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Californischer Micthzwang.
rs am ganze» Magualome keinen liederlicher», aber auch fideleren
l Burschen gäbe, als Peter Me. Carty.
Peter befand sick übrigens dießmal wieder auf einer
„Zwischenstation", wie er's selber nannte, oder in ,.slnok »ater"*)
wie ei» paar dort mitarbeitende Matrosen solcher Periode nicht
»»paffend den Namen geben, d. h. er hatte seinen Claim, oder
den Play den ri in Beschlag genommen, vollständig ausge-
arbeitet» und das daraus gewonnene Gold schon seit etwa vier-
zedn Tagen so durckauS verzehrt, baß ihm die teuiiee ober die
Handelsleute in Magnalomchill, schon nicht mehr gern borgen
wollten unk selbst der Wirth des einen ZeltcS, i» dem er
seinen Wohnsitz ausgcschlage» — und wo er auch in der That
den größte» Theil seines ausgewaschenen GoldeS verzehrt —
cS endlich satt bekam den fast nie nüchternen und dann auch
manchmal streitsüchtigen Gesellen bei sich zu beherbergen.
Sei» Wirth war ei» Franzose und hatte den fidelen
Burschen eigentlich gern, auch aus ibin schon herausgeschraubt,
was nur herauszubekommen war und dafür vielleichtmehr Geduld
mit ihm später gehabt, als mancher Andere in Californicn,
dem Land des Augenblicks, gehabt babc» würde. Endlich aber
bekam er die Sache doch satt, kündete den fast stets trunkenen
Iren die Wohnung ernstlich und legte ihm, als dieser trotzdem
erklärte, bei ihm bleibe» und ihm seine Kundschaft zuwenden
zu wolle», als er einmal ausgegangen war, seine wollene Decke
und sein Handwerkszeug vor das Zelt auf einen Haufen und
verbot ihm, als er znrückkehrte und seine Utensilien ausraffen
wollte den allen Schlafplatz wieder aufzusuche», mit so drohender
und ernster Miene den Eintritt, daß Peter wohl eiusab, mit Gewalt
sei hier Nichts auszurichten. Der Franzose hätte nämlich das
Reckt gehabt, Jede» niederzuschießen, der ihm gewaltsam und
nach vorheriger Warnung, »och dazu bei Nacht und Nebel in
sein Zelt dringe» wollte und dem mochte sich Mr. Mc. Earty
wie er sich gewöhnlich selber gerne nannte, nicht aussetze».
Glücklicker Weise war er auch an dem Abend, ein wirk-
lick außergcwöhnlicker Fall, noch ziemlich nüchtern, wer weiß,
ob er sick sonst dem Befehl des vollkommen in seinem Rechte
sick befindenden Franzosen gefügt hätte; so aber blieb er
ein paar Minuten in tiefen Gedanken, seine Decke unter dem
linken Arm und Spaten und Spitzhacke in der Rechten, vor
dem Zelte sichen, trcbte sick dann aus dem rechten schiefge-
tretencn Absatz — der schiefe rechte Absatz ist das sichere Zei-
chen eines Miners — herum, ging ein paar Schritt und
blieb wieder halten.
„Hallo Monsiehr", rief er jetzt, sich halb zu dem nock
in dem Eingang des Zeltes stehenden Franzosen hcrumdrehend,
„bekomm' ich noch ein Glas Brandy? —hol' Euch der Teufel,
Ihr werdet dock einen Christenmcnschen nicht ohne einen Schluck
vom ächten Stoff in Nacht und Nebel binausjagcn?"
„Ein ganzes Glas voll, Peter", rief dieser erfreut, so
billig abgekommen zu sein, „ein ganzes Glas, bis zum Rand
voll und der nicht mit auf die Rechnung soll, denn borgen
thuc ich dir keines CentcS werth mehr, bis du wieder arbeitest,
Kamerad."
„tzievee miixi work novr, partner,£‘*) lachte Mc. Cartv,
„rückt lieber mit dem Stoff heraus; heut' Abend ist's doch zu
spät, noch in den Gulch zu gehen, man könnte die Klumpen
nicht mehr finden."
Der Franzose traute dem Burschen aber noch immer nicht,
blieb deshalb auch in seinem Zelteingang stehen und ließ sich
dann von einem andern ein Glas Brandy einschenken, das der
Ire übrigens aus einen Zug, seine Zufriedenheit mit einem
Schnalzen der Lippen kund gebend, leerte, und sich dann zum
Gehen wandte.
„Nun gute Nacht Peter", rief ihm Boffin, der Franzose,
nach, der wenigstens in Frieden und Freundschaft von dem
Bursche» scheiden wollte, „halt dich tapfer und gib das lieder-
liche Leben auf und wir können noch manches GlaS milsamm
trinken."
