Skulpturen aus Stein und Bronze
Sie liegen auch für ihn in erster Linie in der langen, wechselvollen Nutzungsdauer des Komplexes mit unterschiedlicher Nutzung als Wohn-
bereich und Wirtschaftsbetrieb nach dem Erdbeben in der Zeit des Kaisers Gallien und in der Spätantike. Dazu kommt die mangelhafte Gra-
bungsdokumentation der Altgrabung, wenn auch die Skulpturen selbst vergleichsweise gut dokumentiert sind. Dem Erdbeben des 3. Jhs.,
nach dem fast die gesamte Wandverkleidung des Atriums und des Südraums 1 der domus ausgeräumt wurde, fiel sicher auch ein Großteil der
Skulpturenausstattung der domus zum Opfer. Nach diesem Erdbeben wurde vielleicht ein Fuhrwerksbetrieb auf der Ebene von Peristyl und
Atrium der domus eingerichtet10. In der Spätantike schließlich wurden eine Werkstatt mit Ofen in SR 1 und ein Kalkofen im Raum H im Ost-
teil des Hanghauses 1 betrieben; für die Verwertung hergerichtetes Material wurde in den Räumen D, F und G entdeckt11 - es ist also durch-
aus möglich, daß auch Skulpturen zu diesem Zweck, auch von weit her, herangeschafft worden sind. Einige Skulpturenfunde aus dem Hang-
haus 1 sind mit Sicherheit als nicht zur Ausstattung gehörig einzustufen, so z. B. die Sarkophagfragmente S 17, 92 und 95, die Ostotheken
S 93 und 102 oder das Vbmfio-Relief S 90. Der prominenteste Kandidat ist hier das Lockenfragment vom kolossalen Tituskopf S 114, der
einst im flavischen Kaiserkulttempel aufgestellt war.
Die Fundsituation der Skulpturen spiegelt die Geschichte des Komplexes. Nur ein einziges Denkmal, die Doppelherme S 9A im westlichsten
Intercolumnium der südlichen Säulenhalle des Peristyls der domus, wurde in situ aufgefunden; der größte Teil der Skulpturen stammt aus
nicht näher definierten Schuttlagen. Mehrere Skulpturen wurden, in Einzelteile zerbrochen oder zerschlagen, verstreut an verschiedenen Or-
ten der domus gefunden: so Teile des Hermenzauns, die in nachgallienischen Mauern verbaut wurden (S 9L, S 9J) bzw. im Westgang des Pe-
ristyls gefunden wurden (S 9C, E-G) oder der Herakliskos S 15 mit Fundorten nördlich des Brunnenbeckens des Peristyls bzw. vor der Brun-
nenrückwand des Atriums. Auch der einzige erhaltene lebensgroße Idealkopf S 16 wurde in der Spolienmauer über dem Brunnenbecken des
Peristyls verbaut.
Nach dem Erdbeben in der Zeit des Kaisers Gallien wurden im späteren 3. Jahrhundert Teile der architektonischen Ausstattung des Atriums
in den Schachtbrunnen versenkt, dazu auch Kopf und Torso der Zeusstatuette S 49; die Plinthe und die rechte Hand fanden sich dagegen in
zwei Südräumen (SR 1 und 6). Zahlreiche verbrannte, kleinteilige späthadrianisch-antoninische Porträtfragmente - die F. Eichler z. T. mit
Fragmenten anderer Fundorte aus dem Hanghaus 1 und 2 zusammensetzen konnte (S 28-30, 32) - stammen wie die Wagenbronzen aus dem
sog. Brandschutt, der einzigen während der Peristylgrabung beobachteten Schicht im Westgang des Peristyls der domus, zu der es eine Posi-
tionsskizze gibt; der ursprüngliche Aufstellungsort dieser Skulpturen ist unklar12. Insgesamt stammen die meisten Skulpturenfunde aus dem
Bereich des Peristyls, während das Atrium und die Südräume von größeren Skulpturen fast komplett geräumt wurden; in den Südräumen do-
minieren die kleinteiligen Fragmente in den Einschüttungen aus dem 4. Jh. n. Chr. Eine Konzentration von etwas größeren Fragmenten ist im
als Wohnbereich genutzten Raum B zu konstatieren, der um 300 n. Chr. eine anspruchsvolle neue Wanddekoration erhielt und auch nach den
Erdbeben des 4. Jhs. weiter bewohnt wurde.
