VORWORT
Nur wenige wußten, daß Ernst Spannsail eine so umfangreidie Privatsammlung besaß,
die in der Hauptsadie Kunstgewerbe aus dem 18. und der ersten Idälfte des 19. Jahrbun-
derts enthielt, und kaum einem war es vergönnt, einen Blick auf seine Schätze zu werfen.
Mit einem beinahe fanatiscken Sammeleifer hatte der sdrlanke, große Mann, früh ergraut,
seine tausenderlei Dinge zusammengetragen und zusammengehalten, mit behutsamer Be-
dächtigkeit und peinlicher Ordnungsliebe lebte er unter ilinen in seinen kleinen Zimmern,
in denen alle Schränke, Yitrinen, Tisdie und Sdiubladen mit Kleinkunst vollgestellt und
angefüllt waren, deren Zahl allein zur Aufstellung eines kleinen Museums geniigt liätte.
Der vorliegende umfangreiche Katalog, dem sidi nock ein Graphik-Katalog mit 800 Num-
mern anschließt, gibt erst einen Uberblick iiber die außergewöhnlidie Mannigfaltigkeit
und die durchweg hochstehende Qualität einer Sammlung, die in erster Linie auf beschau-
liche Betrachtung angelegt war uncl deren Bestand im Folgenden kurz skizziert sei.
Unter dem G 1 a s ragt die Gruppe der feingegliederten, durch Schnitt reich belebten
Deckelpokale und Pokalgläser hervor (16—25). Vom Anfang des 19. Jahrhunderts und aus cler
Biedermeierzeit ist eine große Anzahl Gläser vorhanden (50—75), deren Form und Dekor erst
in jiingster Zeit wieder gebührende Sdiätzung erfahren hat, sie, wie clie Biedermeierkri-
stalle (93—104), die Diaphanien und Lithophanien (118, 119) die Silhouetten( 502—518), die
Vitrinen (1337—1342), die typischen Requisiten eines Biedermeierzimmers. In der großen
Abteilung Z i n n (110—229) sind bei den Tellern, Platten und Sdiüsseln, dem vielerlei Kü-
chengerät, den Kannen, Sdiraubflaschen und Krügen, den kirchlichen Geräten und Leudi-
tern alle für Zinn typischen Formen, glatt, gebuckelt, gezogen, graviert uncl reliefiert ver-
treten. Eine besondere Stellung nimmt darunter clas Puppengeschirr ein (214—228),
kleinste Handwerkskunst, der Ernst Spannsail mit besonderer Liebe nachgegangen ist, wie
weiter in der Abteilung Keramik die Puppenservice (531—538) und die Miniatur-
figürchen aus Porzellan (809—817) bezeugen. Von den Miniaturen, Silhouetten
und Dosen (241—311) ist auf Tafel 9 nur eine kleine Auswahl gegeben, wozu noch das
Heider 1835 signierte Mädchenbildnis hinzuzufügen ist (284), das den abgebildeten Stücken
an Frische der Auffassung und Feinheit der Ausfükrung ebenbürtig ist. Unter den
Emailarbeiten zeigt der selten gut erhaltene Wiener Almanach von 1767 (329) ein
zugespitztes Rokokodekor, das überraschend an moderne Wiener Arbeiten anklingt, wäh-
rend die Dose Nr. 345 mit Puttenszenen in zarten verschwimmenden Tönen dekoriert ist.
In der umfangreichen Abteilung K e r a m i k (368—825) dominieren unter den Fayen-
cen Frankfurt und Hanau in Bezug auf Zahl und Qualität. Diese Fabriken haben in den
in leuchtendem Blau dekorierten Platten (433, 436, 440) uncl dem altmontierten Enghals-
krug (448) Meisterwerke deutscher Fayencekunst gesdiaffen, clenen sidi 2 große gecleckelte
Ansbadier Vasen (516) mit seltenem Dekor wiirdig anreihen. Von Nürnberg und Bayreuth
(450 f.) ist eine große Anzahl signierter Stücke zu erwähnen, einen seltenen Enghalskrug
liefert Crailsheim (489), fein dekorierte Stücke Durladi (499, 500), Thüringen (464 f.) ist
mit den buntfarbigen Walzenkrügen vertreten, unter seltener vorkommenden Stüdcen
finden wir Rheinsberg, Dresden und buntes Delft (472, 474, 523 f.). Unter dem P o r z e 1 -
langeschirr (539—701) ist Ludwigsburg mit allen Gesdiirrformen und Dekoren vor-
züglidi zur Stelle, anschließende Stücke von Hödist, Nymphenburg, Ansbadi und ein sel-
tenes Pfalz-Zweibrücker Stück (616) zeigen gleich gute Bemalung. Unter Meißen (626—657)
ist das weiße Service (637) aus der Frühzeit der Fabrik fornial das schönste Stück der
Sammlung. Das feinste Rokokodekor aber, die Llöroldmalerei, erscheint auf Tasse Nr. 629
Nur wenige wußten, daß Ernst Spannsail eine so umfangreidie Privatsammlung besaß,
die in der Hauptsadie Kunstgewerbe aus dem 18. und der ersten Idälfte des 19. Jahrbun-
derts enthielt, und kaum einem war es vergönnt, einen Blick auf seine Schätze zu werfen.
