92 Siebentes Buch. Zehntes Kapitel.
Meynung ist das. Wie weit ist sic von aller
Billigkeit, von der gesunden Vernunft, von
Menschlichkeit entfernt, und wie wenig
stimmt sie mit der Religion überein, welche
gar keinen Unterschied des Standes kennt,
sondern alle Menschen als Brüder unter ein-
ander ordnet. Kein Stolz ist mehr dem Geist
dieser Religion zuwider, als derbes Standes,
und keiner ist so verachtungswürdig. Ver-
achtung selbst, möchte man sagen, ist der
Gegenstand dieses Stolzes; aber ich kann
versichern, mir ist niemand verächtlicher als
der, der andere verachtet.
Emilie. Ihre Meynung ist ganz die mei-
nige. Sie können versichert seyn, daß ich
mich nicht schämen würde, die Fran eines
ehrlichen Mannes zu seyn, von welchem
Stande er auch immer wäre — und wenn
ich auch von einem höhcrn Stande wäre als
ich bin, so würde ich mich nicht erniedrigt
glauben, wenn ich unfern ehrlichen Sergeant
meinen Mann nennen sollte.
Fr. Bennct. Da Sie mir diese Erklä-
rung gethan haben, so werden Sie sich auch
nicht beleidigt finden, wenn ich Ihnen jetzd
ein Geheimnisi eröffne. —
Emilie (lächelnd) Wahrhaftig, meine
Gute, ich wundere mich eher, daß Sie nur
cs so lange verheimlichet haben, besonders da
Meynung ist das. Wie weit ist sic von aller
Billigkeit, von der gesunden Vernunft, von
Menschlichkeit entfernt, und wie wenig
stimmt sie mit der Religion überein, welche
gar keinen Unterschied des Standes kennt,
sondern alle Menschen als Brüder unter ein-
ander ordnet. Kein Stolz ist mehr dem Geist
dieser Religion zuwider, als derbes Standes,
und keiner ist so verachtungswürdig. Ver-
achtung selbst, möchte man sagen, ist der
Gegenstand dieses Stolzes; aber ich kann
versichern, mir ist niemand verächtlicher als
der, der andere verachtet.
Emilie. Ihre Meynung ist ganz die mei-
nige. Sie können versichert seyn, daß ich
mich nicht schämen würde, die Fran eines
ehrlichen Mannes zu seyn, von welchem
Stande er auch immer wäre — und wenn
ich auch von einem höhcrn Stande wäre als
ich bin, so würde ich mich nicht erniedrigt
glauben, wenn ich unfern ehrlichen Sergeant
meinen Mann nennen sollte.
Fr. Bennct. Da Sie mir diese Erklä-
rung gethan haben, so werden Sie sich auch
nicht beleidigt finden, wenn ich Ihnen jetzd
ein Geheimnisi eröffne. —
Emilie (lächelnd) Wahrhaftig, meine
Gute, ich wundere mich eher, daß Sie nur
cs so lange verheimlichet haben, besonders da