Die Skulpturenfunde aus den drei kleineren Wohneinheiten 1-3 wiederum, bei denen z. T. zahlreiche Umbauten die ursprüngliche Gestalt
verunklären, stammen durchwegs aus dem Schutt bzw. in einigen Fällen den Mörtelspuren zufolge aus Mauern: Aufstellungsorte lassen sich
nur sehr selten rekonstruieren oder zumindest vermuten. Die Wohneinheit 3 fällt jedoch durch thematisch wie chronologisch interessante
Denkmäler auf.
Ein Großteil der kleinformatigen Skulpturenfunde aus dem Hanghaus 1 ist nur sehr fragmentarisch erhalten und stammt aus den Einschüt-
tungen nach den Erdbeben des 4. Jhs., was bei den Nachgrabungen in den Südräumen der domus, SR 1, 2 und 6 durch die Auswertung der
Kleinfunde dokumentiert ist. Anders liegt der Fall bei den Funden aus der Altgrabung, bei denen keine Korrelation zwischen den beobach-
teten Schichten und den Fundkisten bzw. dem Fundmaterial hergestellt wurde13. Mancherorts muß auch mit Absinken des Materials von Süd
nach Nord gerechnet werden, so im Bereich der Südräume SR 2 und 6. Eine deutliche Warnung vor Rückschlüssen aus den Fundortangaben
dieser Schuttfunde auf die ursprünglichen Aufstellungsbereiche gibt der Fall des kleinen Nimbusfragments einer Artemis Ephesia S 20 aus
dem Schutt der Zwickelräume der domus, der vermutlich mit einem Torso aus der Wohneinheit 2 des Hanghauses 2 zu ein- und derselben
Statuette gehört14.
Bei der Interpretation der Funde ist also Vorsicht geboten. Einerseits ist mit der Wieder- und Weiterverwendung der Skulpturen zu rechnen,
wie wir dies von den Befunden des Hanghauses 2 kennen15, andererseits muß auch mit spätantiker Skulptur gerechnet werden, vor allem im
Raum B. Der ganze Befund ist von der Endphase des Komplexes her zu sehen; frühe Ausstattungsphasen wie jene der domus müssen, soweit
möglich, herausgeschält werden. Hierbei können manchmal die Fundorte bzw. die Baugeschichte helfen. Ansonsten muß bei der chronolo-
gischen Zuweisung - wie generell bei der Datierung - die Stilkritik eingesetzt werden. Nur ein Denkmal ist auch durch den Fundkontext gut
datierbar, die teilweise im Brunnen versenkte Zeusstatuette S 49. Zahlreiche Funde sind wiederum so fragmentarisch erhalten, daß sie sich
der Frage der Datierung überhaupt entziehen.
Trotz der schwierigen Befundlage lassen sich dennoch einige Aussagen treffen bzw. Ergebnisse erzielen und z. T. neue Erkenntnisse zu alt-
bekannten Denkmälern beisteuem, die dann im Schlußkapitel zusammengefaßt werden.
10 Vgl. Lang-Auinger, Hanghaus 1, 206 und die Auswertung der Tierknochenfunde bes.
212. 217.
” Vgl. Lang-Auinger, Hanghaus 1, 107f. Abb. 16; 118. 147 und die Architektur- bzw.
Marmorinventarfragmente aus den Räumen D, F und G im vorliegenden Band.
12 Vgl. dazu in der allgemeinen Einleitung des vorliegenden Bandes, 17 ff. und hier weiter
unten S. 160. Zu den Wagenbronzen s. S. Jilek im vorliegenden Band, 273 ff.
13 Vgl. dazu Ladstätter 2002,14.
14 Vgl. hier S. 166f.
15 Vgl. als prominente Beispiele die hellenistische Artemis in der Wohneinheit 4, zuletzt E.
Rathmayr, in: Christof - Rathmayr 2002, 140 Taf. 33,3. 84,5; oder die Porträts des
Tiberius und der Livia in der Wohneinheit 7, M. Aurenhammer, Römische Porträts aus
Ephesos - Neue Funde aus dem Hanghaus 2, ÖJh 54, 1983, 105 ff.; C. B. Rose, Dyna-
stie Commemoration and Imperial Porträture in the Julio-Claudian Period (1997) 174
Kat. 113 Taf. 212f.; zum Tiberiusporträt zuletzt W.-R. Megow, Tiberius in Ephesos.
Überlegungen zum frühaugusteischen Prinzenporträt, ÖJh 69, 2000, 250ff.
