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Geiges, Das St. Annen-Fenster im jetzigen Alexander-Chörlein

59

oer

Jrper

All das legt die Vermutung nahe, dass die Ur- entsprechenden Tiefe mit dem durch ein wässeriges
sache der eingetretenen partiellen Ablösung der Medium (Gummi) angemessen gebundenen Schwarz-
Zeichnung viel weniger in der mangelhaften Berei- lot überzogen, die Konturen aufgesetzt, die Haupt-
tung der Schmelzfarbe selbst, als in dem teilweise lichtmassen blank herausgewischt und wo wünschens-
unzureichenden Einbrennen derselben zu suchen ist. wert die Übergänge mit dem kurz geschliffenen Borst-
pinsel nachgestupft,
die feineren Licht-
linien mit dem Feder-
kiel oder dem spitzen

Radierholz einge-
kratzt und das Ganze
teils durch Tonschat-
ten, teils durch ein-
fache und gekreuzte

Strichlagen nach
Holzschnittart durch-
gebildet und vertieft,
eine Prozedur, die
nach Bedarf teilweise
auch in anderer Rei-
henfolge vor sich ge-
hen konnte. Immer
ist jedoch die Zeich-
nung auf den ersten
Überzug für den Mit-
telton gesetzt, der im

vorliegenden Falle
glatt, d. h. nicht durch
Stupfen gekörnt an-
gelegt ist. Die Lichter
sind ganz blank aus-
gewischt, die Schatten
teilweise bis zur fast
vollständigen Dek-
kung vertieft. Auch
die Brokatmuster auf
dem blauen Hinter-
grund, sowie die ähn-
lichen, nur viel helle-
ren Musterungen auf
den Gewändern, die
Schrift auf den Nim-
ben usw. sind aus
dem in verschiedener
Tiefe aufgetragenen
Schwarzlot heraus-

Man hat wohl auch
an kalte Übermalun-
gen gedacht, und dass
man sich mitunter
dieses Hilfsmittels be-
diente, das ist nicht
nur literarisch be-
kundet, davon konnte
ich mich anlässlich

der Instandsetzung
der großen Metzer

Domfenster auch
durch eigene untrüg-
liche Wahrnehmun-
gen überzeugen. Aber
das Pfuschen müsste
bei einzelnen Chor-
fenstern des Frei-
burger Münsters
schon in einem un-
glaublichen Umfange
Platz gegriffen haben,
wenn man die ein-
getretenen Zerstörun-
gen auf solche Hand-
werkssünden zurück-
führen wollte. So-
weit sie vorkamen,
bewegten sie sich ver-
mutlich hier wie an-
derweitig doch vor-
wiegend in merklich

bescheideneren
Grenzen. Jedenfalls
hat die durch das
dankenswerte liberale
Entgegenkommen der
kirchlichen Behörden
ermöglichte ein-
gehende Unter-
suchung des St. An-

21. Ausschnitt aus dem St. Annenfenster.

nenfensters nichts erkennen lassen, was die Annahme radiert, wogegen die Zeichnung auf dem Fliesen-
unstatthafter Manipulationen genannter Art zweifeis- boden mit dem Pinsel aufgemalt ist. Die Staub-
frei begründen könnte11'. fäden der Rose sind aus dem roten Überfang aus-
Die bei unserem Fenster angewandte Maltechnik geschliffen und mit Silber gefärbt. Das Ziegelrot
ist die mit kleinen Variationen zu Anfang des 16. Jahr- auf den Fleischteilen, dem Nusskern in der Hand
hunderts bei Arbeiten ähnlichen Maßstabes im wesent- des kleinen Simon, dem Steckenpferd und dem
liehen ziemlich allgemein gebräuchliche. Das Glas Granatarmband des Judas Thaddäus usw. ist, wie meist
wurde zunächst in einer dem jeweiligen Mittelton üblich, auf der Rück-, d. h. der Außenseite aufgelegt,
 
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