Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Fliegende Blätter — 66.1877 (Nr. 1641-1666)

DOI Heft:
Nr. 1645
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3305#0038
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bestellungen werden in allen B » ch- und K n n st- ^

5. Handlungen, sowie von allen Postämtern und M.TV45»

A c i t n n g S e x p c d i t i o n e n angenommen.

Erscheinen wöchentlich einmal. Preis des Bandes

(26 Nummern) 6 Mark 70 Pfg., cxcl. Porto tciLXVI. Dd.

directem Bezug. Einzelne Nummer 30 Pfennige.

Kaspar Herbst war ein großer Linguist. Was nur am
Himmel und ans Erden sichtbar, wußte er in fast zwanzig
Sprachen zu benennen, sonst aber kümmerten ihn alle Dinge
der Welt blutwenig. Sein enges Stübchen war seine ganze
Welt. Hier hockte er Tage, Wochen, Monate lang, sehr ver-
drießlich, wenn ihn irgend ein Geschäft von seinem mit Büchern
und Manuscripten überdeckten Schreibtische abries. Mit allen
Buchhändlern 'Europas stand er iu Verbindung; er übersetzte
Romane und Gedichte, geographische, historische und mathematische

Werke. Ueberall war er zu Hause, obgleich er, wie gesagt,
aus seinen vier Wänden nur in den seltensten Fällen herauskam.

Vor mehreren Jahren von seinem Geburtsorte, einem stillen
Dörfchen, in die Stadt gekommen, um seinen Studien obznliege»,
hatte er seitdem bei seinem linguistischen Temperament nie den
Drang gefühlt, seine Hcimnth zu besuchen. Alle drei Monat
einmal schrieb er eine» Brief an seine Verwandten, und konnte
dann einer pünklicheu Antwort gewärtig sein. Sehr ärgerlich war
; es ihm aber, wenn ein überzähliges, unerwartetes Schreiben ihm
irgend ein Ereigniß meldete. Er war nämlich ein abgesagter
Feind von Ereignissen, und am liebsten wäre es ihm gewesen,
wenn die Uhr der Zeit gar keine Zeiger gehabt hätte. Die
Zeit steht aber nicht stille und es Pflegt auch Manches in ihr
zu passiren. So kam cs denn eines Tages, daß die alte Witt-
frau, bei welcher Kaspar Herbst seit dem ersten Tage seines
Aufenthaltes iu der Stadt ein Zimmer in Micthc hatte, nach
kurzem Krankenlager in ein besseres Jenseits hinüberging. Der
Tod der guten Alten ging ihm sehr zu Herzen, denn er mußte
sich nun — um eine neue Wohnung kümmern. Schrecklicher
Gedanke! Nie war cs ihm auch nur entfernt in den Sinn ge-
kommen, daß alte Weiber sterben können.

Eine Woche seines Lebens war in die Brüche gegangen,
bis er sich wieder in einem neuen Asyl zu sammeln begann;
nicht lange aber sollte er sich der kaum wiedergewonnenen Ruhe
erfreuen. Die Schicksalsmächte, die so lange von seinem ver-
borgenen Dasein keine Kenntnis; zu haben schienen, hatten ihn end-
lich in seinen verborgenen Schlupfwinkeln aufgestöbert, und »wollten
vermuthlich, was sie an ihm versäumt, um so rascher nachholen.

Mit ruhigem Gcmüthe war er Nachts einmal in seinen ge-
wöhnlichen guten Schlaf gesunken, kein banger Traum hatte
sein Herz in rascher» Gang gebracht, der Gott der Träume

5
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Linguist"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Tintenfass
Linguist
Stuhl <Motiv>
Karikatur
Buch <Motiv>
Schreiben <Motiv>
Schreibtisch
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 66.1877, Nr. 1645, S. 33
 
Annotationen