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Sie liegen auch für ihn in erster Linie in der langen, wechselvollen Nutzungsdauer des Komplexes mit unterschiedlicher Nutzung als Wohn-
bereich und Wirtschaftsbetrieb nach dem Erdbeben in der Zeit des Kaisers Gallien und in der Spätantike. Dazu kommt die mangelhafte Gra-
bungsdokumentation der Altgrabung, wenn auch die Skulpturen selbst vergleichsweise gut dokumentiert sind. Dem Erdbeben des 3. Jhs.,
nach dem fast die gesamte Wandverkleidung des Atriums und des Südraums 1 der domus ausgeräumt wurde, fiel sicher auch ein Großteil der
Skulpturenausstattung der domus zum Opfer. Nach diesem Erdbeben wurde vielleicht ein Fuhrwerksbetrieb auf der Ebene von Peristyl und
Atrium der domus eingerichtet10. In der Spätantike schließlich wurden eine Werkstatt mit Ofen in SR 1 und ein Kalkofen im Raum H im Ost-
teil des Hanghauses 1 betrieben; für die Verwertung hergerichtetes Material wurde in den Räumen D, F und G entdeckt11 - es ist also durch-
aus möglich, daß auch Skulpturen zu diesem Zweck, auch von weit her, herangeschafft worden sind. Einige Skulpturenfunde aus dem Hang-
haus 1 sind mit Sicherheit als nicht zur Ausstattung gehörig einzustufen, so z. B. die Sarkophagfragmente S 17, 92 und 95, die Ostotheken
S 93 und 102 oder das Vbmfio-Relief S 90. Der prominenteste Kandidat ist hier das Lockenfragment vom kolossalen Tituskopf S 114, der
einst im flavischen Kaiserkulttempel aufgestellt war.
Die Fundsituation der Skulpturen spiegelt die Geschichte des Komplexes. Nur ein einziges Denkmal, die Doppelherme S 9A im westlichsten
Intercolumnium der südlichen Säulenhalle des Peristyls der domus, wurde in situ aufgefunden; der größte Teil der Skulpturen stammt aus
nicht näher definierten Schuttlagen. Mehrere Skulpturen wurden, in Einzelteile zerbrochen oder zerschlagen, verstreut an verschiedenen Or-
ten der domus gefunden: so Teile des Hermenzauns, die in nachgallienischen Mauern verbaut wurden (S 9L, S 9J) bzw. im Westgang des Pe-
ristyls gefunden wurden (S 9C, E-G) oder der Herakliskos S 15 mit Fundorten nördlich des Brunnenbeckens des Peristyls bzw. vor der Brun-
nenrückwand des Atriums. Auch der einzige erhaltene lebensgroße Idealkopf S 16 wurde in der Spolienmauer über dem Brunnenbecken des
Peristyls verbaut.
Nach dem Erdbeben in der Zeit des Kaisers Gallien wurden im späteren 3. Jahrhundert Teile der architektonischen Ausstattung des Atriums
in den Schachtbrunnen versenkt, dazu auch Kopf und Torso der Zeusstatuette S 49; die Plinthe und die rechte Hand fanden sich dagegen in
zwei Südräumen (SR 1 und 6). Zahlreiche verbrannte, kleinteilige späthadrianisch-antoninische Porträtfragmente - die F. Eichler z. T. mit
Fragmenten anderer Fundorte aus dem Hanghaus 1 und 2 zusammensetzen konnte (S 28-30, 32) - stammen wie die Wagenbronzen aus dem
sog. Brandschutt, der einzigen während der Peristylgrabung beobachteten Schicht im Westgang des Peristyls der domus, zu der es eine Posi-
tionsskizze gibt; der ursprüngliche Aufstellungsort dieser Skulpturen ist unklar12. Insgesamt stammen die meisten Skulpturenfunde aus dem
Bereich des Peristyls, während das Atrium und die Südräume von größeren Skulpturen fast komplett geräumt wurden; in den Südräumen do-
minieren die kleinteiligen Fragmente in den Einschüttungen aus dem 4. Jh. n. Chr. Eine Konzentration von etwas größeren Fragmenten ist im
als Wohnbereich genutzten Raum B zu konstatieren, der um 300 n. Chr. eine anspruchsvolle neue Wanddekoration erhielt und auch nach den
Erdbeben des 4. Jhs. weiter bewohnt wurde.
