Grobe
anzuichauen! Der Wurzelsepp war ganz entzückt, so daß er in
der Zerstreutheit die brennende Cigarre verkehrt in den Mund
steckte.
„Au!" sagt der Wurzelsepp und wirft die Cigarre weit von
sich, daß die Funken umherfliegen. Er hätte vor Schmerz laut auf-
schreien mögen, indeß that er es nicht, denn vor ihm und hinter ihm
gingen gar noble Leute, und der Wurzelsepp hielt auch etwas auf
Anstand und gute Sitte. Gerne hätte er jetzt seine Zunge gesehen,
ob nicht vielleicht die Malefiz-Cigarre an ihr einen größeren Schaden
angerichtet. „Schau, schau", sagt er im Vorwärtsgehen, „da gibt's
ja Spiegel g'uug", und indem er vor einem Schaufenster stehen
blieb, streckte er die Zunge heraus.
Hinter dem Schaufenster, d'rin im Gewölbe — saß Fräulein
Adele, welche bei dem sonderbaren Anblick/ der ihr geboten wurde,
ganz entrüstet sich erhob und dem Ladendiener.befahl, den ver-
wegenen Kerl davonzujagen.
Der Wurzelsepp schüttelt erstaunt das Haupt. „Ha", meint
er, „dort drüben ist ja auch ein Schaufenster." Dann schreitet er
dem gegenüberliegenden Laden zu, stellt sich in Positur und streckt
abermals seine Zunge heraus.
„Verfluchter Kerl", sagt der Commis, Wurzelsepp am Arm
fassend. „Wollen Sie vielleicht die Leute foppen? Drüben haben
' ’.e auch die Zunge herausgestreckt, — gleich werde ich Sie arretiren
lassen!" Der Wurzelsepp schreitet ärgerlich weiter. „Was sind das
>ür grobe Leut'", sagt er im Selbstgespräche, „kümmern sich darum,
wenn sich einer die Zung' verbrennt!" Doch bald bleibt er wieder
l>or einem Schaufenster stehen, in dessen Auslage eine riesige Glas-
kugel ausgestellt ist.
„Herrgott, is d i e aber g'schwoll'n!" jammert der Sepp, seine
Leut'. 39
unheimlich vergrößerte Zunge ängstlich in der Kugel betrachtend —
bis ihn schließlich ein Kopfstück zur Besinnung brachte.
Unterdessen hatte sich eine bedeutende Menschenmenge vor
dem Geschäftsladen angesammelt. Auch ein Wachmann war er-
schienen, um den Wurzelsepp zu arretiren. Der Arme! Man hat
ihn freilich gleich wieder entlassen, aber gesagt hat man ihm,
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anzuichauen! Der Wurzelsepp war ganz entzückt, so daß er in
der Zerstreutheit die brennende Cigarre verkehrt in den Mund
steckte.
„Au!" sagt der Wurzelsepp und wirft die Cigarre weit von
sich, daß die Funken umherfliegen. Er hätte vor Schmerz laut auf-
schreien mögen, indeß that er es nicht, denn vor ihm und hinter ihm
gingen gar noble Leute, und der Wurzelsepp hielt auch etwas auf
Anstand und gute Sitte. Gerne hätte er jetzt seine Zunge gesehen,
ob nicht vielleicht die Malefiz-Cigarre an ihr einen größeren Schaden
angerichtet. „Schau, schau", sagt er im Vorwärtsgehen, „da gibt's
ja Spiegel g'uug", und indem er vor einem Schaufenster stehen
blieb, streckte er die Zunge heraus.
Hinter dem Schaufenster, d'rin im Gewölbe — saß Fräulein
Adele, welche bei dem sonderbaren Anblick/ der ihr geboten wurde,
ganz entrüstet sich erhob und dem Ladendiener.befahl, den ver-
wegenen Kerl davonzujagen.
Der Wurzelsepp schüttelt erstaunt das Haupt. „Ha", meint
er, „dort drüben ist ja auch ein Schaufenster." Dann schreitet er
dem gegenüberliegenden Laden zu, stellt sich in Positur und streckt
abermals seine Zunge heraus.
„Verfluchter Kerl", sagt der Commis, Wurzelsepp am Arm
fassend. „Wollen Sie vielleicht die Leute foppen? Drüben haben
' ’.e auch die Zunge herausgestreckt, — gleich werde ich Sie arretiren
lassen!" Der Wurzelsepp schreitet ärgerlich weiter. „Was sind das
>ür grobe Leut'", sagt er im Selbstgespräche, „kümmern sich darum,
wenn sich einer die Zung' verbrennt!" Doch bald bleibt er wieder
l>or einem Schaufenster stehen, in dessen Auslage eine riesige Glas-
kugel ausgestellt ist.
„Herrgott, is d i e aber g'schwoll'n!" jammert der Sepp, seine
Leut'. 39
unheimlich vergrößerte Zunge ängstlich in der Kugel betrachtend —
bis ihn schließlich ein Kopfstück zur Besinnung brachte.
Unterdessen hatte sich eine bedeutende Menschenmenge vor
dem Geschäftsladen angesammelt. Auch ein Wachmann war er-
schienen, um den Wurzelsepp zu arretiren. Der Arme! Man hat
ihn freilich gleich wieder entlassen, aber gesagt hat man ihm,
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Grobe Leut´"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1892
Entstehungsdatum (normiert)
1887 - 1897
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 96.1892, Nr. 2427, S. 39
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg