I 202 Zum gra
„Der Joseph Wedell soll noch heute beurlaubt werden,
! auf Seele!" lallte der Ofsicier.
„Dank Ihnen, verehrter Freund! ich betrachte mich in
Ihrer Schuld."
„Mache mir ein unendliches Vergnügen daraus."
„So sagen Sie dem Joseph Wedell doch, er solle seinen
Weg über Bückeburg nehmen und im dortigen Forsthause
vorsprechen."
„Gut! ich werde ihm die Marschroute über Bückeburg
! dirigiren."
„Tausend Dank und meine gehorsamste Empfehlung an
den Herrn Commandanten. Sagen Sie nur, vom alten
; Förster in Bückebnrg, dann weiß er's schon. Na! Waid-
I manus Heil!"
„Werd's zu rühmen wissen!"
Damit ging er fort, etwas schwankend allerdings, aber
i doch im Gleichgewicht. Der Nordhäuser wirkt mehr auf den
j Kopf, als auf die Füße. Der ehrliche Förster aber ließ sich
seinen Sennerhengst satteln und ritt bald nachher gar wohl
gelaunt und so fest im Sattel, als ob er keinen Nordhäuser
gesehen, zum Thore hinaus, und als die Wache salutirtc, so
wußte er mit solcher Grandezza zu danken, die einem Fürsten
Ehre gemacht haben würde. „Das muß ich sagen," sprach er
für sich, „kreuzhöfliche Leute sind diese Preußen! und werden
immer für hochnäsig ausgeschrieen! Nein, wahrhaftig, das ist
erstunken und erlogen! Die haben Lebensart! fast zu viel!"
Dann ließ er dem Hengst die Zügel locker und dahin flog
er im schnellen Trabe der lieben Heimath zu.
ucn Esel.
Der Lieutenant von der Groben aber eilte, seinem Ge-
neral Meldung über die Ausführung der ihm anvertrauten
Mission zu machen. Mit freudestrahlendem, aber etwas er-
hitztem Angesichte und mit dem Ausdrucke stolzer Selbstbefrie-
digung trat er in's Arbeitszimmer seines Vorgesetzten ein.
„Ha!" rief dieser, sich von seinem Sophakissen erhebend, „ich
sehe schon an Ihrem Gesichte, wie die Sachen stehen. Gut
ausgenommen?"
„Vortrefflich! ganz vortrefflich, auf Seele!" rühmte der
junge Mann, „ein wunderlicher, aber kreuzbraver und höchst
liebenswürdiger Herr das, für den man willig dnrch's Feuer
ginge! So wie Seine Durchlaucht hörten, daß ich ein Ver-
ehrer der Diana, hat er mich wie einen Freund und alten
Bekannten behandelt. Denken Sie nur, ich habe mit Durch-
laucht frühstücken müssen."
„Was denn?" forschte der General.
„Rohe Schinken und einen Nordhäuser dazu!" lachte
der Gefragte.
„Einen?" fragte der General ironisch weiter.
„Können auch einige gewesen sein," lautete die Ant-
wort.
„O! man riecht's bis hierher!" lachte der General.
„Also Schinken und Schnaps! ha! ha! ha! Aber erzählen
Sic! erzählen Sie doch Herr von der Groben," fuhr er
heiter fort, „aber Alles nach der gehörigen Reihenfolge und
lassen Sie nichts aus. Auch das kleinste und unbedeutendste
Wort, das Seine Durchlaucht gesprochen, intercssirt mich als
Wahrzeichen eines ganz cigenthümlichen Mannes."
Nun erzählte der junge Mann zuerst sein Gespräch mit
dem Wirthe, von dem er glücklich erfahren, daß der Fürst
im strengsten Jncognito hier sei, sodann seine Unterredung mit
diesem von Anfang bis zu Ende und mit größter Ausführ-
lichkeit, alles dieses zum größten Ergötzen seines Comman-
danten, verfehlte dann anch zum Schlüsse nicht, der hohen
Verwendung des Fürsten für den Füselier Joseph Wedell ge-
bührende Erwähnung zu thun.
„Nun?" rief der General, vergnügt sich die Hände rei-
bend, aus, ,,hab' ich Ihnen den Fürsten der Wahrheit gemäß
geschildert? Was?"
„Ganz nach der Natur, auf Seele!" rief beistimmend
der Lieutenant, „bis auf den Glanz am rechten Knie. Mit
Händen zu greifen!"
„Na, und was den Joseph Wedell betrifft", fuhr der
General fort, „so fertigen Sie ihm sofort Urlaub auf sechs
bis acht Wochen aus. Aber, ä propos, haben Sic nicht er- j
fahren, warum sich Seine Durchlaucht für den Menschen, den
Wedell, intercssirt?"
„Hab's nicht erfahren können," erwiderte der Gefragte:
„aber ich werde den Wedell diescrhalb ausforschen."
„Gut, so gehen Sie, diese Angelegenheit dem Wunsche !
des durchlauchtigsten Fürsten gemäß zu besorgen."
Joseph Wedell war bald herbeigerufen und stand in
straffer, militärischer Haltung vor seinem Ofsicier.
