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Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 5: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1988

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57464#0039
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S: Am Ende des 15. Jahrhunderts lebte auf dem unweit gelegenen
Heidenhof ein als Schäfer tätiger Haussohn mit Namen Stöhr. Dieser
hatte in verschiedensten Lebenslagen stets den gleichen Spruch parat,
der lautete:
„Es ist Gottes Wille und Gottes Wehr“
(wobei mit „Wehr“ das plattdeutsche
Wäer = Wetter
gemeint war).
Als man sich, nach seinem Tode, auf dem Wege zum Kirchhof in Soltau
befand, brach über den Trauerzug ein heftiges Gewitter herein, Angst
und Schrecken verbreitend. Aber noch größer wurde aller Unbehagen,
als einer der Trauernden den bekannten Spruch des Toten zitierte und
hinzufügte: „Daic hätt hei seggt — da leiw hei noch“ und gleich darauf
aus dem Sarg eine Stimme antwortete: „Datt hätt hei seggt und seggt
hei ock noch!“
Als dann das Unwetter ganz plötzlich aufhörte, öffnete man den Sarg,
in der Meinung, einen Scheintoten vorzufinden. Doch Stöhrs Körper
war bereits in Verwesung übergegangen, und so brachte man ihn eiligst
ins Grab. Dieser Vorfall veranlaßte seinerzeit den Heidenhofwirt, an
jener Stelle das hölzerne Denkmal aufzustellen, das seine Nachfahren
von Zeit zu Zeit erneuert haben, bis auf den heutigen Tag. Es wird
erzählt, daß, wenn das nicht geschieht, das Vieh des Heidenhofes von
einer Seuche befallen wird.
Anm: Es wird vermutet, daß sich bei der Anfertigung der Inschrift der
Holzschnitzer irrte, als er das übrigens früher plattdeutsche Wort
„verslatenen Mund“ in „verschlafenen Mund“
glaubte verbessern zu müssen (verslaten = verschlossen).
Lit: Freudenthal 1890, S. 25. - Hesse o.J., S. 208. - Deckert/Kiecker/
Lütgens 1939, S. 23.


2926.1
Staatsforst Raubkammerheide (Gmkg. Raubkammer,
Gde. Rehlingen, Lkr. Lüneburg)
Holzkreuz
TK 2926 R3577370 H588 1 050
M: nicht bekannt Eichenholz
St: Nicht mehr vorhanden. Einst im südöstlichen Teil vom Jagen 457,
ca. 20 Schritte nordöstlich vom nachstehend erwähnten „Zahrenhusen-
stein“ (2926.2) entfernt.

Im Volksmund „hohes Kreuz“ genannt, soll es im Jahre 1590
für den Lüneburger Stadthauptmann Moritz von Zahrenhusen,
der an dieser Stelle erschossen wurde, errichtet worden sein.
M.v. Z. überwachte um die Mitte des 16. Jahrhunderts als
Beamter der Stadt L. die Handels- und Zollwegsbestimmungen.
Er war ein Günstling von Herzog Wilhelm dem Jüngeren und
wurde von diesem nach einer Urkunde aus dem Jahre 1569 mit
drei Höfen und dem Zehnten zu Böckum (Amt Ebstorf) belehnt
und ihm auch der Bau eines festen Hauses bewilligt, wo er dann
mit Frau und Tochter bis zu seinem Tode wohnte.
S: Trotz der privilegierten Stellung soll M.v.Z. auch „vom Sattel und
Stegreif“, d.h. vom Raubrittergewerbe gelebt und viele Jahre gemein-
sam mit anderen Rittern im einsamen Waldheidegebiet Händler und
Reisende überfallen und beraubt haben. Bei einem Überfall auf einen
Uelzener Tabulettkrämer und dessen Knecht Dierk (aus Gellersen) soll
letzterer in Notwehr den M.v.Z. erschossen haben. Der Krämer habe
darauf das Kreuz (die Sage spricht von einem steinernen Kreuz) am Ort
des Geschehens (nach anderer Version: auf dem dort angelegten Grab)
aufstellen lassen.
Anm: Das Holzkreuz soll mehrmals vom Amt Ebstorf erneuert worden
sein. Als es im Jahre 1859 wieder einmal zerfallen war, beauftragte der
Forstdirektor Burckhardt (Hannov. Domänenkammer) den damaligen
Oberförster Quensell mit der Aufstellung eines Denksteines. Eine
gleichzeitig durchgeführte Grabung unter den Kreuzresten ergab dort
keine Spur einer Grabstätte. Dagegen fand man durch Hinweis eines
Schäfers aus Breloh unweit vom Kreuzplatz bei einer zweiten Grabung
(in 125 cm Tiefe) Menschenknochen, Eisenteile (Klingenreste?) und
einen Messinghaken (Wehrgehenk?) und vermutete damit, also ca. 20
Schritte vom Kreuzplatz entfernt, das Grab, setzte dann dort den
Denkstein. - (Der unterschiedlich geschriebene Name des Ritters lautet
sowohl Zahrenhusen, Zarnhusen, Zarenhusen als auch Tzarenhusen.)
Lit: Baurichter 1954. - Freudenthal 1894, S. 54, 57. - Hesse o. J., S. 226.
- Hessing 1981, S.19. - Meyer 1888, S.1431. - Seidat 1965, S. 50. -
v. Uslar 1825, S.274. — Weichelt o.J., S.22. - Wolter 1963, S.23.

2926.2
Staatsforst Raubkammerheide (Gmkg. Raubkammer,
Gde. Rehlingen, Lkr. Lüneburg)
Denkstein
TK 2926 R 3577360 H5881040
M: 112/44/33 Granit
St: Im südöstlichen Teil vom Jagen 457 (Forstbereich der Revierförsterei
Uhlenbusch).
Der „Zahrenhusenstein“ genannte Denkstein steht im Mittel-
punkt einer kreisförmig angelegten niedrigen Moosbank unter
vier ca. 80 Jahre alten Eichbäumen. Quadratische Granitsäule,
die der Oberförster Quensell im Jahre 1859 hat aufstellen lassen
und welche nach dessen Angaben „auf einer Unterlage von vier
anderen Granitstücken 1,6 Meter tief in der Erde steht und etwa
1,75 Meter über den Boden hervorragt“, was demnach eine
beachtliche Gesamtlänge von mehr als drei Metern ergibt. Die
geglättete Vorderseite zeigt eingetieft die ungelenke Inschrift:
RITTER
MORITZ
VON
ZARNHUSEN
GETÖDTET
1590
Die Rückseite des Denksteines ist roh bearbeitet und inschrifts-
los.
S: Wie bei 2926.1.
Lit: Wie bei 2926.1.

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