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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Häring, Hugo: Zwei Städte: eine physiognomische Studie, zugleich ein Beitrag zur Problematik des Städtebaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0225
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vollständig verbannt, in der Stadt Cs. ist er nur nen Lebensraum schaffen, indem wir seine indi-
zu Besuch, auf der Durchreise. viduelle Entfaltung als die Voraussetzung des
Natürlich setzen beide, H. und C, auch eine neue Ganzen ansehen und einsetzen. Das führt dazu,
zukünftige Gesellschaft voraus — diese findet daß wir die Ordnungsprinzipien einer mechani-
H. offenbar in Richtung sozialistischer Anschau- stischen Welt der Entfaltung des Menschen
ungen, während C. nur mehr die „gute Gesell- unterzuordnen haben und nicht umgekehrt. Wir
Schaft" im Sinne hat, — doch unterwerfen sie sind, leider, vor allem in den Städten, fast schon
trotzdem den Menschen dem geometrischen Ord- ein Opfer der Wirtschaft; wir wollen doch nicht
nungsprinzip einer mechanistischen Welt, stellen so weit gehen, daraus ein Prinzip zu machen,
sie also dieses mechanistische Ordnungsprinzip Führen wir nicht den Kampf gegen die Groß-
höher als die Ansprüche der Menschen. Mit Stadt gerade aus dem Prinzip heraus, aus dem
anderen Worten: bereits ihre Plansetzung läßt das Lebendige sich gegen die Mechanisierung
keinen Ra,um für das Lebendige, ist nur Ord- wehrt? In der Neuschaffung eines organhaften,
nungssetzung für Sachbegriffe, entwürdet Mensch also nichtgeometrischen Planbegriffes, liegt dem-
zur Sache. Die überlegenen Ordnungsformen nach das Kernproblem.

Rechteck und Quader enthalten wohl ein Prin- b) Die Landschaft. Für die Großstadt Iis. exi-
zip der Demokratie, aber sie beziehen dieses stiert sie überhaupt nicht. Sie ist draußen,
Prinzip nur auf das punktische Individuum, außerhalb der Stadt. Wer sie nötig hat, kann sie
nicht auf das zellische. Das zellische Individuum aufsuchen. Man ist besser ohne sie. Selbst das
steht außerhalb demokratischer Begriffssetzun- Dasein der Sonne zwingt nur die Konzession der
gen, es verneint diese sogar, denn es verlangt Himmelsrichtungen ab. Die Stadt lebt in der
nach Leben, Entfaltung, Leistung. Das endet in reinen Luft ihrer geistigen Ordnung, die Fläche,
Rassewerlungen, Aristokratie. Deshalb kann man das Reißbrett nimmt die Stelle der Landschaft
auch nicht von einem sozialen Gehalt der ein und folgerichtig gibt es in ihr weder Berge
preußischen Militärwelt reden, wie Spengler, noch Wälder, noch Flüsse, noch Seen. Solche
denn die Unterdrückung des Individuellen in die- Dinge wären nicht nur störend, sondern gerade-
ser Ordnung ist antisozial. Wahrhaft sozial kann zu Fremdkörper, Elemente der Anti-Stadt. Los
nur sein, was das Individuelle fördert. Ein vom Boden zur Stadt an sich.
Sozialismus, der dem aristokratischen Wesen der Etwas verbindlicher handelt G. gegen die Land-
einzelnen Seele keinen Raum läßt, ist kein Sozia- schaft, bei ihm sind am Horizont einige Berge
lismus. Jene Auffassung also, die glaubt, daß zugelassen, bei ihm kommt man aus flachem
das Gemeinschaftsleben zur Uniformierung, Nor- Lande in die Stadt, rast durch sie hindurch und
mierung und Typisierung führt, ist falsch; gc- weiter durch flaches Land. Das Rasen der
rade das Gegenteil ist richtig. Wir wollen ja das Autos ist das belebende Element der Stadt und
einzelne Wesen aus der Uniformierung, Normie- das Land ist vorzugsweise dazu da, dieses Rasen
rung, Typisierung befreien, wir wollen ihm sei- zu ermöglichen und eine Stadt mit der anderen

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Schema einer Großstadt Arch. L. Hilberseimer, Berlin

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