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Man hielt ihm das Gefährliche seines Unterfangens vor;
man sagte ihm, wie viele brave Männer bereits den Versuch
gewagt, denselben jedoch ausnahmslos mit ihren Köpfen bezahlt
hätten. Der Fremdling aber ließ sich nicht im geringsten ein-
schüchtern, sondern begehrte, vor den Chalifen gebracht zu werden.
Er erwies sich als ein Mann von höchst ruhigem, kaltblütigem
und methodischem Wesen, und nachdem alles Nothwendige ver-
einbart und festgestellt war — die Quantität und Qualität der
ihm zu gewährenden Beköstigung, einschließlich der Getränke,
die Dauer der Ruhepausen, der Schlafzeit und was sonst noch
zu des Lebens Nothdurst gehört — begann er folgendermaßen
seine Geschichte:

war einmal ein Chalis, der sich für sein Leben gern
Geschichten erzählen ließ, was bekanntlich eine Liebhaberei vieler
Chalifen gewesen sein soll. Er widmete diesem Vergnügen seine
ganze Zeit, konnte aber dennoch niemals so recht voll und satt
daran werden. Die Höflinge gaben sich die erdenklichste Mühe,
ihn zufrieden zu stellen, jedoch vergebens. Je mehr er hörte,
desto mehr wollte er hören. Endlich ließ er im ganzen Lande
verkünden, daß der Mann, der ihm eine immerwährende Ge-
schichte zu erzählen wüßte, die Prinzessin, seine einzige Tochter,
zum Ehegemahl und dazu sein ganzes Reich als Erbe erhalten
solle; unterstände sich jedoch Einer, ihm mit, einer Geschichte zu
kommen, die doch einmal alle würde, so solle er ohne Gnade
und Barmherzigkeit um einen Kopf kürzer gemacht werden.

Eine schöne Prinzessin und ein großes Chalifenreich sind
ein Preis, der nicht zu verachten ist. Es meldeten sich daher
gar viele Candidaten, die zum Theil auch ganz erschrecklich lange
Geschichten zu erzählen wußten. Einige währten eine Woche,
andere einen Monat, noch andere sogar sechs Monate. Man
kann sich leicht denken, daß die armen Teufel ihre Erzählungen
so lang als nur irgend möglich ausspannten, hinzerrten und
reckten, aber alle Bemühungen waren umsonst; früher oder später
mußten sie doch zum Schluß komme», und so verstel Einer nach
dem Andern dem Beile des Henkers.

Endlich meldete sich ein Mann, welcher behauptete, dem
Chalifen eine Geschichte erzählen zu können, die niemals zu
Ende ginge, wenn Seine Majestät nur die Gnade haben wollte,
den Versuch mit ihm zu machen.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Chalif und die Heuschrecken"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Vogel, Hermann
Entstehungsdatum (normiert)
1891 - 1891
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Erbe <Person>
Prinzessin
Geschichte <Motiv>
Reich
Kalif
Affen <Motiv>
Erzähler <Motiv>
Palast <Motiv>
Vergnügen
Karikatur
Langeweile <Motiv>
Heuschrecken <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 96.1892, Nr. 2427, S. 43

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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