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Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 5: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.57464#0158
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hende, was eß für ein wandelstein ist, setzen; der war wan-
dages einem entleiben gesatzet zur gedechtnus. Darmith
hatte dißer krich ein ende.“
Lit: Arnecke 1912, S. 177. - Blume 1924. - Buhlers 1906, S.45. -
Doebner 1891, S. 241. — Hoffmann 1935, S.5.

3825.2
Hildesheim (Gmkg. und Gde. Hildesheim,
Lkr. Hildesheim)
Radkreuz

TK 3825 (bis 22.3.1945: R3564880 R5780200)
M: 112/96/? Sandstein
St: Bis zur Bombardierung der Stadt im Jahre 1945 vor einem Wohnhaus
an der Grenze von Eckemekerstraße/Alter Markt.

3825.2 Hildesheim


Von dem „Schauteufelskreuz“ genannten Radkreuz existierte
nur noch das Unterteil (Abb.). Zusammen mit anderen bedeu-
tenden Steinen ist es während der Aufräumungsarbeiten zur
vorläufigen Lagerung in die Ruine der Martinikirche (Bauteil
des Roemer-Pelizaeus-Museums) gebracht worden, seitdem aber
verschollen. Obwohl sehr verwittert und beschädigt, waren
daran in Flachrelief eine in Beterhaltung mit erhobenen Armen
knieende Gestalt, davor ein Wappenschild mit Schrägbalken
sowie Helmzier mit Flügeln (oder Hörnern) zu erkennen. Der
Archivar I. Zeppenfeldt, der das Denkmal noch unverstümmelt
gekannt haben will, sagt aus der Erinnerung im Jahre 1811 über
das fehlende Oberteil aus: Es war
„in durchbrochener Arbeit ein Kruzifix, mit einem Blumen-
kränze eingeschlossen in welchem rund herum die Inschrift
stand:
,Anno MCCCCXXVI11 in Die St.Steffani hic fuit interfectus
Johannes.’“
Eine Zettelnotiz aus der Stadtarchivakte des Jahres 1620 gibt die
Jahreszahl leider nur unvollständig, dafür aber den Grund der
Denkmalssetzung an. Nach einem Vermerk
„An dem Schueteuffelß Creutz.XXVIII i(n) die Steffani
hic fuit i(n)t(e)rfectus joha(n)nes“
heißt es dann weiter:
„Wie die Schuhteuffel gelauffen, sol einer von denselben
einem Kürßner Jungen begegnet sein /: bier in einer Zinnen
kannen zue holen: / denselben erschrecken wollen, darüber
der Junge ihn mit der Kann erschlagen.“

