1 Einführung
1.1 Zweckbestimmung
Im Jahre 1977 hat Heinrich Riebeling, Frankfurt, eine richtung-
weisende Inventarisation hessischer Flurdenkmale vorgelegt,
die seither den vielfältigen Aufgaben der Historiker und inter-
essierten Laien als Arbeitshilfe dient.
Das vorliegende Handbuch für Niedersachsen, Bremen und
Hamburg dient dem gleichen Ziel. Es hält sich dank des freund-
lichen Entgegenkommens von H. Riebeling an den Aufbau des
Hessenbandes. Für die Standortbestimmung der Denkmale
durch die Rechts- und Hochwerte auf den Topographischen
Karten 1:25000 (TK 25) wurde Heinrich Riebelings Anleitung
zur Inventarisation von Flurdenkmalen herangezogen.
Die Inventarisation der niedersächsischen Flurdenkmale tritt an
die Stelle der Bestandsaufnahme von Adolf Hoffmann von 1935.
Sie ergänzt sie in vielen Teilen.
So konnte im nordniedersächsischen Raum durch G. E. H. Bau-
mann eine Vielzahl vorhandener und abgegangener Flurdenk-
male nachgewiesen werden; ebenso konnten u. a. weitere Denk-
male auch im Lingener und Harzer Raum aufgenommen wer-
den.
1.2 Entwicklung der Flurdenk-
malforschung in Niedersachsen
Die Flurdenkmal- bzw. Kleindenkmalforschung setzt in unse-
rem Land mit Beginn des 18. Jahrhunderts ein. Antiquare und
Rechtskundler haben Hinweise auf diese „Alterthümer“ gesam-
melt und sie in ihre Kollektaneen aufgenommen, so u.a. Re-
decker (1723-1764), Baring (1744), Gebhardi (1770) und Hassel
(1780). Aber auch in Veröffentlichungen zur Landes- und Orts-
geschichte der damaligen Territorien im heutigen niedersäch-
sischen Gebiet stoßen wir schon früh auf Berichte und Aufsätze
in Zeitschriften und Magazinen, in denen Steinkreuze, Kreuz-
und Denksteine erwähnt werden. Hinzu kommen dann die von
bekannten Volkstumsforschern zusammengetragenen Samm-
lungen von Sagen und Märchen, wie zum Beispiel die Werke von
Harrys (1862), Kuhn und Schwartz (1848), Freudenthal (1890),
Schambach und Müller (1855), Köster (1858), Seifart (1860), Ey
(1862), Görges (1881), Crone (1883), Weichelt (o.J.), Voges
(1895) und Bube (1899), um nur die populärsten Arbeiten aus
jener Epoche zu nennen. Auch den Heimatdichter Hermann
Löns haben Steinkreuz und Kreuzstein angeregt, wie es sein
Gedicht „Es steht ein Stein am Wege“ und Forschungen zum
sogenannten „Nonnenkreuz“ am Wahrberge bei Barbis am Harz
bezeugen. Wie aus den Literaturhinweisen dieses Buches ersicht-
lich ist, steigt zu Beginn unseres Jahrhunderts die Zahl der
Beiträge zum Flurdenkmalthema im provinzialhannoverschen
Schrifttum auffallend an. Es kommt zu ersten Versuchen regio-
naler Inventarisierungen mit genauen Angaben über Ort und
Abmessungen. Auch der Erhaltungszustand der Objekte wird
erörtert. Gedanken über akute oder baldmögliche Gefährdung
der oft einsam in Wald und Feld wie an Straßenrändern stehen-
den und von Verwitterung und Schäden in Mitleidenschaft
gezogenen Steinmaie werden laut. Versetzung nach Flurreform
wird vorgeschlagen; sie schließt aber infolge meist vorhandener
Unkenntnis der Bedeutung der Flurdenkmale deren Diebstahl
nicht aus. Es wird zu diesem Zeitpunkt notwendig, daß man sich
auch behördlicherseits um deren Schutz und Erhaltung bemüht.
H.W. H. Mithoff und seine Nachfolger, von der preußischen
Provinzialregierung Beauftragte und Herausgeber amtlicher
Kunstdenkmalinventare für einzelne Landesteile Hannovers
und parallele Werke für die Staaten Braunschweig, Oldenburg
und Schaumburg-Lippe erfassen nunmehr die bis dahin be-
kanntgewordenen Steinkreuze und Kreuzsteine sowie historisch
bedeutende und handwerklich interessante Denksteine. Sie er-
wähnen auch in einigen Fällen bereits zerstörte oder verschol-
lene Exemplare. Die Inventare der Kunstdenkmale, obwohl im
Druck veröffentlicht, erreichen nur einen begrenzten Personen-
kreis. Ihre Unvollständigkeit verhindert, daß eine wirksame
Überwachung der Flurdenkmale, was Schutz und Erhaltung
derselben angeht, gewährleistet ist. Durch die oft recht einsam
gelegenen Standorte ist auch innerhalb der Bevölkerung das
Wissen um diese alten Male sehr gering. Auch die Rechtslage
ist unklar. Denkmalschutz wird umfassend in Oldenburg zuerst
1911, in Braunschweig 1934, für ganz Niedersachsen erstmals
1974 in der Landesbauordnung und 1978 in einem eigenen
Gesetz geregelt. Es erscheint uns heute im Rückblick auf frühere
Verwaltungsregelungen, insbesondere die ab 1866 auch für
Hannover gültigen preußischen, und das Verunstaltungsgesetz
von 1907 sehr fraglich, ob man sich seinerzeit der vollen Bedeu-
tung der uns hier speziell interessierenden Denkmale bewußt
gewesen ist, waren sie doch meist schlicht, angewittert, oft
beschädigt und befanden sich häufig an entlegenen Standorten.
Tatsache ist ferner, daß in den Verordnungen selten ein direkter,
auf Kreuzsteine und Steinkreuze anwendbarer Bezug zum Aus-
druck gebracht wird. Und noch in den Berichten über die
Wirksamkeit der Denkmalpflege in der Provinz Hannover seit
Beginn unseres Jahrhunderts, ist wenig Fortschrittliches in die-
ser Hinsicht zu spüren.
Eine erste und für längere Zeit auch einzige, größere Gebiete
des Landes und deren Bestände erfassende Flurdenkmalauf-
nahme gelingt Adolf Hoffmann. Dieser bereits damals im sieb-
ten Lebensjahrzehnt stehende hannoversche Heimatforscher
schuf mit seinem im Jahre 1935 im Verlag August Lax, Hildes-
heim und Leipzig, erschienenen Buch, betitelt „Die mittelalter-
lichen Steinkreuze, Kreuz- und Denksteine in Niedersachsen“,
eine erste Grundlage zur gezielten Inventarisation dieser Flur-
denkmalgruppe. Unterlagen aus dem oben erwähnten Schrift-
tum und Ergebnisse eigener mühsamer Ermittlungen an Ort
und Stelle ermöglichten ihm die Registrierung von damals 236
vorhandenen, 73 bereits schon verschollenen Steinkreuzen und
Kreuzsteinen sowie 17 zeitlich zwar jüngeren, kunsthistorisch
interessanten Denk- oder Memorialsteinen. Erfaßt worden ist
das Gebiet der preußischen Provinz Hannover sowie der Lande
Braunschweig und Schaumburg-Lippe. Dagegen blieben alle
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1.1 Zweckbestimmung
Im Jahre 1977 hat Heinrich Riebeling, Frankfurt, eine richtung-
weisende Inventarisation hessischer Flurdenkmale vorgelegt,
die seither den vielfältigen Aufgaben der Historiker und inter-
essierten Laien als Arbeitshilfe dient.
Das vorliegende Handbuch für Niedersachsen, Bremen und
Hamburg dient dem gleichen Ziel. Es hält sich dank des freund-
lichen Entgegenkommens von H. Riebeling an den Aufbau des
Hessenbandes. Für die Standortbestimmung der Denkmale
durch die Rechts- und Hochwerte auf den Topographischen
Karten 1:25000 (TK 25) wurde Heinrich Riebelings Anleitung
zur Inventarisation von Flurdenkmalen herangezogen.
Die Inventarisation der niedersächsischen Flurdenkmale tritt an
die Stelle der Bestandsaufnahme von Adolf Hoffmann von 1935.
Sie ergänzt sie in vielen Teilen.
So konnte im nordniedersächsischen Raum durch G. E. H. Bau-
mann eine Vielzahl vorhandener und abgegangener Flurdenk-
male nachgewiesen werden; ebenso konnten u. a. weitere Denk-
male auch im Lingener und Harzer Raum aufgenommen wer-
den.