„Gute Nacht?" sagte Peter, der seine Decke und Hand-
werkszeug etwa zehn Schritte vor dem Zelteingang niederwarf,
den Hut daneben auf den Boden legte und Anstalt machte als
ob er da die Nacht zubringcn wollte, „gute Nacht, Johnny?
heh? ei wir können noch eine ganze Weile miteinander plau-
dern, denn ich bin schon wieder eingezogen und sehe nicht ein,
weshalb wir nicht gute Nachbarschaft halten sollen."
„Eingezogen Peter?" rief der Franzose, durch die fast
unmittelbare Nähe seines bisherigen Zeltgenoffen keineswegs
angenehm überrascht, „Du willst doch nicht hier draußen mitten
auf dem kühlen Boden und unter freiem Himmel liegen bleiben?"
„Nun und warum nicht? habt Ihr nicht selber meiner
Mutter Sohn den Stuhl vor die Thür gesetzt? — überdies
ist Mondschein und kein Wölkchen am Himmel."
„Aber so nah hier am Zelt, Peter, Du mußt doch Raum
laffe», daß die Leute hinaus und herein können — das gehl
ja gar nicht, die Straße muß frei bleiben."
„Geht nicht? — da war' ich neugierig," brummte der
Ire, „die Straße da drüben i st frei, und hier kann ein ganzer
Lastwagen zwischen mir und dem Zelte durch, vielwcniger denn ein
Betrunkener, und was die Taumelnden angcht, so haltet Ihr
Euch nur Eure Hälfte vom Leibe, ich will mit meiner hier
schon fertig werden; gebt mir einmal ein paar Kohlen heraus,
baß ick mir ein Lagerfeuer anmachc."
„Feuer willst Tu Dir auch hier draußen anmachen, Peter?
„Nun ich werde doch wohl nicht sollen ohne ein gutc-
Nachtfeuer im Freien lagern?"
„Wenn nun das Zelt anbrcnnt?"
„Zelt? ich habe ja kcins —
„Mein Zelt hier, mein ich — "
„Euer? — was gehl mich Euer Zelt an; jeder siebt zu
daß er selber nicht zu Schaden kommt — schafft mir eu>
paar Kohlen berauS."
„Ack Unsinn, Peter, Du willst mich jetzt hier bloß ärgern,
daß ich Dick wieder herein rufen soll, alter Junge, aber da
i
"1 Slack water ist tic Zwischenzeit zwischen Ebbe und Fluch, wo
da» Waffer vollkommen still steht unk nicht tic mindeste Strömung zeigt.
Wollen jetzt nicht von Arbeit reden, Kamerad.
Californischer Micthzwang.
rs am ganze» Magualome keinen liederlicher», aber auch fideleren
l Burschen gäbe, als Peter Me. Carty.
Peter befand sick übrigens dießmal wieder auf einer
„Zwischenstation", wie er's selber nannte, oder in ,.slnok »ater"*)
wie ei» paar dort mitarbeitende Matrosen solcher Periode nicht
»»paffend den Namen geben, d. h. er hatte seinen Claim, oder
den Play den ri in Beschlag genommen, vollständig ausge-
arbeitet» und das daraus gewonnene Gold schon seit etwa vier-
zedn Tagen so durckauS verzehrt, baß ihm die teuiiee ober die
Handelsleute in Magnalomchill, schon nicht mehr gern borgen
wollten unk selbst der Wirth des einen ZeltcS, i» dem er
seinen Wohnsitz ausgcschlage» — und wo er auch in der That
den größte» Theil seines ausgewaschenen GoldeS verzehrt —
cS endlich satt bekam den fast nie nüchternen und dann auch
manchmal streitsüchtigen Gesellen bei sich zu beherbergen.
Sei» Wirth war ei» Franzose und hatte den fidelen
Burschen eigentlich gern, auch aus ibin schon herausgeschraubt,
was nur herauszubekommen war und dafür vielleichtmehr Geduld
mit ihm später gehabt, als mancher Andere in Californicn,
dem Land des Augenblicks, gehabt babc» würde. Endlich aber
bekam er die Sache doch satt, kündete den fast stets trunkenen
Iren die Wohnung ernstlich und legte ihm, als dieser trotzdem
erklärte, bei ihm bleibe» und ihm seine Kundschaft zuwenden
zu wolle», als er einmal ausgegangen war, seine wollene Decke
und sein Handwerkszeug vor das Zelt auf einen Haufen und
verbot ihm, als er znrückkehrte und seine Utensilien ausraffen
wollte den allen Schlafplatz wieder aufzusuche», mit so drohender
und ernster Miene den Eintritt, daß Peter wohl eiusab, mit Gewalt
sei hier Nichts auszurichten. Der Franzose hätte nämlich das
Reckt gehabt, Jede» niederzuschießen, der ihm gewaltsam und
nach vorheriger Warnung, »och dazu bei Nacht und Nebel in
sein Zelt dringe» wollte und dem mochte sich Mr. Mc. Earty
wie er sich gewöhnlich selber gerne nannte, nicht aussetze».