Daneben steht nun die u. E. willkürlich angenommene Jahres-
zahl
MCCCCLXXVIII,
für die keine Quelle erwähnt wird. Solange sich aber keine
weiteren Belege über das tatsächliche Jahresdatum finden lassen,
müssen beide Angaben (1428 und 1478) mit Vorbehalt angese-
hen werden. Dies auch deshalb, weil man nach heutigem Stand
der Denkmalforschung geneigt ist, dieses Radkreuz eher dem
Ende des 14. Jahrhunderts zuzuordnen. Nach Aktennotiz und
zitierter Inschrift kann als gesichert gelten, daß am St. Stephans-
Tag (26. Dezember) ein Bürger aus der Oberschicht der Stadt-
bevölkerung nahe dem ehemaligen Kürschnerhof von einem
(der Belästigung wegen in Notwehr handelnden) Kürschnerjun-
gen getötet wurde. - Der Todestag fällt in die Jahreszeit der
sogenannten „Zwölften“. Damals pflegte man in den Alpenlän-
dern wie in Niederdeutschland einen wahrscheinlich heidnisch-
mythischem Denken entlehnten Brauch. Junge Männer, Patri-
ziersöhne und deren gedungene Knechte, auch Studenten, zo-
gen, als „Schauteufel“ maskiert und in kostbaren Gewändern
verkleidet, durch die Orte. Sinn ihres Tuns waren Vertreibung,
Verscheuchung und Abschreckung der besonders in der dun-
kelsten Jahreszeit anwesend vermuteten Dämonen und bösen
Geister. Das geschah durch Verkleidung, wildes Lärmen, Dro-
hen und Züchtigen mit Ruten und Gerten, wobei es häufig zu
tätlichen Übergriffen auf Begegnende, darunter Frauen und
Jugendliche, kam. Solcherlei hat sich auch in Hildesheim nach-
weislich mehrmals abgespielt, sogar mit Todesfolge, worüber
uns in diesem Falle ein Denkstein Kunde gibt, den wohl die
Angehörigen des Toten haben setzen lassen.
S. 1: Bezieht sich voll auf den o.a. Vorfall.
S. 2: Ist ähnlich, nur daß hier der Schauteufel den Jungen erschlägt.
S. 3: Den Schauteufeln begegnet eine Gruppe „echter“ Teufel, wobei der
oberste Höllenfürst den ihn am meisten Verhöhnenden tötet.
S.4:Ein in Not geratener Schuster bittet den Teufel um Geld. Er
verspricht diesem dafür seine Seele, vorausgesetzt, daß er die ihm
überlassene Summe nicht für einen Gott wohlgefälligen Zweck, trotz
seiner Not, verwendet. Der Teufel geht auf das Geschäft ein, in der
Annahme, der Schuster werde einen Teil des Geldes in seiner Not
verbrauchen. Nach Jahresfrist kehrt er zurück. Auf die Frage an den
Schuster, was dieser denn mit der Summe gemacht habe, hält dieser ihm
ein von einem Goldschmied aus dem Gelde gefertigtes Kreuz entgegen
mit den Worten: „ Schau, Teufel, dieses Kreuz!“ worauf der Böse das
Weite sucht. Der Schuster läßt dann das Kreuz wieder einschmelzen, ist
reich geworden und veranlaßt die Setzung des Denksteins als Dank an
Gott für die Errettung.
Lit: Baumann 1977 a, S. 70/71. - Blume 1924. - Bode 1973, S. 96. — Eckart
1907, S. 36 - 38. - Fleige 1978. - Garbe 1959. - Hartmann 1963, S. 33- 44.
— Heinemann 1968, S. 14. — Henniger/Harten 1955, S. 128/129. — Hoff-
mann 1935, S.5,35,T. XV. - Kassebeer 1897, S. 21-23. - Zeller 1912,
S. 316. - Mithoff 1875, S. 182. - Müller 1982b, S. 119-136. - NN 1977e,
S.35,40. - Peukert 1960, S.45.-R., E.W. 1903, S. 161/162. - Seifart
1913, S.ll—13. — Schambach/Müller 1855, S.156-158. - Schiel 1909,
S. 26/27. — Wichmann 1898, S. 316—318,324/325,334/335. — Zeppenfeldt
1903, S. 194.

3825.3
Hildesheim (Gmkg. und Gde. Hildesheim,
Lkr. Hildesheim)
Scheibenkreuzstein
TK 3825 R 3565340 H5780270
M: 30/35/? nicht bekannt
St: Auf dem Gelände des ehemaligen „Ratsbauhofes“ in der Mauer eines
im Jahre 1481 umgebauten Hauses rechts neben dem Tor eingemauert
gewesen. Seit der Bombardierung der Stadt im Jahre 1945 verschollen.
Verwittertes und beschädigtes oberes Teil eines Scheibenkreuz-
steins, der in einem Kreisfeld erhaben auf vertieftem Grund ein
Tatzenkreuz zeigte.
Lit: Blume 1956, S.76. - Blume 1934, S. 31/32. - Hoffmann 1935,
S.6,35,T.XXVIII. - Müller 1982b, S. 119-136.

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