„Der Joseph Wedell soll noch heute beurlaubt werden,
! auf Seele!" lallte der Ofsicier.
„Dank Ihnen, verehrter Freund! ich betrachte mich in
Ihrer Schuld."
„Mache mir ein unendliches Vergnügen daraus."
„So sagen Sie dem Joseph Wedell doch, er solle seinen
Weg über Bückeburg nehmen und im dortigen Forsthause
vorsprechen."
„Gut! ich werde ihm die Marschroute über Bückeburg
! dirigiren."
„Tausend Dank und meine gehorsamste Empfehlung an
den Herrn Commandanten. Sagen Sie nur, vom alten
; Förster in Bückebnrg, dann weiß er's schon. Na! Waid-
I manus Heil!"
„Werd's zu rühmen wissen!"
Damit ging er fort, etwas schwankend allerdings, aber
i doch im Gleichgewicht. Der Nordhäuser wirkt mehr auf den
j Kopf, als auf die Füße. Der ehrliche Förster aber ließ sich
seinen Sennerhengst satteln und ritt bald nachher gar wohl
gelaunt und so fest im Sattel, als ob er keinen Nordhäuser
gesehen, zum Thore hinaus, und als die Wache salutirtc, so
wußte er mit solcher Grandezza zu danken, die einem Fürsten
Ehre gemacht haben würde. „Das muß ich sagen," sprach er
für sich, „kreuzhöfliche Leute sind diese Preußen! und werden
immer für hochnäsig ausgeschrieen! Nein, wahrhaftig, das ist
erstunken und erlogen! Die haben Lebensart! fast zu viel!"
Dann ließ er dem Hengst die Zügel locker und dahin flog
er im schnellen Trabe der lieben Heimath zu.
ucn Esel.
Der Lieutenant von der Groben aber eilte, seinem Ge-
neral Meldung über die Ausführung der ihm anvertrauten
Mission zu machen. Mit freudestrahlendem, aber etwas er-
hitztem Angesichte und mit dem Ausdrucke stolzer Selbstbefrie-
digung trat er in's Arbeitszimmer seines Vorgesetzten ein.
„Ha!" rief dieser, sich von seinem Sophakissen erhebend, „ich
sehe schon an Ihrem Gesichte, wie die Sachen stehen. Gut
ausgenommen?"
„Vortrefflich! ganz vortrefflich, auf Seele!" rühmte der
junge Mann, „ein wunderlicher, aber kreuzbraver und höchst
liebenswürdiger Herr das, für den man willig dnrch's Feuer
ginge! So wie Seine Durchlaucht hörten, daß ich ein Ver-
ehrer der Diana, hat er mich wie einen Freund und alten
Bekannten behandelt. Denken Sie nur, ich habe mit Durch-
laucht frühstücken müssen."
„Was denn?" forschte der General.
„Rohe Schinken und einen Nordhäuser dazu!" lachte
der Gefragte.
„Einen?" fragte der General ironisch weiter.
„Können auch einige gewesen sein," lautete die Ant-
wort.
„O! man riecht's bis hierher!" lachte der General.
„Also Schinken und Schnaps! ha! ha! ha! Aber erzählen
Sic! erzählen Sie doch Herr von der Groben," fuhr er
heiter fort, „aber Alles nach der gehörigen Reihenfolge und
lassen Sie nichts aus. Auch das kleinste und unbedeutendste
Wort, das Seine Durchlaucht gesprochen, intercssirt mich als
Wahrzeichen eines ganz cigenthümlichen Mannes."
Nun erzählte der junge Mann zuerst sein Gespräch mit
dem Wirthe, von dem er glücklich erfahren, daß der Fürst
im strengsten Jncognito hier sei, sodann seine Unterredung mit
diesem von Anfang bis zu Ende und mit größter Ausführ-
lichkeit, alles dieses zum größten Ergötzen seines Comman-
danten, verfehlte dann anch zum Schlüsse nicht, der hohen
Verwendung des Fürsten für den Füselier Joseph Wedell ge-
bührende Erwähnung zu thun.
„Nun?" rief der General, vergnügt sich die Hände rei-
bend, aus, ,,hab' ich Ihnen den Fürsten der Wahrheit gemäß
geschildert? Was?"
„Ganz nach der Natur, auf Seele!" rief beistimmend
der Lieutenant, „bis auf den Glanz am rechten Knie. Mit
Händen zu greifen!"
„Na, und was den Joseph Wedell betrifft", fuhr der
General fort, „so fertigen Sie ihm sofort Urlaub auf sechs
bis acht Wochen aus. Aber, ä propos, haben Sic nicht er- j
fahren, warum sich Seine Durchlaucht für den Menschen, den
Wedell, intercssirt?"
„Hab's nicht erfahren können," erwiderte der Gefragte:
„aber ich werde den Wedell diescrhalb ausforschen."
„Gut, so gehen Sie, diese Angelegenheit dem Wunsche !
des durchlauchtigsten Fürsten gemäß zu besorgen."
Joseph Wedell war bald herbeigerufen und stand in
straffer, militärischer Haltung vor seinem Ofsicier.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zum grauen Esel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 36.1862, Nr. 886, S. 201
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg