Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
158

Aus Herrn Gras s Tagebuch,

verfaßt auf einer Reise zur Münchener Industrie-
Ausstellung.

(Fortsetzung.)

Eine große Zierde der Stadt gewchren die Arkaden, !
welches ein alter griechischer Name ist und so viel heißt, als
wie: Hier darf nicht geraucht und auch kein Bier
nicht getrunken werden. Dieses Gebeide ist ein langer
Gang, aus welchen man auf einer Seide nichts sieht, wehrend
die andre wieder gans mit alt freskoh Gemeldet! verschmickt
1 ist. Wenn man diese Menge Malereien sieht, so wird einen
der Kobs gans drehend und jeder Kunstkenner muß zugeben,
daß in Minchen doch die Farben firchtcrlich billig sein missen,
weil sie mit dieser ippigen Verschwendung angewendet sind,
was man Kohlaritt nennt, wie mir der Maler Kohle aus-
einander setzen that.

Die Gemelde aus den Arkaden bestehen zum Theil erst
aus Abbildungen aus der deitschen Naturgeschichte, wo man
Schlachten erblickt, der zweite Theil betrifft ithalijenische Him-
melsgegenden, welche sehr deitlich gemalt sind. Die Natur- !
dreie auf diesen Bildern geht über alle Begriffe und stellt
das eine, welches neben einen Kondithor gemalt ist, ein Ge-
witter mit Donner und Blitz vor.

Kohle sagte, daß dieses ein Triumbf der Kunst were.

Wenn man gans hinten den Hindergrund von die Arka-
den aussucht, so findet man einen gewissen Herr Knles aus- .
gehauen, welches wie Kohle sagte ein geborener Beier gewesen !
ist und sich durch seine Kerperkraft ausgezeichnet hat. Man
hat ihn hier in den Moamente ansgehauen, wo er verschiedene j
Bestichen mit Füßen tritt und das Maul weit aufreißt,
nämlich einen Löwen.

Wenn man sich von die Arkaden herauswendet, so sieht
man ein großartichtes Gebeidc in Form eines großen, leeren
Wandschrankes, wo die Thiren fehlen, warum man es auch
Feldherrnhalle nennt. Es haben darin einige tausend Ferde-
und Fußsoldaten gans gut Blatz, es stehen bis jetzt aber nur
zwei Generale darinne, welche sich hier schre einsam fihlen
missen, denn sie sehen recht traurig und mißverstiinmt aus.

Es geht sogar auch eine Sage in den Munde der Befellker-
ung herum, daß allemal um zwelf Uhr in der Mitternachts-
zeit die beiden Generale sollen lebendigt werden und dann
die Voribergehenden anreden und sagen sollen: „Wollen Sie
nicht die Güte haben, ein bischen mit zu uns herauf zu
sbaziren, weil es gar so einsam und alleine hier oben ist.
Haben Sie die Güte und scheniren Sie sich nicht."

Wenn dieses nun Jemand hört, so reißt er aus, weil
Niemand nichts von diesen Gesbändsterzeig nicht wissen will
und es findet sich auch Keiner nicht, der sich niit hinaufstellt,
warum diese Feldherrhalle bei die Minchner auch gar nicht
beliebt ist.

Das schönste, welches ein Mensch sehen kann, ist die Lu-
dewigsstraße, allwo es von einen schönen Gebeide neben den

andern wimmelt. Für den gebildeten Betrachter hat beson-
ders die große kenigliche Bibliodek viel Jndrehsandes, welche
auch in korindischen Stiele aufgefaßt ist, wie Kohle sagte.
Ja, wenn das Hofbreihaus nur halb so schöne were, wie
dieses Gebeide!

Bor die Bibliodek unten auf die Straße sitzen vier Statien
welche Brofessors aus die alten Zeiten bedeiten sollen und in
ihren Sommerkostinl abgebildet sind, welches nur aus einen
Badchandtuch besteht, das sie um die Hiften verschlungen haben.
Sie rühren jedoch noch alle aus eine gute alte Zeit, wo die
Nahrungsmittel noch nicht so theier waren, denn Heitzutage
wird kein Gelehrter nicht mehr so dicke als wie die vier alten
Brofessors an die Minchner Bichersammlnng. Ein Herr sagte
uns auch, wie diese Herren geheißen hatten, allein das klang
gar zu seltsam und waren es gewiß nur die sogenannten fal-
schen Sbitznamen; einer hieß Tnckdidilidis, der andre Hipp-
hoppgradaus, der eine Eristtodiles und so ähnlich.

Das Innere ist brechtig ansgestattet und wieder mit viele
Wandfreßkogemelde behängen. Auf eine große Trebbe kommt
man hinauf zu einen großen Saale, wo ein baar hundert
Menschen saßen und die Nasen in dicke Bicher steckten. Dieses
waren nämlich Kinstler, welche aus alten Bichern neie machen
thaten.

Hierauf wurden wir weiter gefihrt, wo für jede Wissen-
schaftlichkeit ein besonderliches Zimmer eingerichtet ist. Da gab
es einige hundert tausend Bende, wo zum Beispiel das d e it sche
Recht drinnen steht. Aber das ist eben immer die Geschichte,
daß wir Deitschen nur in die Bicher und aus Pabier recht
haben, in die Wirklichkeit haben immer unsre Nachbarn recht.

Es gibt auch sehr merkwirdige Handschriftverschreibnngeii
in dieser Bibliodek. Unter andern den Heiradskondrakt zwischen
Adam und Efa, das erste Schreibunterrichtsbnch von König
Daviden und vieles mehrere. Auch ein ladeinisch verfaßter
Abschied von einen Soldaten aus den römischen Kaiser Nerob
seine Regicrnngsbäriode. Kohle übersetzte ihn gleich aus freier
Hand und es hieß darauf geschrieben:

„Ich, der Endesuntcrschriebene Kaiser von Rom und
ganz Jthalichen, bezeige hiermit, daß Johann Gottlob Massivs
als Kafallerist in mein neinnndsiebzigstes Regimend gestan-
den und sich zu meiner Zufriedenheit betragen hat. Der-
selbe hat nur einmal wegen einer Taschenuhr, die er seinen
Leidenant aus Versehen mitgenommen, finfundzwanzig er-
halten und ist auch in jeder andern Beziehung drei und
ährlich.

Rom, am 2. August 3270 vor Christus.

Neroh, Kaiser."

Dieses war jedoch Alles noch nichts gegen ein dickes Buch,
wo an den Einbande die ganze Pabbe und Buchbinderarbeit
von Gold war, welches gar nicht zu schätzen war. Es beglei-
tete uns ein Minchener, welcher fragte, wie viel Maaß Bier
dieses Buch wohl Werth were; dieses war jedoch eine Frage,
welche der herumfihrende Aufseher nur mit einem Stillschwei-
gen beantworten konnte.
Image description
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen