Bemerkenswert ist wiederum der älteste Straßen-
schichtbefund (Basis auf dem anstehenden festen Sand
bei NN 71,90 m, d. h. 0,80/0,90 m unter OK Grabungs-
zeit; Mächtigkeit 0,20—0,25 m), der aufgrund der
Scherbeneinschlüsse frühestens in das 12. Jh. datiert
werden kann, obgleich das Siedlungsgebiet älter sein
muß (vgl. entsprechende Straßenbeobachtungen über
fehlende ältere Straßenschichten der Stgr. 6, 9,64 u. a.).
In einer südlich anschließenden Profilflucht an die
Ostmauer der Michaelis-Kirche (auf ca. 18 m Länge
und 1,70 m Tiefe bis auf den anstehenden Sand) wurde
eine grubenhausartige Eintiefung angeschnitten, aus
deren Verfüllung — möglicherweise in Zusammenhang
mit der Errichtung des Gründungsbaues von St. Mi-
chael im Jahre 1157 - größere Gefaßscherben der
gelben Irdenware und der älteren grauen Irdenware
stammen (Abb. 83).
Ferner wurden Fundamentbefunde der wohl im 14. Jh.
errichteten Außenmauer des südlichen Seitenschiffs
der Hallenkirche aufgenommen (Dorn 1978,237 f.) und
Bestattungen des mittelalterlichen Friedhofs, der für
Fremde, Verbannte und Arme vorgesehen war, erfaßt.
Es befinden sich darunter Skelette/Skeletteile, deren
Schädel Schußverletzungen aufweisen.
63
UB V/83:15 / Hinter Aegidien 2-3 / Fl. 4; Fist. 412/1,
412/4, 413 / ass. 43, 44 / achter sunter Ylien (1402).
Objektgrabung auf 543 m2 vom 16. 9. bis 5.10.1983.
Die Untersuchungsmöglichkeiten, in letzter Minute
noch zu nutzen, mußten auf drei Aufgaben beschränkt
werden, die sich in der westlichen der beiden Baugru-
ben stellten.
1. Als Höhenpunkt für OK anstehenden Sand der
Niederterrasse, deren Verlauf am westlichen Rand der
westlichen Baugrube aufgenommen werden konnte,
wurde ein NN-Wert von 69,10 m festgemacht. Entlang
der Südkante der beiden Baugruben gelang es, einen
rd. 40 m langen Höhenschnitt der hier relativ steil
ansteigenden Oberfläche bis auf NN 73 m aufzuneh-
men. Es handelte sich um den Hangfuß der ehern,
mindestens 77 m ü. NN hohen Sandkuppe, auf der um
1115 das Aegidienkloster erbaut worden ist. Die mit-
telalterliche Ufergrenze verlief wahrscheinlich auf der
69 m-Höhenlinie.
2. Die vorläufige dendrochronologische Datierung
des Gründungssystems für ein Gebäude, dessen west-
liche Grundmauer auf mindestens zwei leiterartig ge-
rahmten Eichenholzrosten in die angrenzende Oker-
niederung gesetzt worden ist, lautet 1365 (Tab. 9, S.
56, unter G 376, nach H. Leuschner 1984). Die Kanten-
länge der mit senkrecht eingeschlagenen, angespitzten
Rundholz-Spickpfählen aufgefüllten Gitterfelder be-
trägt 1,30 m. Vergleichbare Gründungssysteme wur-
den 1976 unter dem Westbau von St. Katharinen am
Hagenmarkt aus dem 13. Jh. (Dorn 1980, 132), ferner
1956/72 in der Altenwiek unter Teilen der Hallenkir-
che von St. Magni, die wohl aus dem frühen 14. Jh.
stammen (Dorn 1978, 228 f.) sowie im Frühjahr 1984
in Gifhorn (Nicolai-Hof) im Umfeld des neuzeitlichen
Schloßbaues beobachtet (Holzproben im IfD - BS,
Kantenlängen der Gitterfelder 1,30 x 1 m, nach B.
Wendrich).
3. Eingehender zu untersuchen war in der SO-Ecke
der westlichen Baugrube ein mit Formsteinen trocken
aufgesetzter, innen runder, außen polygonaler Brun-
nenschacht auf verblattetem, breiten Schwellrahmen.
Der Schacht hatte einen Durchmesser von 1,20 m bei
einer Tiefe von etwa 3,50 m und war mit einer Schucke-
pumpe ausgestattet worden (vgl. Brunnentypen Abb.
21, S. 50, Typ VII).
Das keramische Fundmaterial aus Baugrube und Ver-
füllung datiert den Brunnenschacht in das 17. Jh. Es
fand sich darin u.a. Thüringer Steinzeug mit weiß-
grauem Scherben und hellbrauner, salzglasierter Ober-
fläche, auf deren Wandung Rosettenmuster einge-
schnitten sind, die von kobaltblau bemalten Beeren-
noppen umgrenzt werden (Altenburger Steinzeug,
Mitte 17. Jh.).
Die Technik der Schuckepumpe ist um 1670 archiva-
lisch belegt (Appelt u. Müller 1964, 34), jedoch inzwi-
schen dendrochronologisch bereits für die Mitte des
16. Jhs. nachgewiesen (Tab. 9, S. 56, unter G 369:
1558 ± 6).
64
UB IV / 83:16 / Im Straßenbereich Ritterstraße vor Nr. 29,
30, 31 und Klint vor Nr. 1, 38 / Fl. 4; Fist. 435/1 / vor
ass. 2477 bis 2479, 2480, 2527 / Ridderstrate (1449).
Befunderhebung auf 90 m2 am 30. 9.1983.
Im Zuge von Tiefbauarbeiten für eine Fernwärmelei-
tung der Stadtwerke ließen sich auf der Ritterstraße in
Höhe Kreuzung Klint ca. 0,45 m unter OK Asphalt
sandig-humose, ungestörte ca. 0,30—0,40 m mächtige
Straßenschichten bzw. Straßenrinnen des 13. Jhs. als
ältester Befund ermitteln. Hangerosion bzw. Sand-
gewinnungsmaßnahmen für die großflächigen Auf-
schüttungsvorgänge im 12. Jh. können die an sich
anzunehmenden noch älteren Straßenschichten abge-
tragen haben. Jüngere, hellsandige Straßenbefunde er-
wiesen sich als neuzeitlich bzw. modern gestört und
vermischt.
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schichtbefund (Basis auf dem anstehenden festen Sand
bei NN 71,90 m, d. h. 0,80/0,90 m unter OK Grabungs-
zeit; Mächtigkeit 0,20—0,25 m), der aufgrund der
Scherbeneinschlüsse frühestens in das 12. Jh. datiert
werden kann, obgleich das Siedlungsgebiet älter sein
muß (vgl. entsprechende Straßenbeobachtungen über
fehlende ältere Straßenschichten der Stgr. 6, 9,64 u. a.).
In einer südlich anschließenden Profilflucht an die
Ostmauer der Michaelis-Kirche (auf ca. 18 m Länge
und 1,70 m Tiefe bis auf den anstehenden Sand) wurde
eine grubenhausartige Eintiefung angeschnitten, aus
deren Verfüllung — möglicherweise in Zusammenhang
mit der Errichtung des Gründungsbaues von St. Mi-
chael im Jahre 1157 - größere Gefaßscherben der
gelben Irdenware und der älteren grauen Irdenware
stammen (Abb. 83).
Ferner wurden Fundamentbefunde der wohl im 14. Jh.
errichteten Außenmauer des südlichen Seitenschiffs
der Hallenkirche aufgenommen (Dorn 1978,237 f.) und
Bestattungen des mittelalterlichen Friedhofs, der für
Fremde, Verbannte und Arme vorgesehen war, erfaßt.
Es befinden sich darunter Skelette/Skeletteile, deren
Schädel Schußverletzungen aufweisen.
63
UB V/83:15 / Hinter Aegidien 2-3 / Fl. 4; Fist. 412/1,
412/4, 413 / ass. 43, 44 / achter sunter Ylien (1402).
Objektgrabung auf 543 m2 vom 16. 9. bis 5.10.1983.
Die Untersuchungsmöglichkeiten, in letzter Minute
noch zu nutzen, mußten auf drei Aufgaben beschränkt
werden, die sich in der westlichen der beiden Baugru-
ben stellten.
1. Als Höhenpunkt für OK anstehenden Sand der
Niederterrasse, deren Verlauf am westlichen Rand der
westlichen Baugrube aufgenommen werden konnte,
wurde ein NN-Wert von 69,10 m festgemacht. Entlang
der Südkante der beiden Baugruben gelang es, einen
rd. 40 m langen Höhenschnitt der hier relativ steil
ansteigenden Oberfläche bis auf NN 73 m aufzuneh-
men. Es handelte sich um den Hangfuß der ehern,
mindestens 77 m ü. NN hohen Sandkuppe, auf der um
1115 das Aegidienkloster erbaut worden ist. Die mit-
telalterliche Ufergrenze verlief wahrscheinlich auf der
69 m-Höhenlinie.
2. Die vorläufige dendrochronologische Datierung
des Gründungssystems für ein Gebäude, dessen west-
liche Grundmauer auf mindestens zwei leiterartig ge-
rahmten Eichenholzrosten in die angrenzende Oker-
niederung gesetzt worden ist, lautet 1365 (Tab. 9, S.
56, unter G 376, nach H. Leuschner 1984). Die Kanten-
länge der mit senkrecht eingeschlagenen, angespitzten
Rundholz-Spickpfählen aufgefüllten Gitterfelder be-
trägt 1,30 m. Vergleichbare Gründungssysteme wur-
den 1976 unter dem Westbau von St. Katharinen am
Hagenmarkt aus dem 13. Jh. (Dorn 1980, 132), ferner
1956/72 in der Altenwiek unter Teilen der Hallenkir-
che von St. Magni, die wohl aus dem frühen 14. Jh.
stammen (Dorn 1978, 228 f.) sowie im Frühjahr 1984
in Gifhorn (Nicolai-Hof) im Umfeld des neuzeitlichen
Schloßbaues beobachtet (Holzproben im IfD - BS,
Kantenlängen der Gitterfelder 1,30 x 1 m, nach B.
Wendrich).
3. Eingehender zu untersuchen war in der SO-Ecke
der westlichen Baugrube ein mit Formsteinen trocken
aufgesetzter, innen runder, außen polygonaler Brun-
nenschacht auf verblattetem, breiten Schwellrahmen.
Der Schacht hatte einen Durchmesser von 1,20 m bei
einer Tiefe von etwa 3,50 m und war mit einer Schucke-
pumpe ausgestattet worden (vgl. Brunnentypen Abb.
21, S. 50, Typ VII).
Das keramische Fundmaterial aus Baugrube und Ver-
füllung datiert den Brunnenschacht in das 17. Jh. Es
fand sich darin u.a. Thüringer Steinzeug mit weiß-
grauem Scherben und hellbrauner, salzglasierter Ober-
fläche, auf deren Wandung Rosettenmuster einge-
schnitten sind, die von kobaltblau bemalten Beeren-
noppen umgrenzt werden (Altenburger Steinzeug,
Mitte 17. Jh.).
Die Technik der Schuckepumpe ist um 1670 archiva-
lisch belegt (Appelt u. Müller 1964, 34), jedoch inzwi-
schen dendrochronologisch bereits für die Mitte des
16. Jhs. nachgewiesen (Tab. 9, S. 56, unter G 369:
1558 ± 6).
64
UB IV / 83:16 / Im Straßenbereich Ritterstraße vor Nr. 29,
30, 31 und Klint vor Nr. 1, 38 / Fl. 4; Fist. 435/1 / vor
ass. 2477 bis 2479, 2480, 2527 / Ridderstrate (1449).
Befunderhebung auf 90 m2 am 30. 9.1983.
Im Zuge von Tiefbauarbeiten für eine Fernwärmelei-
tung der Stadtwerke ließen sich auf der Ritterstraße in
Höhe Kreuzung Klint ca. 0,45 m unter OK Asphalt
sandig-humose, ungestörte ca. 0,30—0,40 m mächtige
Straßenschichten bzw. Straßenrinnen des 13. Jhs. als
ältester Befund ermitteln. Hangerosion bzw. Sand-
gewinnungsmaßnahmen für die großflächigen Auf-
schüttungsvorgänge im 12. Jh. können die an sich
anzunehmenden noch älteren Straßenschichten abge-
tragen haben. Jüngere, hellsandige Straßenbefunde er-
wiesen sich als neuzeitlich bzw. modern gestört und
vermischt.
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