1.2 Entwicklung der Flurdenk-
malforschung in Niedersachsen
Die Flurdenkmal- bzw. Kleindenkmalforschung setzt in unse-
rem Land mit Beginn des 18. Jahrhunderts ein. Antiquare und
Rechtskundler haben Hinweise auf diese „Alterthümer“ gesam-
melt und sie in ihre Kollektaneen aufgenommen, so u.a. Re-
decker (1723-1764), Baring (1744), Gebhardi (1770) und Hassel
(1780). Aber auch in Veröffentlichungen zur Landes- und Orts-
geschichte der damaligen Territorien im heutigen niedersäch-
sischen Gebiet stoßen wir schon früh auf Berichte und Aufsätze
in Zeitschriften und Magazinen, in denen Steinkreuze, Kreuz-
und Denksteine erwähnt werden. Hinzu kommen dann die von
bekannten Volkstumsforschern zusammengetragenen Samm-
lungen von Sagen und Märchen, wie zum Beispiel die Werke von
Harrys (1862), Kuhn und Schwartz (1848), Freudenthal (1890),
Schambach und Müller (1855), Köster (1858), Seifart (1860), Ey
(1862), Görges (1881), Crone (1883), Weichelt (o.J.), Voges
(1895) und Bube (1899), um nur die populärsten Arbeiten aus
jener Epoche zu nennen. Auch den Heimatdichter Hermann
Löns haben Steinkreuz und Kreuzstein angeregt, wie es sein
Gedicht „Es steht ein Stein am Wege“ und Forschungen zum
sogenannten „Nonnenkreuz“ am Wahrberge bei Barbis am Harz
bezeugen. Wie aus den Literaturhinweisen dieses Buches ersicht-
lich ist, steigt zu Beginn unseres Jahrhunderts die Zahl der
Beiträge zum Flurdenkmalthema im provinzialhannoverschen
Schrifttum auffallend an. Es kommt zu ersten Versuchen regio-
naler Inventarisierungen mit genauen Angaben über Ort und
Abmessungen. Auch der Erhaltungszustand der Objekte wird
erörtert. Gedanken über akute oder baldmögliche Gefährdung
der oft einsam in Wald und Feld wie an Straßenrändern stehen-
den und von Verwitterung und Schäden in Mitleidenschaft
gezogenen Steinmaie werden laut. Versetzung nach Flurreform
wird vorgeschlagen; sie schließt aber infolge meist vorhandener
Unkenntnis der Bedeutung der Flurdenkmale deren Diebstahl
nicht aus. Es wird zu diesem Zeitpunkt notwendig, daß man sich
auch behördlicherseits um deren Schutz und Erhaltung bemüht.
H.W. H. Mithoff und seine Nachfolger, von der preußischen
Provinzialregierung Beauftragte und Herausgeber amtlicher
Kunstdenkmalinventare für einzelne Landesteile Hannovers
und parallele Werke für die Staaten Braunschweig, Oldenburg
und Schaumburg-Lippe erfassen nunmehr die bis dahin be-
kanntgewordenen Steinkreuze und Kreuzsteine sowie historisch
bedeutende und handwerklich interessante Denksteine. Sie er-
wähnen auch in einigen Fällen bereits zerstörte oder verschol-
lene Exemplare. Die Inventare der Kunstdenkmale, obwohl im
Druck veröffentlicht, erreichen nur einen begrenzten Personen-
kreis. Ihre Unvollständigkeit verhindert, daß eine wirksame
Überwachung der Flurdenkmale, was Schutz und Erhaltung
derselben angeht, gewährleistet ist. Durch die oft recht einsam
gelegenen Standorte ist auch innerhalb der Bevölkerung das
Wissen um diese alten Male sehr gering. Auch die Rechtslage
ist unklar. Denkmalschutz wird umfassend in Oldenburg zuerst
1911, in Braunschweig 1934, für ganz Niedersachsen erstmals
1974 in der Landesbauordnung und 1978 in einem eigenen
Gesetz geregelt. Es erscheint uns heute im Rückblick auf frühere
Verwaltungsregelungen, insbesondere die ab 1866 auch für
Hannover gültigen preußischen, und das Verunstaltungsgesetz
von 1907 sehr fraglich, ob man sich seinerzeit der vollen Bedeu-
tung der uns hier speziell interessierenden Denkmale bewußt
gewesen ist, waren sie doch meist schlicht, angewittert, oft
beschädigt und befanden sich häufig an entlegenen Standorten.
Tatsache ist ferner, daß in den Verordnungen selten ein direkter,
auf Kreuzsteine und Steinkreuze anwendbarer Bezug zum Aus-
druck gebracht wird. Und noch in den Berichten über die
Wirksamkeit der Denkmalpflege in der Provinz Hannover seit
Beginn unseres Jahrhunderts, ist wenig Fortschrittliches in die-
ser Hinsicht zu spüren.
Eine erste und für längere Zeit auch einzige, größere Gebiete
des Landes und deren Bestände erfassende Flurdenkmalauf-
nahme gelingt Adolf Hoffmann. Dieser bereits damals im sieb-
ten Lebensjahrzehnt stehende hannoversche Heimatforscher
schuf mit seinem im Jahre 1935 im Verlag August Lax, Hildes-
heim und Leipzig, erschienenen Buch, betitelt „Die mittelalter-
lichen Steinkreuze, Kreuz- und Denksteine in Niedersachsen“,
eine erste Grundlage zur gezielten Inventarisation dieser Flur-
denkmalgruppe. Unterlagen aus dem oben erwähnten Schrift-
tum und Ergebnisse eigener mühsamer Ermittlungen an Ort
und Stelle ermöglichten ihm die Registrierung von damals 236
vorhandenen, 73 bereits schon verschollenen Steinkreuzen und
Kreuzsteinen sowie 17 zeitlich zwar jüngeren, kunsthistorisch
interessanten Denk- oder Memorialsteinen. Erfaßt worden ist
das Gebiet der preußischen Provinz Hannover sowie der Lande
Braunschweig und Schaumburg-Lippe. Dagegen blieben alle
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