Z26 G esprachc der Todten
Theokr. Aber eben die Vernunft, welche machet, daß
Du besser denken kannst, als die andern, unterläßt ja nicht,
Dich zu verdammen, daß Du eben io handeln mußt, als sie.
Parin. Du hast recht. Es giebt eine Vernunft, die
uns vermittelst der Gedanken, über alles erhebt: folglich
muß es noch eine andre geben, die uns durch die Handlun-
gen wieder in den vorigen Stand sehet. Ist es solcherge-
stalt nicht fast besser, gar nicht nachgedacht zu haben?
Das VI Gespräch.
Brutus und Faußme.
Brutus.
:'e? Ist es möglich, daß Du Dir ein Vergnügen
gemacher, dem Kaiser Marcus Aurelius tau-
sendfältige Untreue zu erweisen: da er doch ein
Mann war, der Dir alle ersinnliche Gefälligkeit erwies, und
ohne Zweifel im ganzen römijchen Reiche der allertugend-
haftefte Mensch war?
Laustine. Ist es auch möglich, daß Du den Julius
Cäsar, einen so gelinden und sanftmüthigen Kaiser, er-
mordet hast?
Brutus. Ich wollte alle unrechtmäßige Regenten
durch das Exempel Casars erschrecken; als den auch seine
Sanftmuth und Gelindigkeit nicht in Sicherheit hätten se-
ihen können.
Laustine. Wenn ich Dir denn sagte: ich hatte durch
das Exempel des Marcus Aurelius, dessen Gütigkeit so
übel belohnet wurde, alle Ehemänner so gar erschrecken wol-
len; daß sich niemand ferner unterstehen möchte, ein Ehe-
mann zu werden?
Brums. Fürwahr, eine herrliche Absicht! Ehemän-
ner müssen ja seyn: denn wer würde sonst die Weiber re-
gieren? Aber Rom bedorfre keinen Cäsar, um von ihm
regieret zu werden. Lau-
Theokr. Aber eben die Vernunft, welche machet, daß
Du besser denken kannst, als die andern, unterläßt ja nicht,
Dich zu verdammen, daß Du eben io handeln mußt, als sie.
Parin. Du hast recht. Es giebt eine Vernunft, die
uns vermittelst der Gedanken, über alles erhebt: folglich
muß es noch eine andre geben, die uns durch die Handlun-
gen wieder in den vorigen Stand sehet. Ist es solcherge-
stalt nicht fast besser, gar nicht nachgedacht zu haben?
Das VI Gespräch.
Brutus und Faußme.
Brutus.
:'e? Ist es möglich, daß Du Dir ein Vergnügen
gemacher, dem Kaiser Marcus Aurelius tau-
sendfältige Untreue zu erweisen: da er doch ein
Mann war, der Dir alle ersinnliche Gefälligkeit erwies, und
ohne Zweifel im ganzen römijchen Reiche der allertugend-
haftefte Mensch war?
Laustine. Ist es auch möglich, daß Du den Julius
Cäsar, einen so gelinden und sanftmüthigen Kaiser, er-
mordet hast?
Brutus. Ich wollte alle unrechtmäßige Regenten
durch das Exempel Casars erschrecken; als den auch seine
Sanftmuth und Gelindigkeit nicht in Sicherheit hätten se-
ihen können.
Laustine. Wenn ich Dir denn sagte: ich hatte durch
das Exempel des Marcus Aurelius, dessen Gütigkeit so
übel belohnet wurde, alle Ehemänner so gar erschrecken wol-
len; daß sich niemand ferner unterstehen möchte, ein Ehe-
mann zu werden?
Brums. Fürwahr, eine herrliche Absicht! Ehemän-
ner müssen ja seyn: denn wer würde sonst die Weiber re-
gieren? Aber Rom bedorfre keinen Cäsar, um von ihm
regieret zu werden. Lau-