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Der Ideal-Krieg.

entsprechenden Knopf im Hanptapparat genügt und eine Armee von
vollständig kriegsbereiten, elektrischen Scharfschütze» springt im Nu
an der bedrohten Grenze aus der Erde, ohne Lärm oder Aufsehen
zu erregen, so daß der gewöhnliche Bürgersmann gar nicht merkt,
was vorgeht und der Verkehr im Innern des Landes keinerlei
Stockung erfährt.

Behaglich und ohne sich zu echauffiren sitzen die Leiter der
einzelnen, dem Generalcommando untergeordneten Bertheidigungs-
stationen an ihren Apparaten und warten ab, welche Bewegungen
der Feind unternimmt. Derselbe wird sich natürlich zu nähern
suchen, aber bald erkennen, daß er es mit einen: sehr unheimlichen
Gegner zu thun hat. Tenn unheimlich muß es ihm Vorkommen,
wenn von den Mannschaften der ausgesandten Recognoscirungs-
abtheilungen keine Seele mehr znrückkehrt. Vorsichtig wird man
die Sache untersuchen und entdecken, daß das ganze Terrain mit
Metalldräthen überzogen ist, durch die ein mächtiger, elektrischer
Strom läuft, der jede Annäherung von Menschen und Thieren un-
nachsichtlich mit dem Tode bestraft.

„Das ist ein sehr lästiger Schabernack", wird man im feind-
lichen Hauptquartier sagen, sich aber natürlich nicht abhaltcn lassen,
nach Beseitigung des Hemmnisses weiter vorzudringen. Da auf

einmal aber prasselt ein Hagel von Geschossen in die Reihen der
Anrückenden. Die Drahtsoldaten haben aus ihren elektromagnet
ischen Kugelspritzen ein furchtbares Schnellfeuer eröffnet und der
Feind, verwundert, nirgends ein lebendes Wesen zu sehen, das er
auf's Korn nehmen könne, läßt im Hinblick auf die bedenkliche
Situation, in der er sich befindet, schleunigst zum Rückzug blase».

Sofort wird im feindlichen Lager großer Kriegsrath gehalten
und über den seltsamen Gegner hin und her debattirt. Man zer-
bricht sich vergeblich den Kopf, wie es möglich sein kann, daß man
eine so jämmerliche Schlappe erleidet, noch bevor man die sonder-
baren Helden zu Gesicht bekommen — da sprengt noch kurz vor Be-
endigung der Conferenz ein Oberst heran, in der Hand die Lösung
des Räthsels in Gestalt eines Drahtsoldaten und bittet beim Höchst-
commandirenden um die Erlaubniß, reden zu dürfen. Bereitwilligst
ertheilt man ihm das Wort.

„Meine Herren", spricht der Oberst, „wir wissen nun, woran
wir sind. Sehen Sie, dies sind die Soldaten, mit denen wir uns
herumschlagen sollen. Man hat mir soeben dieses Exemplar ge-
wissermaßen als Hohn in's Vorpostenlager gesandt mit dem Bemerken:
davon stünden zehn Millionen im Lande, und was ihre Leistungs-
fähigkeit im Schießen beträfe, so hätten wir ja wohl an der kleinen
Probe, die wir bekommen, genug!"

„Aber das Ding bewegt sich ja gar
nicht!" bemerkt der Chef des Kriegsraths.

„Besorgt die Elektricität, Herr Feld-
marschall!" antwortet der Oberst.

„Elektricität!" rufen Alle wie aus einem
Munde, und der Feldmarschall fährt im
Tone höchster Erregung fort: „Blitz und
Donner über solche Erfindungen! Dann
sind wir ja vollständig überflüssig, meine
Herren! . . . Natürlich werde ich, wenn die
Sache so steht, noch heute meinen Abschied
einreichen, denn gegen Maschinen zu kämpfen,
das ist eines Soldaten unwürdig!"

„Um so mehr", fährt ergänzend der
Oberst fort, „als das Kriegführen nun über-
haupt keine Kunst mehr ist — das kann ja
jetzt der erste beste Telegraphist besorgen!"

Stumm und resignirt hört der Kriegs- [
rath diese Worte an. Zwar würde er gern
noch einmal für einen verzweifelten Vor-
marsch stimmen, uni das alte System vor
dem Untergang zu retten, aber da trifft
auch schon eine Ordre der Regierung ein,
welche in Erwägung der ihr zugegangenen
Mittheilungen über die Stärke des Gegners,
den sofortigen Rückzug des Heeres befiehlt.
Und es dauert nicht lange, so folgt die weitere
Ordre, welche die Armee auflöst und an ihre
Stelle, dem Nachbarstaate gleich, die elek-
trische Wehrkraft einführk. Da diese nur in
der Vertheidigung anzuwenden ist, so yud
Offensivkriege fernerhin unmöglich und der
„Traum vom ewigen Frieden" ist dann >"
ziemlich verwirklicht, vorausgesetzt, daß nicht
die Erfindung lenkbarer Luftmaschinen oder
einer sonstigen Teufelei den matt gesetzte"
Kriegsgott wieder flügge macht. ^ £t^
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Ideal-Krieg"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsdatum (normiert)
1892 - 1892
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Krieg <Motiv>
Soldat <Motiv>
Kriegführung
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 96.1892, Nr. 2441, S. 166
 
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