Mit einem beinahe fanatiscken Sammeleifer hatte der sdrlanke, große Mann, früh ergraut,
seine tausenderlei Dinge zusammengetragen und zusammengehalten, mit behutsamer Be-
dächtigkeit und peinlicher Ordnungsliebe lebte er unter ilinen in seinen kleinen Zimmern,
in denen alle Schränke, Yitrinen, Tisdie und Sdiubladen mit Kleinkunst vollgestellt und
angefüllt waren, deren Zahl allein zur Aufstellung eines kleinen Museums geniigt liätte.
Der vorliegende umfangreiche Katalog, dem sidi nock ein Graphik-Katalog mit 800 Num-
mern anschließt, gibt erst einen Uberblick iiber die außergewöhnlidie Mannigfaltigkeit
und die durchweg hochstehende Qualität einer Sammlung, die in erster Linie auf beschau-
liche Betrachtung angelegt war uncl deren Bestand im Folgenden kurz skizziert sei.
Unter dem G 1 a s ragt die Gruppe der feingegliederten, durch Schnitt reich belebten
Deckelpokale und Pokalgläser hervor (16—25). Vom Anfang des 19. Jahrhunderts und aus cler
Biedermeierzeit ist eine große Anzahl Gläser vorhanden (50—75), deren Form und Dekor erst
in jiingster Zeit wieder gebührende Sdiätzung erfahren hat, sie, wie clie Biedermeierkri-
stalle (93—104), die Diaphanien und Lithophanien (118, 119) die Silhouetten( 502—518), die
Vitrinen (1337—1342), die typischen Requisiten eines Biedermeierzimmers. In der großen
Abteilung Z i n n (110—229) sind bei den Tellern, Platten und Sdiüsseln, dem vielerlei Kü-
chengerät, den Kannen, Sdiraubflaschen und Krügen, den kirchlichen Geräten und Leudi-
tern alle für Zinn typischen Formen, glatt, gebuckelt, gezogen, graviert uncl reliefiert ver-
treten. Eine besondere Stellung nimmt darunter clas Puppengeschirr ein (214—228),
kleinste Handwerkskunst, der Ernst Spannsail mit besonderer Liebe nachgegangen ist, wie
weiter in der Abteilung Keramik die Puppenservice (531—538) und die Miniatur-
figürchen aus Porzellan (809—817) bezeugen. Von den Miniaturen, Silhouetten
und Dosen (241—311) ist auf Tafel 9 nur eine kleine Auswahl gegeben, wozu noch das
Heider 1835 signierte Mädchenbildnis hinzuzufügen ist (284), das den abgebildeten Stücken
an Frische der Auffassung und Feinheit der Ausfükrung ebenbürtig ist. Unter den
Emailarbeiten zeigt der selten gut erhaltene Wiener Almanach von 1767 (329) ein
zugespitztes Rokokodekor, das überraschend an moderne Wiener Arbeiten anklingt, wäh-
rend die Dose Nr. 345 mit Puttenszenen in zarten verschwimmenden Tönen dekoriert ist.
In der umfangreichen Abteilung K e r a m i k (368—825) dominieren unter den Fayen-
cen Frankfurt und Hanau in Bezug auf Zahl und Qualität. Diese Fabriken haben in den
in leuchtendem Blau dekorierten Platten (433, 436, 440) uncl dem altmontierten Enghals-
krug (448) Meisterwerke deutscher Fayencekunst gesdiaffen, clenen sidi 2 große gecleckelte
Ansbadier Vasen (516) mit seltenem Dekor wiirdig anreihen. Von Nürnberg und Bayreuth
(450 f.) ist eine große Anzahl signierter Stücke zu erwähnen, einen seltenen Enghalskrug
liefert Crailsheim (489), fein dekorierte Stücke Durladi (499, 500), Thüringen (464 f.) ist
mit den buntfarbigen Walzenkrügen vertreten, unter seltener vorkommenden Stüdcen
finden wir Rheinsberg, Dresden und buntes Delft (472, 474, 523 f.). Unter dem P o r z e 1 -
langeschirr (539—701) ist Ludwigsburg mit allen Gesdiirrformen und Dekoren vor-
züglidi zur Stelle, anschließende Stücke von Hödist, Nymphenburg, Ansbadi und ein sel-
tenes Pfalz-Zweibrücker Stück (616) zeigen gleich gute Bemalung. Unter Meißen (626—657)
ist das weiße Service (637) aus der Frühzeit der Fabrik fornial das schönste Stück der
Sammlung. Das feinste Rokokodekor aber, die Llöroldmalerei, erscheint auf Tasse Nr. 629