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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 15.1919

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Schmitt, Otto: Das heilige Grab im Freiburger Münster (Otto Schmitt)
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https://doi.org/10.11588/diglit.2401#0011
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Schmitt, Das Heilige Grab im Freiburger Münster

bar lässt10. Auch der Kopf ist von dem Tuch be-
deckt, das ein schmales und unendlich langes, im
Tod erstarrtes Gesicht umrahmt. Die Augen liegen
gebrochen in tiefen Höhlen, der geöffnete Mund ist
wie im Starrkrampf zur Seite gezerrt; spitz treten die
Backenknochen heraus, und scharfe Falten durch-
ziehen das Gesicht, dessen furchtbare Majestät der
lange Bart und das symmetrisch gewellte Haar noch
erhöhen. Das Haupt ruht auf dem mächtigen Kreuz-
nimbus wie auf einem Kissen (Abb. 7). Die durch-

hält ein Gefäß. Das Leibgewand, das der Heiland
unter dem schräg geschulterten Mantel trägt, ist auf
der rechten Brust geschlitzt; es soll also die Seiten-
wunde gezeigt werden. Vermutlich war sie ebenso
wie die Male an Händen und Füßen nur gemalt und
wurde bei einer Neufassung aufzufrischen vergessen "•
Offenkundig ist Christus als der Auferstandene dar-
gestellt, und darauf weisen auch die vergnügten
Mienen der beiden Frauen hin, in denen wir wohl
seine Mutter (rechts mit Salbgefäß und Gebände) und

_____________l\ ;' -

Abb. 6. Rekonstruktion des Sarkophages (nach dem Gipsabguss im Münsterbauamt)

bohrten Hände liegen nebeneinander auf dem Schoß;
auch die Fußwunden sind deutlich gemacht.

Die fünf Figuren oben zwischen den Wimpergen
der Innenfassäde stellen Christus, zwei Frauen und
zwei rauchfasschwingende Engel dar (Abb. 10, 12, 17).
Die eine der Frauen faltet die Hände, die andere

10 In diese Nische wird noch jetzt alljährlich auf Karfreitag
die Hostie übertragen. Vgl. Kempf a. a. O. S. 5 ff. Dass auch
sonstwo dieser Brauch bestand, weist Joh. Graus im Kirchen-
schmuck VI nach; über Straßburg vgl. die unten angeführte
Stelle aus Ctoseners Chronik.

Maria Magdalena zu erblicken haben.*) So erhält
die Tragödie, deren schmerzvolles Ende der Leich-
nam im Innern der Kapelle zeigt, einen tröstenden
Epilog in den fünf die Arkade krönenden Figuren
der Auferstehung'2.

11 Die Bemalung ist 1891 auf Grund alter Reste völlig er-
neuert worden.

*) Vgl. dagegen Jos. Marmon, Unserer Lieben Frauen
Münster zu Freiburg i. Br. (1878) S. 65 und Friedr. Kempf
in dieser Zeitschr. 13 (1917) S. 2. (Zusatz der Schriftleitung.)

'- Wir dürfen in dieser Verbindung der Osterszene mit
 
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