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95

Wiener Briefe des Herrn Graf ans Pirna.
(Fortsetzung.)

Aber bei diese Gelegenheit muß ich gleich einmal mit
bemerken, wie ginstig die Wiener Gegend für die Flege von
das schöne Geschlecht ist. Denn so etwas Hibsches als wie
die Wiener Damens kann man vielleicht auf die ganse Welt
nicht noch einmal finden. Dieses hatten die Herrn Schihen
auch schon längst gemerkt und mancher Verheiradetc unter
ihnen hat ganz stille seinen Trauring wiederrcchtlich abgezogen
und in die Tasche gesteckt, darnit daß er wollte noch für
einen lcdigten Junggesellen gelten. Und noch andre Schitzen-
brider hatten sich große Zettel, wo darauf mit dicke Schrift
das Wort: „Unverheiradet!" stehen that, an die Hüte
gesteckt und wollten auf dieser Weise gleich hier unter die
Haube kommen.

Was die Herren Hamburger sind, das sind doch cichcnt-
lich recht brakdische Kerle, denn die hatten sich aus ihre
' Heimat ein baar solche hübsche Blumenmädchen mitgebracht,
welche dort unter den Namen Vierländlcrinen in die
Hamburger Umgegend geboren werden.

Aber damit daß man sehen sollte, daß nicht blos die
Menschen in die nerdlichte Himmelsstriche solche verninftige
Einfalle hätten, so hatten auch von sidlichter Seite die
Diroler gans denselben schönen Einfall gehabt und in ihren
Zuge giugen ein baar Dirolerinen mit Blumenkörbe voran,

: die auch nicht etwa blos von Stroh waren, das heißt näm-
j lich die Dirolerinen, nicht etwa bloS die Körbe, liebe An-
| verwandte u. s. w.

Wir hatten nun schon mehrere Stunden hier oben in
der aferikanischen Sonnenglut auf die Dachrinnen gesessen
und da jetzt der Zug sich auch seinen Ende nahen that, so
beschlossen wir, herunter zu steigen und uns nun mit in eine
von die letzten Kohlonncn anzuschließcn, welches die Wiener
Schihen waren.

Dieses thaten wir auch, aber wie ich mir jetzt auf ein-
mal »reinen Freind Kohle betrachte, so hatte dieser alte Esel
hinter meinen Nicken sich auch so eine Firmah mit „Unver-
heiradet! " geschrieben und auf seinen Hut gesteckt. Ich lachte
ihn auch gans verechtlicht aus und damit hatte ich recht,
denn die schönen Damens lechelten höchstens mitlcidlich, wenn
sie den kleinen dirftigen Malermeister Kohle mit seinen Zettel
an den Hut betrachteten. Ich sagte ihm diesertwegen auch:
„Siehst Du, Kohle, hierdaraus kannst Du dir die Mohral
nehmen, daß man die alten baufelligen Häuser mit so eine
Firmah auch nicht an den Mann, oder das heißt vielmehr
— auch nicht an die Frau bringt!

Außer diese schaudcrhaftigc Sonnenglut war an dem
herrlichen Festzugc nur noch ein Einzigstes auszusctzen und
dieses war nämlich die furchtbare Durstigkeit. Besonders war
dieses bei die letzten Zugabtheilungen emfindlich, denn wenn
wir nun auch an irgend ein Wirthshaus vorbeikamen und
nach Bier rufen thaten, so war allemal schon Alles Drinkbare
durch die Andern vertilgt geworden. In dieser Art war es
freilich bei die frihcren Schitzenfestc in Franksurtamein und
Bremen gerade das Gcgentheil, denn dort kam die ganse

Befelkerung fortwährend mit allerhand Wein und Bier als
Erckwickung in solche furchtbare Massen, daß zuletzt die mei-
sten Schitzcnbrüder blos nur noch auf einen Beine oder auch
auf gar keinen nicht mehr gehen konnten.

Vielleicht hatte das Festkommithec die niederschlagende
Einwirkung dieser Durstigkeit auf die Schitzenbrider schon
voraus gesehen, denn unter andre sinnbildlichte Verse stand
auf die sogenannte Aspernbrücke, wo man dariber hinweg
mußte, der schöne Trostspruch:

Nicht klagen,

Nicht zagen,

Nur wagen!

Doch hätte man da sollen aber noch darunter setzen:
Ein durstiger Magen
Kann viel vertragen.

Und mit diesem Tröste kamen wir auch nach einer sechs-
stindlichten Festwandrung durch die Stadt bis hinaus in den
sogenannten Prater, wo man seitwerts nach hinten zu den
so sehr schönen Festblatz hergerichtet hatte. Besonders imboh-
sand machte sich die Festhalle, welche so groß ist, daß ich sic
Euch heute gar nicht mehr beschreiben kann und womit ich
bis auf das nächste Mal verbleibe

als Euer gelibtcr Fetter, Anverwandter u. s. w.

Graf.

(Fortsetzung folgt.)

Schwere Wahl.

„Was soll ich nun! Gehe ich heute Abend in den Club
dann schimpft meine Frau. Komme ick, nicht: dann hänseln
nüch morgen wieder meine College»!"
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Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Schwere Wahl"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

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Fund/Ausgrabung

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Restaurierung

Sammlung Eingang

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Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Lesen <Motiv>
Ehepaar <Motiv>
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Ehe
Karikatur
Freizeitgestaltung
Ehemann <Motiv>
Buch <Motiv>
Entscheidungsprozess
Satirische Zeitschrift

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1210, S. 95
 
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