -
3»! aber cs kam keins nicht; wir riefen noch einmal und noch
einmal und eine ganze Stunde so fort, aber es brachte uns
Niemand nichts. Endlich erschien noch als unser Rettungsengel
Malzhuber, welche» seine Biercrforschungen hierhcrfihrtc».
„Ja," sagte dieser, „wenn Sie hier warten wollen, bis
sie Ihnen das Bier gebracht werden, da kennen Sie verdursten.
Hier muß man sich Alles selbst bedienen, weil cs Hofbrei-
haus ist."
Und nun gingen wir, nahmen nach Malzhubcrn seine
Anordnung dem ersten Besten sein steinernes Bierglas weg,
wenn er damit leer war; dann mustcn wir cs uns aber erst
am Brunnen aussbielen, welches auch eine Gnade ist, die man
»ur in das Hofbrcihaus findet. Hiernach ließen wir uns die
^rige fillen und gingen an unfern Blatz zurück. Nun fragte
eine Kellnerin, was ich könnte zu essen bekommen.
(Fvrlsctzung folgt.)
Unerlaubte Selbsthilfe.
Bauernbube. „Herr G'richtsarzt, mei Vater is g'stor-
ben, ich möcht' den Todtenschein!"
Gerichtsarzt. „Wer hat ihn behandelt?"
Bube. ,,D' Mutter!"
Gerichtsarzt (ungeduldig). „Ich will wissen, welchen
Arzt ihr zu Hilfe gerufen habt?"
Bube. „Es hat ihm kein Doktor g'holfen, er is selber
gestorben!"
Der Patriot.
„Na, Zipfelgruber, was is 's denn? Nir betheilig'n an
der Nationalanleih'?"
„I ftcili, aber baar's Geld Hab' i nit, und da denk' i
halt, i wer's a so mach'n: dem Schlankclfellner bin i fünf-
hundert Gulden zu drei Prozent schuldig, d' Staatskaffa zahlt
aber fünf Prozent; wann i jetzt die Schuld an d' Staatskassa
überlass', so profitirt'S netto zwei Prozent Zinsen dabei — |
mehr kunnt' i aber wirkli nit thu'n!"
Ein Systematiker.
Pfarrer. „Sic wollen also wirklich wieder beirathen,
Herr Bärenwirth!?"
Wirth. „Schätz' wärlich wohl, i will!"
Pfarrer. „Und die Schwester von Ihrer vorigen Frau?
Sie haben ja mit der Verstorbenen nicht gut gelebt!"
Wirth. „Noi Wäger, wia Hund' und Katz'! 'S ischt
mei dritte Frau gwca und älle sind sc Schwestera gwea und
mit keiner han i guat g'haust, aber g'rad dcßwcga nimm' i
jeh' die viert' Schwester au zur Frau; i will se schoo kriaga!"
Pfarrer. „Aber ich sehe keinen Grund ein. Warum
denn eigentlich?"
Wirth. „Wisset Sc, Herr Pfarrer, i mein' eba, 's
ischt 's Beschte, wenn i glei da ganz« Schlamm aus-
rott'!"
Bei sich und bissig.
Bauersmann. „Meinem Weib isch eba schlecht, Herr
Doktor, 's sitzt 'r uf'm Herz und den Kopf kann se nit heba.
Gebe Se mer ebbcs für se!"
Doktor. „Ist sic bei sich. Euer Weib?"
Bauer. „Noa, Herr Doktor, a bissig's Lu-ader isch se
freilich ihr Lcabtig g'wesen, aber bissen hot se mich noch nit!"
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that und hinausstirzte, wo wir ihn schon seit einer Stunde
erwartete».
An dem nächsten Morgen begannen wir unsre Wandrun-
gen in die Stadt Minchcn. Ich hatte eine Reisebeschreibung
von der Stadt bei mir, Fritze mußte den Blan von Minchen
tragen, damit daß wir uns auch ohriechenthiercn konnten und
Kohle trug sei» Schkitzenallbuni nebst einen von seinen Ecksdra-
reiscbleistiften mit sich herum.
Malzhuber trennte sich sogleich an den andern Tag von
uns, indem er ein Loschiinank in einen Brcihause gefunden
hatte, da er sich hier in Minchen nur den eifrigsten Bier-
studichum vcrwidmen wollte.
Das erste Gebeide, welches wir auf unserer Landkarte
von Minchcn aufsuchten, war das Hofbreihaus, da wir uns
vorgenommen hatten, das Bier zxerst in einen keniglichen Hause
zu trinken, von welchen noch dazu in die ganze Welt mit so
viel Rhum gesbrochen wird. Nach vielen Versuchen und durch
winkclichc Gäschen kamen wir endlich an einen Blatz, wo uns
Einer sagte: „Da driben rechts an die Ecke, das erste ist das
braune Hofbierhaus und das andre das weiße." Ich sah
den Mann groß an und sagte: „Wie? Dieses alte Ge-
rumpel nennt man königlich? Sie wollen mich wohl vor einen
Narren haben?" Der Mann versicherte es aber ans sciner
Ehre, daß cs wirklich so war.
„I nun," sagte Kohle, „vielleicht kommt die Schönheit
und der Bausticl erst innewendig, wie bei die Ziegen das
Kctt," und damit gingen wir zuerst in das braune Bicrgebeide.
Aber wie erstaunten wir, als wir dahineintraten! Die
Argideckthur war grade nach einen rechten schmutzigtcn Baucrn-
bofe gebaut, wo sich Einer firchten that, seine Füffe hineinzu-
setzen. Aber dennoch waren die Tische, welche aus alte» Dre-
iern bestanden, alle so vollbesetzt, daß wir nur mit Mihe und
Noth noch ein Blätzchen in einer Ecke antrafcn. Fritze mußte
mit seinem Schnubfiuch erst die Bank etwas rcinichcn, welche
was man bei uns sehr drcckich nennt, ehe wir uns hin-
setzen konnten. Nun riefen wir: Markehr, drei Tcbfchen! -
3»! aber cs kam keins nicht; wir riefen noch einmal und noch
einmal und eine ganze Stunde so fort, aber es brachte uns
Niemand nichts. Endlich erschien noch als unser Rettungsengel
Malzhuber, welche» seine Biercrforschungen hierhcrfihrtc».
„Ja," sagte dieser, „wenn Sie hier warten wollen, bis
sie Ihnen das Bier gebracht werden, da kennen Sie verdursten.
Hier muß man sich Alles selbst bedienen, weil cs Hofbrei-
haus ist."
Und nun gingen wir, nahmen nach Malzhubcrn seine
Anordnung dem ersten Besten sein steinernes Bierglas weg,
wenn er damit leer war; dann mustcn wir cs uns aber erst
am Brunnen aussbielen, welches auch eine Gnade ist, die man
»ur in das Hofbrcihaus findet. Hiernach ließen wir uns die
^rige fillen und gingen an unfern Blatz zurück. Nun fragte
eine Kellnerin, was ich könnte zu essen bekommen.
(Fvrlsctzung folgt.)
Unerlaubte Selbsthilfe.
Bauernbube. „Herr G'richtsarzt, mei Vater is g'stor-
ben, ich möcht' den Todtenschein!"
Gerichtsarzt. „Wer hat ihn behandelt?"
Bube. ,,D' Mutter!"
Gerichtsarzt (ungeduldig). „Ich will wissen, welchen
Arzt ihr zu Hilfe gerufen habt?"
Bube. „Es hat ihm kein Doktor g'holfen, er is selber
gestorben!"
Der Patriot.
„Na, Zipfelgruber, was is 's denn? Nir betheilig'n an
der Nationalanleih'?"
„I ftcili, aber baar's Geld Hab' i nit, und da denk' i
halt, i wer's a so mach'n: dem Schlankclfellner bin i fünf-
hundert Gulden zu drei Prozent schuldig, d' Staatskaffa zahlt
aber fünf Prozent; wann i jetzt die Schuld an d' Staatskassa
überlass', so profitirt'S netto zwei Prozent Zinsen dabei — |
mehr kunnt' i aber wirkli nit thu'n!"
Ein Systematiker.
Pfarrer. „Sic wollen also wirklich wieder beirathen,
Herr Bärenwirth!?"
Wirth. „Schätz' wärlich wohl, i will!"
Pfarrer. „Und die Schwester von Ihrer vorigen Frau?
Sie haben ja mit der Verstorbenen nicht gut gelebt!"
Wirth. „Noi Wäger, wia Hund' und Katz'! 'S ischt
mei dritte Frau gwca und älle sind sc Schwestera gwea und
mit keiner han i guat g'haust, aber g'rad dcßwcga nimm' i
jeh' die viert' Schwester au zur Frau; i will se schoo kriaga!"
Pfarrer. „Aber ich sehe keinen Grund ein. Warum
denn eigentlich?"
Wirth. „Wisset Sc, Herr Pfarrer, i mein' eba, 's
ischt 's Beschte, wenn i glei da ganz« Schlamm aus-
rott'!"
Bei sich und bissig.
Bauersmann. „Meinem Weib isch eba schlecht, Herr
Doktor, 's sitzt 'r uf'm Herz und den Kopf kann se nit heba.
Gebe Se mer ebbcs für se!"
Doktor. „Ist sic bei sich. Euer Weib?"
Bauer. „Noa, Herr Doktor, a bissig's Lu-ader isch se
freilich ihr Lcabtig g'wesen, aber bissen hot se mich noch nit!"
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