Metadaten

Galerie Fischer <Luzern> [Hrsg.]
Auktion / Galerie Fischer: Khmer- und Siamplastiken: Kollektion eines ausländischen Privatsammlers ; Auktion in Luzern, Freitag, den 26. August ; Ausstellung daselbst vom 1. August 1932 an — Luzern, [Nr. 33].1932

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8377#0010
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SIAMESISCHE KUNST

Eine erlesene Sammlung von Khmer- und Siamplastiken, schon vor dem Kriege in Siam ange-
legt und vielseitig ausgebaut, ist, von ihrem privaten Besitzer, nach Europa gebracht und, wäh-
rend der letzten Monate, in mehreren Schweizer Museen ausgestellt worden. Der, in jahrelangen
Bemühungen schön entfalteten Sammlung ist das Los so mancher anderen bestimmt: in wenigen
Auktionsstunden sich aufzulösen. Sie wird als Ganzes verschwinden, doch die, in ihr gebundenen,
Kräfte werden damit freigegeben, um vielleicht erst recht auszustrahlen und zu beglücken.

Bei Anlass der Ausstellung, im Gewerbemuseum zu Bern, veröffentlichte Herr Professor R. Zeller
im «Bund» eine Einführung, die auch der Luzerner Auktions-Ausstellung als Wegleitung dienen
möge. So werden noch weitere Kreise dem Berner Gelehrten Dank wissen für die lichtvolle
und präzise Art, mit der er die so vielseitigen künstlerischen, ethnographischen, religiösen
Probleme berührt, die mit siamesischer Plastik aufs engste zusammenhängen. Die Beigabe einer
geographischen Karte soll die Orientierung über die wichtigsten Kunststätten in Siam und in
den angrenzenden Ländern erleichtern. Nach solcher Vorbereitung möge unser beschreibender
Katalog mit seinen zwölf Abbildungstafeln die gewünschten Dienste tun und in die eine oder
andere Kunstbibliothek seine Aufnahme finden.

Es folgt hier die Wegleitung von Herrn Professor R. Zeller:

Wir brauchen nur um wenige Jahrzehnte zurückzugehen, da existierte der Begriff «Indische
Kunst» überhaupt noch nicht. Als solche liess man höchstens gelten die deutlich von Griechen-
land beeinflusste plastische Kunst des Nordwesten Indiens und von Afghanistan, die als soge-
nannte Ghandaraplastik den Verehrern hellenischen Geistes eine Offenbarung geworden war.
Alles weiter südlich entstandene, also die Kunstdenkmäler der eigentlichen Halbinsel, die in
Ueberfülle die Tempel und Höhlen schmücken, wurden als blosse «Ethnographie» ausser acht
gelassen. Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Zunächst erkannte man, dass es noch
einen national-indischen Kunststil gibt, der sogar, wenn auch in manchen lokalen Abwandlungen,
sehr prägnant sich von allen andern unterscheidet und grosse Aufgaben gewagt und auch ge-
löst hat. Das führte in der Folge von selber dazu, den Ausstrahlungen dieser Kunst nachzugehen,
die sich dann auch in den Nachbarländern in ungeahnter Weise darboten. Schon vorher waren
die Franzosen in ihren hinterindischen Besitzungen auf die grossartigen Denkmäler Cambodschas
gestossen, die in der grandiosen Nachbildung des grossen Tempels von Angkhor Wat jedem Be-
sucher der Pariser Kolonialausstellung einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen haben. Wei-
terhin wurden im Kunsthandel plastische Bildwerke aus Siam bekannt, meist in Gestalt gross-
formatiger Buddhaköpfe in Stein oder Bronze. So entstand mit der Zeit der Begriff des hinter-
indischen Khmer-Stils, der als etwas sehr Geschlossenes sich in gleicher Weise unterschied von
der nationalen Akrobatenplastik der vorderindischen Götterwelt wie von dem etwas gleicharti-
geren Stil der chinesischen Buddhadarstellungen.

Denn ein hervorstechendes Merkmal dieser hinterindischen Kunst ist zunächst die vorherrschende
Beschränkung auf die Gedankenwelt des Buddhismus. In Vorderindien hatte eine Art Gegen-
reformation die buddhistische Lehre ganz nach dem Süden, in die Insel Ceylon abgedrängt; in
Hinterindien von Burma über Siam bis nach Cambodscha erhielt sie sich. Dem religiösen Denken
entsprechend, konzentriert sich die eben auch vorwiegend religiöse Kunst um Buddha, seine
Legende und seine Schüler. Sie schmückt in umfangreichen Reliefdarstellungen die Wände der
Tempel; die freie Plastik bemächtigt sich des Stifters und erfindet einen Kanon, der die Gestalt
 
Annotationen