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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0025
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DIE VERFASSUNG DER STADT

6 Unteres und mittleres
Eichsfeld mit dem Terri-
torium der Stadt Duder-
stadt, 16. bis 18. Jahrhun-
dert (1 cm entspricht etwa
2,6 km).


Gildemeister 1524 an einer Entscheidung des Stadt-
regimentes beteiligt.156'
1525 bot sich dem Landesherrn die Gelegenheit,
die internen Streitigkeiten auf Dauer zu unterbin-
den und zugleich die Selbständigkeit der Stadt
wirksam einzuengen. Das Heer der aufständischen
Bauern unter der Führung Thomas Müntzers hatte
auf seinem Zug durchs Eichsfeld am 4. Mai vor
Duderstadt sein Lager aufgeschlagen und war nach
Verhandlungen mit dem Bürgermeister und einigen
Ratsherren, ohne die Stadt zu behelligen, abgezo-
gen. In der Stadt selbst soll es jedoch zu Plünderun-
gen gekommen sein.157' Den Stadtoberen wurde dies
als viel zu freundliches Verhalten gegenüber Feinden
ausgelegt und Herzog Heinrich von Braunschweig-
Wolfenbüttel mit einer Bestrafungsaktion beauf-
tragt. Dieser besetzte am 31. Mai 1525 die Stadt, be-
schlagnahmte das Geschütz und die Privilegien, be-
fahl die Zahlung eines sehr hohen Strafgeldes zur Ver-
meidung einer Brandschatzung158', löste alle Gilden
6 auf, nahm der Stadt die Dörfer Desingerode, Es-
plingerode, Werxhausen, Seulingen und Germers-
hausen, ließ die Bürger huldigen und ordnete die
Zulassung des Stadtschultheißen zu allen Ratssit-
zungen an.159' Diese sehr differenzierten Strafmaß-
nahmen nur einen Monat nach dem Vergehen der
Duderstädter setzen eingehende Instruktionen des
Erzbischofs an den Herzog voraus. Da Heiligen-
stadt in der gleichen Weise bestraft wurde,160' liegt
die Absicht von Mainz, Unabhängigkeit und politi-

schen Spielraum der eichsfeldischen Städte zu be-
schneiden, auf der Hand. Wirkungsvollstes Instru-
ment hierfür war die Anordnung, den Stadtschult-
heißen als den Vertreter des Landesherrn in alle
Ratssitzungen gleichsam als Aufpasser einzuglie-
dern. Einen Schultheißen als Beamten des Mainzer
Kurstaates hatte es schon im Mittelalter gegeben,
jedoch waren seine Rechte beschränkt auf den Vor-
sitz im Gericht.161' Eine Gesandtschaft des Rates,
die in Mainz um Wiederherstellung der alten Privi-
legien bat, mußte gerade in diesem Punkt unver-
richteter Dinge die Heimreise antreten. Bei den
anderen Maßnahmen erreichte sie wenigstens eine
Milderung. Ihre Kanonen solle die Stadt bis auf drei
zurückerhalten, diejenigen Stadtprivilegien seien
zu benennen, von denen die Stadt eine Bestätigung 6
wünsche; von den fünf Kespeldörfern (d.h. Kirch-
spieldörfern), die aus dem Territorium der Stadt
ausgegliedert worden waren, sollten Dienste und
Abgaben weiterhin der Stadt zustehen, die Gerichts-
barkeit allerdings dem mainzischen Amt Giebolde-
hausen162'; schließlich wurde der Abordnung ein
Schuldanerkenntnis seitens der Stadt abgefor-
dert.163'
Kodifiziert wurden die neuen Verhältnisse durch
die sogenannte „Albertinische Ordnung“ von 1526.
Gleich im ersten Paragraphen ist die erweiterte
Funktion des Schultheißen festgehalten: „. . . daß
nun hinfuehro und zu allen Zeiten unserer Nach-
kommen und Stifts Schultheisen zu Duderstadt mit

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