Glücklicker Weise war er auch an dem Abend, ein wirk-
lick außergcwöhnlicker Fall, noch ziemlich nüchtern, wer weiß,
ob er sick sonst dem Befehl des vollkommen in seinem Rechte
sick befindenden Franzosen gefügt hätte; so aber blieb er
ein paar Minuten in tiefen Gedanken, seine Decke unter dem
linken Arm und Spaten und Spitzhacke in der Rechten, vor
dem Zelte sichen, trcbte sick dann aus dem rechten schiefge-
tretencn Absatz — der schiefe rechte Absatz ist das sichere Zei-
chen eines Miners — herum, ging ein paar Schritt und
blieb wieder halten.
„Hallo Monsiehr", rief er jetzt, sich halb zu dem nock
in dem Eingang des Zeltes stehenden Franzosen hcrumdrehend,
„bekomm' ich noch ein Glas Brandy? —hol' Euch der Teufel,
Ihr werdet dock einen Christenmcnschen nicht ohne einen Schluck
vom ächten Stoff in Nacht und Nebel binausjagcn?"
„Ein ganzes Glas voll, Peter", rief dieser erfreut, so
billig abgekommen zu sein, „ein ganzes Glas, bis zum Rand
voll und der nicht mit auf die Rechnung soll, denn borgen
thuc ich dir keines CentcS werth mehr, bis du wieder arbeitest,
Kamerad."
„tzievee miixi work novr, partner,£‘*) lachte Mc. Cartv,
„rückt lieber mit dem Stoff heraus; heut' Abend ist's doch zu
spät, noch in den Gulch zu gehen, man könnte die Klumpen
nicht mehr finden."
Der Franzose traute dem Burschen aber noch immer nicht,
blieb deshalb auch in seinem Zelteingang stehen und ließ sich
dann von einem andern ein Glas Brandy einschenken, das der
Ire übrigens aus einen Zug, seine Zufriedenheit mit einem
Schnalzen der Lippen kund gebend, leerte, und sich dann zum
Gehen wandte.
„Nun gute Nacht Peter", rief ihm Boffin, der Franzose,
nach, der wenigstens in Frieden und Freundschaft von dem
Bursche» scheiden wollte, „halt dich tapfer und gib das lieder-
liche Leben auf und wir können noch manches GlaS milsamm
trinken."
„Gute Nacht?" sagte Peter, der seine Decke und Hand-
werkszeug etwa zehn Schritte vor dem Zelteingang niederwarf,
den Hut daneben auf den Boden legte und Anstalt machte als
ob er da die Nacht zubringcn wollte, „gute Nacht, Johnny?
heh? ei wir können noch eine ganze Weile miteinander plau-
dern, denn ich bin schon wieder eingezogen und sehe nicht ein,
weshalb wir nicht gute Nachbarschaft halten sollen."
„Eingezogen Peter?" rief der Franzose, durch die fast
unmittelbare Nähe seines bisherigen Zeltgenoffen keineswegs
angenehm überrascht, „Du willst doch nicht hier draußen mitten
auf dem kühlen Boden und unter freiem Himmel liegen bleiben?"
„Nun und warum nicht? habt Ihr nicht selber meiner
Mutter Sohn den Stuhl vor die Thür gesetzt? — überdies
ist Mondschein und kein Wölkchen am Himmel."
„Aber so nah hier am Zelt, Peter, Du mußt doch Raum
laffe», daß die Leute hinaus und herein können — das gehl
ja gar nicht, die Straße muß frei bleiben."
„Geht nicht? — da war' ich neugierig," brummte der
Ire, „die Straße da drüben i st frei, und hier kann ein ganzer
Lastwagen zwischen mir und dem Zelte durch, vielwcniger denn ein
Betrunkener, und was die Taumelnden angcht, so haltet Ihr
Euch nur Eure Hälfte vom Leibe, ich will mit meiner hier
schon fertig werden; gebt mir einmal ein paar Kohlen heraus,
baß ick mir ein Lagerfeuer anmachc."
„Feuer willst Tu Dir auch hier draußen anmachen, Peter?
„Nun ich werde doch wohl nicht sollen ohne ein gutc-
Nachtfeuer im Freien lagern?"
„Wenn nun das Zelt anbrcnnt?"
„Zelt? ich habe ja kcins —
„Mein Zelt hier, mein ich — "
„Euer? — was gehl mich Euer Zelt an; jeder siebt zu
daß er selber nicht zu Schaden kommt — schafft mir eu>
paar Kohlen berauS."
„Ack Unsinn, Peter, Du willst mich jetzt hier bloß ärgern,
daß ich Dick wieder herein rufen soll, alter Junge, aber da
i
"1 Slack water ist tic Zwischenzeit zwischen Ebbe und Fluch, wo
da» Waffer vollkommen still steht unk nicht tic mindeste Strömung zeigt.
Wollen jetzt nicht von Arbeit reden, Kamerad.