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Quatember, Ursula; Kalasek, Robert; Pliessnig, Martin; Prochaska, Walter; Quatember, Hans; Taeuber, Hans; Thuswaldner, Barbara; Weber, Johannes
Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße (Textband): Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2017

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.46296#0225
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224

II PETROGRAFISCHE UND KONSERVATORISCHE ANALYSEN

vor Korrosion geschützt1322. Sinkt der pH-Wert jedoch unter 11, so wird diese Schicht aufge-
löst und Korrosion kann einsetzen. Dabei hängt die Tiefe der Karbonatisierung stark von den
Eigenschaften des Betongemischs und den Umweltparametern ab. So reagiert ein Gemisch mit
einem hohen Anteil an Porenraum rascher, weil die CO2-Moleküle gut eindringen können1323.
Die Karbonatisierungsgeschwindigkeit wird im Laufe der Zeit immer langsamer und kommt
schließlich vollkommen zum Erliegen1324. Offensichtlich wird es mit zunehmender Dicke der
karbonatisierten Schicht für die sauren Bestandteile der Luft immer schwieriger, die nichtkar-
bonatisierten Areale im Inneren zu erreichen.
Der entscheidende Umweltfaktor für die Karbonatisierung des Betons ist die Sättigung mit
Wasser. Intensive Reaktionen finden bei Werten der Luftfeuchtigkeit zwischen 50-70 % statt1325.
So gut wie keine Karbonatisierung existiert in sehr trockenen Bedingungen (<30 % RH), weil
nicht genügend Wasser für die Vermittlung des Karbonatisierungsprozesses zur Verfügung steht.
Gleiches gilt für das andere Extrem, dem wassersatten Zustand. Dort steht zwar reichlich Wasser
zur Verfügung, jedoch ist die Diffusion der CO2-Moleküle stark eingeschränkt und der Karbona-
tisierung fehlt ein Reaktionspartner. Laut vorliegenden Klimadaten aus der Region Ephesos1326
herrschen über den Großteil des Jahres gute Bedingungen für die Karbonatisierung vor. Zwischen
September und April liegen die durchschnittlichen Werte der Luftfeuchtigkeit zwischen 50 und
62 %. In den trockenen Sommermonaten Mai bis August sind die Werte mit 41 - 49 % geringfügig
niedriger (Taf. 191, 1). Wie die Untersuchungen mit dem Bewehrungssuchgerät zeigten, liegt
die Bewehrung des >Hadrianstempels< in der Regel oberhalb des geforderten Richtmaßes von
25 mm Mindestabdeckung1327. Die starken Schwankungen der gemessenen Bewehrungstiefe und
die vielen frei liegenden Eisen an der Oberfläche des Betons legen nahe, dass bei der Herstellung
keine Abstandhalter zum Einsatz kamen.
Der Nachweis vorhandener Karbonatisierungstiefen am >Hadrianstempel< erfolgte mithilfe
einer 0,1 %-Lösung von Phenolphtalein, die ab einem pH-Wert von 8,5 deutlich rot (Magenta)
in Erscheinung tritt. Diese wurde an den gezogenen Bohrkernen, HTEMP Kl -K5, sofort nach
deren Gewinnung und einer gründlichen Waschung aufgesprüht. Es zeigte sich ein deutlicher
Zusammenhang je nach vorhandenem Porenraum. Die porösen Betonelemente der Türrahmung,
mit ihrer ungünstigen Zuschlagszusammensetzung und hohem w/z-Wert von 0,7-0,8, weisen
den größten Fortschritt der Karbonatisierung auf. Des Weiteren zeigt das Gefüge eine erhebliche
Anzahl von Lunkern, und ein deutliches Rissnetz ist ausgebildet. Die Karbonatisierungsfront liegt
in dieser Gruppe zwischen 4,5-8,5 cm unter der Oberfläche (HTEMP Kl -K3). Diese Tiefe ist
als sehr hoch einzustufen, und die Bewehrungseisen in Betonelementen dieser Zusammensetzung
sind in allen Fällen akut von Korrosion bedroht.
Im Vergleich dazu zeigen die anderen zwei Bohrkerne Beton von besserer Qualität, d. h.
mit dichterem Gefüge und geringerem Porenraum, weit weniger starker Karbonatisierung. Ihre
Zuschläge bestehen aus Marmor und diversen anderen Zuschlagskomponenten. Der w/z-Wert
des Frischmörtels betrug etwa 0,45-0,5, das Bindemittel ist Portlandzement. Die Tiefe der Front
befindet sich dort zwischen 2,0 und 2,5 cm unter der Oberfläche (HTEMP K4. K5). Die Kom-

1322 Diese Passivschicht bestellt zum überwiegenden Teil aus Eisenoxiden (Fe3O4 - y - Fe2O3 Spinell) mit eingelager-
tem Kalziumhydroxid. Schwarz 1999, 5.
1323 Diesbezügliche Versuche haben gezeigt, dass die Dicke der karbonatisierten Randzone mit dem w/z-Wert ungefähr
linear zunimmt. Hartl 1999, 18.
1324 Im Falle eines ideal hergestellten Betons der Festigkeitsklasse C40/50 beträgt die Karbonatisierungstiefe nach
5 Jahren ca. 2 mm. In den folgenden 15 Jahren steigt diese sehr langsam auf einen Wert von ca. 3 mm weiter an.
Das Erreichen einer Tiefe von 5 mm scheint auch nach langer Expositionsdauer nicht realistisch. Schröder u. a.
2009, 233.
1325 Hartl 1999, 18-21.
1326 Pillinger 2008, 109; Klimamesswerte der Selfuk Meteoroloji Istasyon des Zeitraums von 01/2000 bis 05/2006,
Monatsdatenblätter.
1327 Auswertung der Ferroscan-Daten s. Kap. II.2.2.2.6 und Kap. II.2.3.2.3.
 
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