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VIII. PERLEN UND ANHÄNGER
Unter den Bronzen aus dem Artemision gibt es eine große Zahl von Perlen und Anhängern, die einzeln oder
als Teile von Ketten aufgehängt gewesen sein konnten. Als Perlen werden nach der Definition von M. Tem-
pelmann-M^czyhska jene Schmuckstücke angesprochen, die »an einer Halskette horizontal hintereinander
aufgereiht waren«748, oder bei denen nach U. von Freeden »die Durchbohrung entlang der Symmetrieachse
des Körpers verläuft und somit gleichzeitig den Schwerpunkt des Körpers durchzieht«749. Zu den Anhängern
werden jene Stücke gezählt, bei denen die Durchlochung nicht im Schwerpunkt liegt und die zumeist mit
einer Öse versehen sind. Die Differenzierung von Anhängern und Perlen kann allerdings nicht immer ein-
deutig erfolgen.

VIII. 1 Perlen (Kat. 761-779)
VIII.1.1 Hohe, doppelkonische Perlen mit ausladendem Rand (Kat. 761-767, Taf. 54. 109)
Die massiven doppelkonischen Perlen Kat. 761-765 sind zwischen 3,7 und 5,45 cm hoch. Die breit ausladende Mitte bildet einen
scharf profilierten Grat. Die Perlen verjüngen sich zu beiden Seiten in konkav geschwungener Umrisslinie, sind aber nicht immer
exakt symmetrisch geformt. Die Mündungsränder der Durchlochungen werden von deutlich vorkragenden, konischen oder dop-
pelkonischen Scheibenringen gerahmt. Die Perlen sind entlang ihrer Längsachse durchlocht. Die mit 8,6 cm längste der im Arte-
mision gefundenen Perlen dieser Art, Kat. 766, ist zusätzlich auf jeder Seite zwischen der Mitte und den vorkragenden Enden mit
einem doppelkonischen Scheibenring verziert.
Die Perle Kat. 767 unterscheidet sich in der Formgebung und Gestaltung von den zuvor beschriebenen Beispielen. Die rund aus-
ladende Mitte ist mit einem Band aus mehreren umlaufenden Wülsten verziert. Die zylindrischen Enden werden von einem wenig
vorkragenden, geraden Rand abgeschlossen.
D. G. Hogarth führt unter den Funden seiner Grabungen vier Bronzeperlen dieser Art an750. Die beiden von
ihm in Abbildungen vorgelegten Perlen unterscheiden sich von Kat. 761-765 durch ihre symmetrische Gestalt,
ihre geradlinige Umrissführung und den wenig vorkragenden Mündungsrand; bei einer Perle ist zudem die
ausladende Mitte durch einen um laufenden, abgerundeten Wulstring betont. Eine weitere bei den britischen
Grabungen gefundene, doppelkonische Perle aus Gold, die an mehreren Stellen mit umlaufenden Stegen ver-
ziert ist, kann ebenfalls nicht unmittelbar mit Kat. 761-765 verglichen werden751. Die beiden Bronzeperlen
und die goldene Perle aus den britischen Grabungen unterscheiden sich in ihrem Stil deutlich von Kat.
761-765 und gehören wohl einer späteren Zeitstufe zwischen der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts und dem
beginnenden 6. Jahrhundert an.
Ihre größte Verbreitung haben hohe, doppelkonische Perlen mit ausladendem Rand in der Art von Kat.
761-766 im südlichen Balkanraum752. In Makedonien, wo sie zu den charakteristischen Erzeugnissen des
heimischen Bronzehandwerks zählen, kommen Perlen dieses Typs sehr zahlreich und in verschiedenen Va-
rianten vor753. Die wenigen Funde aus datierbaren Grabkontexten weisen hier auf ein Auftreten zumindest ab

748 M. Tempelmann-M^czynska, Die Perlen der römischen Kaiserzeit und der frühen Phase der Völkerwanderungszeit im mittel-
europäischen Barbaricum (1985) 1.
749 U. v. Freeden, Perlen - Kulturbegleiter der Menschheit, in: U. von Freeden - A. Wieczorek (Hrsg.), Perlen. Archäologie, Tech-
niken, Analysen (1997) 1.
7-" Hogarth 1908, 151 Taf. 18, 42; Bailey 1969, 33 Abb. 22 bildet eine von Hogarth nur erwähnte, heute im British Museum auf-
bewahrte Perle ab.
751 Hogarth 1908, 114 Taf. 9, 24.
712 Vgl. die Fundverteilungskarte bei Kilian 1975b, Taf. 98; zum Aufkommen dieser Form im Zusammenhang mit der Zuwanderung
neuer Bevölkerungsgruppen aus dem illyrischen Raum vgl. Milojcic 1948/49, 21 Abb. 3. 26. 34 f. und Robinson 1941. 67 f.
773 Vgl. die ausführlichen Besprechungen dieser Perlen mit weiterführenden Verweisen bei: Robinson 1941, 56 ff.: Bouzek 1974a,
110 ff. Gruppe F. G; Kilian 1975a, 174; Kilian 1975b, 115.
 
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