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Noch eine Geschicht' vom Teufel.

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anfchaut und laut auflacht. Nach einer Weile sagt der Teufel:
„?rima lootio brovis ost, für heut' wär's genug, es könnt'
Ihnen sonst zu viel werden; kommen Sie morgen gegen Abend !
wieder hierher, da wollen wir fortfahren!"

Des anderen Tages, als der Herr Doctor feine gewöhn-
lichen Vorträge hält, können die Studenten gar nicht genug
staunen über die vielen ganz neuen, bisher ungekannten und
ungeahnten Dinge, die der Herr Doctor heute vorträgt. Es
ist, als wenn er geradezu Überläufe vor lauter Gelehrsamkeit, ;
und die Studenten haben alle Hände voll zu thun, um nur
einen Thcil seiner Weishcitskörner zu Papier zu bringen.

Am Abend geht der Doctor wieder in den Wald, wo der
Teufel ihn schön erwartet. Nach den gewöhnlichen unter Ge-
bildeten üblichen Begrüßungen wird die Lection fortgesetzt, wie
gestern, und so geht cs fort bis zum vierten Tage; da sagt
der Teufel beim Abschiede: „So, mit den Anfangsgründc» wären
wir nun so ziemlich fertig, morgen kommen wir zur Hauptsache!"

Dem Doctor brummt der Schädel über all' den seltsamen
Sachen, die er gehört, und cs wird ihm so dumm im Hirn,
wie einem Schaf, das den Drehwurm hat. „ Wenn das Alles >
erst die Anfangsgründc sind, wie wird es erst werden, wenn's an
die Hauptsache kommt," denkt er sich, und macht sich ganz
tiefsinnig auf den Heimweg. Wie er in seiner Studirstube

angclangt, und so nachdcnkt über Alles, was er in den letzten
Tagen erlebt hat, steigen ihm allerhand Scrupel auf, und diese j
vertraute Bekanntschaft mit dem Teufel fängt endlich an, ihm '
sehr bedenklich zu erscheinen. Er geht mit großen Schritten

aus und ab. „Ich trau' der Gcschicht' nicht, ich trau' nicht,
ich trau' nicht; da steckt am End' was ganz Anderes dahinter!
Es wär' wohl das erste Mal, daß der Teufel ehrlich wär'.

Die Hauptfach', hat er heut' gesagt, kommt erst. Am Ende >

ist die nichts Anderes, als daß er mir das Genick bricht und !
den Hals umdreht! wie er's schon so Vielen gethan; wenn ich
den verfluchten Kerl um Gottcswillen nur wieder angebracht hätt'! j
Aber wie dies anfangen, das ist eine schwere, kitzliche Sach',
wenn man sich mit dem Kerl einmal so tief eingelassen hat!"

So macht er sich allerlei Gedanken, und legt sich am '

Ende ganz tiefsinnig und traurig, weil ihm nichts einfällt, auf j

sein Bett und schläft richtig ein.'

Er mocht' wohl so gegen 2 Stunden geschlafen haben, da
fährt er auf einmal empor, reibt sich die Stirn, lacht und sagt:
„Wahrhaftig, so könnt's gehen- Das wär' ein Hauptspaß.
T'oi uq ix Sieg «m! Manchmal wenigstens!" Er legt sich ganz
vergnügt auf die andere Seite, und schlaft bis am Morgen.
Am Abend kommen sie wieder zusammen — der Teufel nämlich
und der Doctor — bei der Schwarzkiefer mit dem Löchel, in
dem der Teufel gesteckt war.

Eben will der, nach den gewöhnlichen Begrüßungen,
seine Lection beginnen, da sagt der Doctor zum Teufel: „Es
ist wirklich erstaunlich, was Sie Alles wißen, cs ist in der
That bewundernswürdig! Leider versteh' ich nicht Alles —
aber das Meiste doch — nur Eines kann ich durchaus nicht begreifen!"

„Und das wäre?" fragt der Teuscl.

„Das ist: wie Sic mit Ihrem dicken Bauch und Ihrem >

Mordsschädel mit den zwei Hörnern da in dem kleinen Löchel
haben d'rin stecken können!"

„Das ist ein ganz einfach Manöver, für Einen, der die
magische Zauberformel kennt. Wollen Sie einmal sehen, wie
das zugcht?"

„Das würde mich freilich sehr intcrcssiren, und ich wäre
Ihnen noch mehr verbunden. Gehen S', machen Sie's einmal!"

„Nun passen Sic auf!" sagt der Teufel, — macht allerlei
Grimassen, schneidet die wunderlichsten Gesichter und spricht:
„Isi, parisi, suavitatis, Stuhlmannsprax, rokes, bokes, beniko,
branizka, benaki, berlewerlewi, dradirum dum darum, meglia,
abracadabra!" Und nach jedem von diesen Worten wird er
immer kleiner und kleiner,- zuerst wie ein Kalb, dann wie ein
Hund, wie eine Katz, wie ein Ratz, am End' wie eine ganz
kleine Spitzmaus, und „schlupp!" ist er mit einem Ruck in dem Löchel.

In dem Augenblick zieht der Doctor aus seiner Rocktasch' einen
Hammer, und aus der anderen den Zapfen, haut den, unter
den Worten: „Führe — uns nicht — in Versuchung — sondern —
erlöse »ns — von dem Uebcl — so tief und fest in das Loch,

daß er mit der Rinde vom Baum ganz eben wird, und macht
mit einer weißen Kreide schließlich noch ein Kreuz darauf.

„So," sagt, der Doctor, „der kommt nimmer heraus, der
ist aufgehoben für seiner Lebtag'! dieses Mal haben wir ihn
doch erwischt, trotz all'. seiner Pfiffigkeit, den Herrn Teufel!
Gott sei Tausend und abermals Tausend Dank gesagt, daß er
mich von dem verdächtigen unheimlichen Kerl erlöst hat!" — und
macht sich ganz seelenvergnügt auf den Heimweg. So gut, so
ruhig hat er schon lang nicht mehr geschlafen als wie diese Nacht.

Des anderen Morgens geht der Herr Doctor wie gewöhn-
lich ins Collegium. Er stcigt gravitätisch auf den Katheder und
will anfangen zu dociren. Aber cs fällt ihm nichts ein; es ist

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Noch eine Geschicht' vom Teufel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Teufel <Motiv>
Hammer
Schläue <Motiv>
Karikatur
Arzt <Motiv>
Handgeste
Dreispitz
Schwarzkiefer
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 62.1875, Nr. 1543, S. 51
 
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