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Von dem dummen Bauern re.

— „Unsre Gutshcrrschaft," begann Klaus, „besaß abge-
sondert von den übrigen Ländereien ein schönes Stück Wie-
scnland, etwa vier Morgen groß, prächtig zwischen dem gro-
ßen Buchcnwalde und dem Flusse gelegen. Für die Herrschaft
hatte jenes Stück Land weniger Werth, weil die übrigen Trif-
ten alle weit ab- oder jenseits des Flusses liegen, über den
dort auf eine Stunde Weges keine Brücke führt. Dagegen
lag das Stück für uns Beide, Sturz und mich, gar recht be-
quem, denn unsere Felder schlossen jene Wiese von beiden Sei-
ten ein. Als wir nun im vergangenen Frühjahre vom Ver-
walter hörten, daß der Herr Baron, unser Gutsherr, nicht
übel Willens sei, das Stück Wiescnland zu verkaufen, besprach
ich mich mit Sturz und wir kamen überein, es zu überneh-
men, wenn man es uns mit etwa fünfhundert Gulden zu-
schlagen wollte. Sturz ging darauf hin zum Herrn Baron,
machte sein Angebot, und wirklich ward uns das Stück Land
um fünfhundert Gulden abgetreten. Sturz hatte sich schon
vorgesehen und die nöthigen Banknoten mit hinauf in's Schloß
genommen. Er bezahlte deshalb auch das Feld sofort, denn
er fürchtete mit Recht, daß vielleicht andere Leute im Dorfe
Wind von dem Handel bekommen und mehr bieten möchten.
Die Wiese war also unser und Sturz hatte sie vorläufig be-
zahlt. Ich hatte just damals wenig Geld im Hause und ver-
sprach ihm, meine Hälfte im Herbste nach der Weizcnernte ab-
zutragen, womit Sturz auch zufrieden war. Nun kam aber
die zweite Hauptsache — die Theilung jenes Wiesenstückes.
Auch hierin wurden wir jedoch bald einig; Sturz nahm die
nach dem Walde zu gelegene Hälfte, und ich erhielt die ur-
sprünglich bessere andre Hälfte, die sich den Fluß entlang zog.
Bald darauf fiel zwei Stunden oberhalb Langenheim ein
schrecklicher Wolkenbruch, der Fluß trat weit über die Ufer,
und wie sich die Wasser endlich verliefen — war die größte
Hälfte meines Wiesenantheiles ganz von den Fluthen zerstört
und weggcrissen, der andere mir gehörende Theil aber so sehr
versandet, daß er für mich auch nicht sünfzig Gulden mehr
an Werth hatte, während der höher gelegene Theil, der Sturz
gehörte, ganz unversehrt geblieben war. Jetzt ist nun die Zeit
gekommen, wo ich an Sturz die zweihundertfünfzig Gulden
zahlen soll. Sturz verlangt auch ohne Widerrede die Zahl-
ung der vollen Summe, aber da mir doch von der Wiese ei-
gentlich so viel als nichts übrig geblieben ist, so habe ich jetzt
keine Lust zum Zahlen. Deshalb bin ich nun zu Ihnen ge-
kommen, Herr Doctor, und wollte sie bitten, mir mit gutem
Rathc beizustehcn."

Hier endete Klaus seine Erzählung. Spitzner aber wischte
seine Brille mit dem seidenen Taschentuche ab, nahm mehrere
Prisen aus der mächtigen Tabaksdose, die vor ihm stand, und
brummte leise in seinen mächtigen Backenbart, etwa wie der
Lowe in der Menagerie, dem der Wärter zur Fütterungszeit
ein mächtiges Stück Fleisch vorwirft.

„Also vierzig Morgen Land gehören zu Ihrem Land-
gute?" fragte er endlich den ängstlich auf Antwort harrenden
Bauer.

„Vierzig Morgen und Alles schuldenfrei," bestätigte Klaus.

Aus den Papieren re. 171

— „Und der Nachbar Sturz ist auch nicht unbemittelt?"
forschte der Sachwalter weiter.

— „Ei bewahre, der ist reicher als ich," war die Ant-
wort.

— „Hm, hm! Ein interessanter Fall, kann aber sehr
verwickelt werden, sehr verwickelt," sprach dann Spitzner.

— „Das soll mir nichts ausmachcn, wenn ich mich nur
gut aus der Schlinge ziehen kann", rief dumm lachend der
Bauer.

— „Haben Sie denn Ihrem Nachbar etwas Schriftli-
ches wegen der Bezahlung gegeben?" fragte der Advokat gespannt.

— „Dann hätte ich ein Esel sein müssen, — nicht ei-
nen Buchstaben," erwiderte Klaus.

— „Das ist gut, sehr gut," sprach Spitzner, „dann
läßt sich schon etwas machen. Nachbar Sturz scheint mir
ein Pinsel zu sein, mit dem wollen wir bald fertig werden,
verlaßt Euch auf mich."

(Schluß folgt.)

Aus den Papieren des Schusters von Jspahan.

Merk's!

Es hat schon Mancher nubcfangcn
Mit einem Weibe lang verkehrt.

Sie war gemüthlich ihm und werth,

Doch trug er kein Bcsitzverlangen.

Da kömmt ein junger Fant, verwegen
Freit er um sie mit rascher That;

Nun hätt' er's freilich selber mögen —

Da war's zu spat. c.

22*
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Aus den Papieren des Schusters von Ispahan"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Geliebte <Motiv>
Schuhmacher
Konkurrent
Schrecken <Motiv>
Untreue <Motiv>
Karikatur
Tabakspfeife
Liebesbeziehung
Satirische Zeitschrift
Orient

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 36.1862, Nr. 882, S. 171

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