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Quatember, Ursula; Kalasek, Robert; Pliessnig, Martin; Prochaska, Walter; Quatember, Hans; Taeuber, Hans; Thuswaldner, Barbara; Weber, Johannes
Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße (Textband): Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.46296#0226
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II.2 Restauratorische und konservatorische Bestands- und Zustandserfassung (Martin Pliessnig) 225

bination von detektierter Karbonatisierungstiefe und gemessener Bewehrungstiefe ergibt eine
potenzielle Gefahr von Stahlkorrosion an sämtlichen Betonelementen des >Hadrianstempels<.
Die Korrosion1328 der Bewehrung ist im Rahmen der Verwitterung von Stahlbeton einer der
Hauptschadensfaktoren1329. Sie ist häufig verantwortlich für vorhandene Risse, für Abplatzun-
gen der Betonüberdeckung und birgt auf längere Sicht eine Gefahr für die Tragfähigkeit. Wie
im vorherigen Abschnitt besprochen, ist der Bewehrungsstahl im frischen Beton durch eine
sog. Passivierungsschicht vor Korrosion geschützt. Mit fortschreitender Karbonatisierung wird
diese jedoch aufgelöst und die Korrosion des Bewehrungsstahls wird möglich1330. Davon abge-
leitet ergibt sich eine potenzielle Gefahr der Bewehrungskorrosion, wenn sich die Bewehrung
innerhalb des karbonatisierten Bereichs befindet. Am >Hadrianstempel< schwankt diese Tiefe
der Karbonatisierung je nach Betonmischung zwischen 2,0-8,5 cm Tiefe. Vergleicht man diese
Daten mit den gemessenen Bewehrungstiefen ausgewählter Bereiche1331, zeigt sich folgendes
Bild: In 35 % der Fälle liegt die Bewehrung oberhalb der minimalen Karbonatisierungstiefe
von 2 cm. Diese Elemente sind unabhängig von ihrer Zusammensetzung korrosionsgefährdet.
Höhere Karbonatisierungstiefen von bis zu 8,5 cm sind vor allem in Betonelementen mit gro-
ßem Porenanteil zu erwarten. Es handelt sich hierbei um die Elemente des Cellaportals (168Te.
172Te. 173Te) sowie in abgestufter Form um sämtliche Abformungen (078Te-080Te. 085Re-
88Re. 124Te) und die Orthostaten (0600e-0620e. 066Oe. 068Oe. 069Oe). Die gemessene
Maximaltiefe der Bewehrung liegt bei diesen Teilen in 4,6 cm Tiefe, was knapp über 50 % der
maximalen Karbonatisierungstiefe entspricht. Dementsprechend sind sämtliche aufgezählten
Betonelemente von Korrosion bedroht.
Positiv fielen im Rahmen der Tiefenuntersuchung der Bewehrungseisen vor allem die Beton-
stützen der Fassade (017Se. 024Se) und der ergänzte Architrav (029A) auf. Die Karbonatisierung
ist im Fall dieser dichten Betonelemente mit ca. 2 cm anzusetzen. Bei einer Überdeckung von
mindestens 4 cm ergibt sich daraus keine Korrosionsgefahr für Eisenelemente.
Ein auffallender Aspekt der Bewehrung sind die großen Schwankungen der Betonüberde-
ckung. Dieser Umstand lässt sich mit der Herstellung der Betonelemente in Verbindung bringen
und deutet ein Verrutschen der Bewehrung während des Gussvorgangs an. Es wurden keine
sog. Abstandhalter zwischen Bewehrung und Schalung eingesetzt. Für das Gefahrenpotenzial der
Bewehrungskorrosion ergibt sich daraus eine Erhöhung, da davon ausgegangen werden muss,
dass bei vielen Betonelementen einzelne Eisen näher an die Oberfläche heranreichen.
Das Schadensausmaß der Bewehrungskorrosion am >Hadrianstempel< ist trotz dieses hohen
Gefahrenpotenzials bislang nur sehr gering ausgebildet. Diesbezügliche Zerstörungen zeigen
nur zwei Orthostaten (062Oe. 068Oe Taf. 169, 3; 191,2) sowie die Elemente des Cellaportals
(168Te. 172Te. 173Te Taf. 177, 2). Die Ursache dafür ist das relativ trockene semiaride Klima
von Ephesos mit seinen geringen Niederschlagsmengen. Das für den Korrosionsprozess so bedeu-
tende Wasser ist Mangelware und dringt in der Regel nicht tief genug in die Betonsubstanz ein,
um die Bewehrung zu erreichen. Diese Areale mit Korrosionsschäden zeichnen sich dadurch
aus, dass hier jedoch die Wassermenge ausreicht, um zur Bewehrung im Inneren des Betons
vorzudringen. Die Ursache im Fall der beiden Orthostaten ist die geringe Dicke der Betonüber-
deckung mit unter 1 mm. Es handelt sich um einen Baumangel des Herstellungsprozesses. Im
Falle des Cellaportals sind jene Areale betroffen, die eine erhöhte Belastung durch abfließendes
Niederschlagswasser aufweisen. Es sind dies die bodennahe Spritzwasserzone und ein Bereich
des Türsturzes. Entscheidend ist neben der erhöhten Wasserbelastung auch die rasche Kapillar-

1328 Bezüglich der Beschreibung und näheren Erläuterung des Korrosionsprozesses von Eisen s. Kap. II.2.4.2.3.
1329 Schwarz 1999, 4.
1330 Um sicherzustellen, dass die Karbonatisierung die Tiefe der Bewehrung nicht erreicht, existieren heute Nonnen für
Mindestmaße der Betonüberdeckung. Diese sind auf die Expositionsklassen abgestimmt und die geforderte Min-
destbetonüberdeckung im Fall frei exponierter Bauteile beträgt z. B. 25 mm. s. dazu Pickhardt - Bose - Schäfer
2012, 67; Schröder u. a. 2009, 79.
1331 s. dazu Kap. II.2.2.2.6.
 
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