Die Skulpturenfunde aus den drei kleineren Wohneinheiten 1-3 wiederum, bei denen z. T. zahlreiche Umbauten die ursprüngliche Gestalt
verunklären, stammen durchwegs aus dem Schutt bzw. in einigen Fällen den Mörtelspuren zufolge aus Mauern: Aufstellungsorte lassen sich
nur sehr selten rekonstruieren oder zumindest vermuten. Die Wohneinheit 3 fällt jedoch durch thematisch wie chronologisch interessante
Denkmäler auf.
Ein Großteil der kleinformatigen Skulpturenfunde aus dem Hanghaus 1 ist nur sehr fragmentarisch erhalten und stammt aus den Einschüt-
tungen nach den Erdbeben des 4. Jhs., was bei den Nachgrabungen in den Südräumen der domus, SR 1, 2 und 6 durch die Auswertung der
Kleinfunde dokumentiert ist. Anders liegt der Fall bei den Funden aus der Altgrabung, bei denen keine Korrelation zwischen den beobach-
teten Schichten und den Fundkisten bzw. dem Fundmaterial hergestellt wurde13. Mancherorts muß auch mit Absinken des Materials von Süd
nach Nord gerechnet werden, so im Bereich der Südräume SR 2 und 6. Eine deutliche Warnung vor Rückschlüssen aus den Fundortangaben
dieser Schuttfunde auf die ursprünglichen Aufstellungsbereiche gibt der Fall des kleinen Nimbusfragments einer Artemis Ephesia S 20 aus
dem Schutt der Zwickelräume der domus, der vermutlich mit einem Torso aus der Wohneinheit 2 des Hanghauses 2 zu ein- und derselben
Statuette gehört14.
Bei der Interpretation der Funde ist also Vorsicht geboten. Einerseits ist mit der Wieder- und Weiterverwendung der Skulpturen zu rechnen,
wie wir dies von den Befunden des Hanghauses 2 kennen15, andererseits muß auch mit spätantiker Skulptur gerechnet werden, vor allem im
Raum B. Der ganze Befund ist von der Endphase des Komplexes her zu sehen; frühe Ausstattungsphasen wie jene der domus müssen, soweit
möglich, herausgeschält werden. Hierbei können manchmal die Fundorte bzw. die Baugeschichte helfen. Ansonsten muß bei der chronolo-
gischen Zuweisung - wie generell bei der Datierung - die Stilkritik eingesetzt werden. Nur ein Denkmal ist auch durch den Fundkontext gut
datierbar, die teilweise im Brunnen versenkte Zeusstatuette S 49. Zahlreiche Funde sind wiederum so fragmentarisch erhalten, daß sie sich
der Frage der Datierung überhaupt entziehen.
Trotz der schwierigen Befundlage lassen sich dennoch einige Aussagen treffen bzw. Ergebnisse erzielen und z. T. neue Erkenntnisse zu alt-
bekannten Denkmälern beisteuem, die dann im Schlußkapitel zusammengefaßt werden.
10 Vgl. Lang-Auinger, Hanghaus 1, 206 und die Auswertung der Tierknochenfunde bes.
212. 217.
” Vgl. Lang-Auinger, Hanghaus 1, 107f. Abb. 16; 118. 147 und die Architektur- bzw.
Marmorinventarfragmente aus den Räumen D, F und G im vorliegenden Band.
12 Vgl. dazu in der allgemeinen Einleitung des vorliegenden Bandes, 17 ff. und hier weiter
unten S. 160. Zu den Wagenbronzen s. S. Jilek im vorliegenden Band, 273 ff.
13 Vgl. dazu Ladstätter 2002,14.
14 Vgl. hier S. 166f.
15 Vgl. als prominente Beispiele die hellenistische Artemis in der Wohneinheit 4, zuletzt E.
Rathmayr, in: Christof - Rathmayr 2002, 140 Taf. 33,3. 84,5; oder die Porträts des
Tiberius und der Livia in der Wohneinheit 7, M. Aurenhammer, Römische Porträts aus
Ephesos - Neue Funde aus dem Hanghaus 2, ÖJh 54, 1983, 105 ff.; C. B. Rose, Dyna-
stie Commemoration and Imperial Porträture in the Julio-Claudian Period (1997) 174
Kat. 113 Taf. 212f.; zum Tiberiusporträt zuletzt W.-R. Megow, Tiberius in Ephesos.
Überlegungen zum frühaugusteischen Prinzenporträt, ÖJh 69, 2000, 250ff.
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