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Quatember, Ursula; Kalasek, Robert; Pliessnig, Martin; Prochaska, Walter; Quatember, Hans; Taeuber, Hans; Thuswaldner, Barbara; Weber, Johannes
Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße (Textband): Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2017

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.46296#0227
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II PETROGRAFISCHE UND KONSERVATORISCHE ANALYSEN

wasseraufnahme dieser Betonelemente. Diese ist die Folge des ausgebildeten Porenraums und
ein Zeichen für die ungünstige Zusammensetzung des Betons in diesem Bereich1332.
Ein weiteres Schadensbild zeigt sich in Form von Auswaschungen der Betonoberflächen.
Dieser geringe oberflächliche Verlust der Zementmatrix ist vor allem bei jenen Elementen ohne
nachträgliche Oberflächenbearbeitung sichtbar. Durch den Verlust der sog. Zementhaut treten die
Zuschläge des Betons stärker in den Vordergrund (Taf. 192, 1 -2). Die Folge dieser Rückwitte-
rung ist eine sog. Öffnung des Betongefüges, wodurch die entstandene raue Oberfläche durch-
lässiger für Wasser ist und eine größere Angriffsfläche für vorhandene Verwitterungsfaktoren
bietet. Die Gefahr der Korrosion von Bewehrungseisen erhöht sich durch den potenziell tieferen
Wassereintrag ins Gefüge. Die Schadensursache ist vor allem abfließendes Regenwasser. Einen
deutlichen Hinweis darauf gibt die ausgeprägte biogene Besiedlung dieser Bereiche. Offensicht-
lich finden die Organismen in den aufgerauten Oberflächen gute Standorte mit genügend Wasser
für ihren Stoffwechsel vor. Das Schadensausmaß der Auswaschung betrifft insgesamt ca. 31 %
der Betonoberflächen. Besonders hoch ist es im Bereich der Mauerkrone, die von Niederschlägen
vollflächig getroffen wird, mit 95 % der Fläche. Die Schädigung der Auswaschung beschränkt
sich ausschließlich auf den oberflächennahen Bereich, eine tief greifende Schädigung des Betons
konnte in keinem Fall nachgewiesen werden. Demensprechend stellen die rauen, von biogenen
Auflagen und Zuschlägen geprägten Oberflächen ausschließlich einen ästhetischen Faktor dar.
In der Regel besteht hierbei ein starker Kontrast zu den von Auswaschung nicht betroffenen
Zonen (Taf. 192, 2).
Fehlstellen oder Abplatzungen sind Verluste kompakter Bruchstücken des Betons. Ein mar-
kantes Kennzeichen dieses Schadens ist eine charakteristische Bruchfläche, von welcher sich das
Material gelöst hat. Die Ursache dieses Schadensbildes kann fast ausschließlich auf zu nahe an
der Oberfläche liegende Bewehrungseisen zurückgeführt werden, welche in der Regel exponiert
im Zentrum betroffener Areale anzutreffen sind (Taf. 192, 3). Entsprechende Schäden konzent-
rieren sich vor allem auf die Betonoberflächen der Cella-Südwand. Mit hoher Wahrscheinlichkeit
sind die dortigen Ausbrüche jedoch bereits während der Bauzeit der Anastylose entstanden,
offensichtlich aufgrund der nachträglichen Abarbeitung der Oberfläche der Betongusselemente.
Zu nahe an der Oberfläche liegenden Teile der Bewehrung wurden hierbei freigelegt. Weitaus
seltener finden sich Abplatzungen aufgrund aktiver Korrosion der Bewehrung. Betroffen sind
hiervon nur zwei Orthostaten (062Oe. 068Oe Taf. 169,3; 191,2) sowie ausgewählte Bereiche des
Cellaportals (168Te. 172Te. 173Te). Das Schadenspotenzial der Ausbrüche besteht vor allem in
der Freilegung der Bewehrungseisen des Betons. Diese sind in der Folge direkt der Bewitterung
ausgesetzt, und es ist von einer Beschleunigung der Korrosion auszugehen.
Der mineralische Werkstoff Beton wird, ähnlich wie die historische Marmoroberfläche, von
einer Reihe von Mikroorganismen besiedelt. Das Spektrum reicht von diversen Bakterien, Pil-
zen, Algen, Flechten bis hin zu Moosen1333. Diese bilden je nach vorhandenen Umweltpara-
metern wie Temperatur, Licht oder Feuchtigkeit typische Gesellschaften von Organismen aus.
Das ursprünglich stark alkalische Milieu des Werkstoffs Betons ist für viele Organismen töd-
lich, was eine Besiedlung vorerst verhindert. Der Beginn eines Bewuchses findet erst nach der
erfolgten Karbonatisierung der Oberfläche statt1334. Die naturwissenschaftliche Untersuchung des
Flechtenbewuchses erfolgte aus finanziellen Gründen und aufgrund der Schwerpunktsetzung auf
den historischen Materialbestand ausschließlich mit dem Stereomikroskop an nur einer Probe
(HTEMP 15). Markant sticht dort vor allem ein Flechtenbewuchs ins Auge. Es handelt sich
vermutlich um mindestens zwei Flechtentypen, welche epilithisch sind und Krusten ausbilden.
Die Farbigkeit der Flechten ist in einem Fall schwarz/blau, im anderen bräunlich. Ihr Wachstum
erfolgt ganz gezielt in jenen von Bindemittel und feinem Zuschlag dominierten Arealen (>Mat-

1332 s. dazu o.
1333 Caneva - Nugari - Salvador! 1991, 3 f.
1334 Ban 2011, 114.
 
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