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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 15.1919

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Schmitt, Otto: Das heilige Grab im Freiburger Münster (Otto Schmitt)
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https://doi.org/10.11588/diglit.2401#0020
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Schmitt, Das Heilige Grab im Freiburger Münster

15

geständnisse. Er war kein Großer und braucht des-
halb nicht ausführlicher gewürdigt zu werden.) Dem
Schöpfer der Tumbafiguren, dem Meister des rechten
Engels, gilt unser Interesse.

III.

Es wurde oben bemerkt, dass das Freiburger
Heiliggrab das älteste erhaltene Beispiel jener
spezifisch spätmittelalterlichen Gattung des Heiligen
Grabes ist. Nachdem wir festgestellt haben, dass die
Freiburger Skulpturen von Straßburg beeinflusst,
ja ohne das Straß-
burger Vorbild un-
denkbar sind, lässt
sich die Frage nicht
umgehen, ob nicht
auch für den ganzen
Typ, für die An-
lage des Heiligen
Grabes Straßbur-
ger Anregungen
vonBedeutungsein
möchten. Wir sind
in der Tat geneigt,
auch nach dieser
Seite eine vorbild-
liche Rolle der
elsässischen Hütte
anzunehmen: Denn
just zur Zeit der
Figuren an der
Katharinenkapelle
wurde im Straß-
burger Münster ein
heiliges Grab er-
richtet, und zwar

eben in jener
Katharinenkapelle,
deren Statuen den
stilistischen Aus-
gangspunkt der
Freiburger Skulp-
turen bilden. Über seine Entstehung berichtet der
Straßburger Chronist Futsche Closener (gest. wahr-
scheinlich zwischen 1390—1396) wörtlich folgendes:

„Er (d. h. Bischof Bertold von Bucheck) stifte
ouch ein capelle bi sime lebende, nebent dem munstere
zu der rehten siten wider den fronhof. Do det er im
(d. h. sich) ein grab in machen. Do daz grab gemäht
wart und ers gesach, do was es schonre und kostberre
den daz grab do man an dem karfritage jerlichen unsern
herren inleite. Do sprach er: ,daz sol nüt sin, daz min
grab gottes grab übertreffe', und det do daz grab noch
besser machen und schonre und gab es unserm herren-
got zu eime heiligen grabe, und nies im do in der selben
capellen ein gefuger (d. h. passenderes) grab machen. In

Abb. 20. Straßburg, Münster: Grabmal

eest.

der selben capelle stift er ouch vier erliche pfrunden
und det sü wihen in sant Katherinen ere, dez jores do
von gottes geburte worent 1349 jor."3i

Closeners Bericht ist unantastbar und wohl auch
im einzelnen zuverlässig. Der Verfasser war schon
1349, im Weihejahr der Katharinenkapelle, Geistlicher
am Münster und erhielt 1350 die erste Pfründe am
Katharinenaltar selbst, schöpfte also aus allererster
Quelle; vielleicht ist er gar Augenzeuge des geschil-
derten Vorgangs gewesen35. Die Nachricht, dass ein
Bischofsdenkmal in ein Heiliges Grab umgebaut wird,

bietet, so wenig
glaubwürdig sie
auch zunächst
scheinen mag, nicht
die geringste
Schwierigkeit,
wenn wir uns Ber-
tolds Grabmal ähn-
lich dem etwa vier
Jahrzehnte älteren
Epitaph des Bi-
schofs Konrad von
Lichtenberg (gest.
1299) in der Johan-
neskapelle des
Münsters vorstel-
len, d. h. als Wand-
hochgrab, in dem
die Statue des Ver-
storbenen auf einer
horizontalen Bank

niedergelegt ist
(Abb. 20). Diese
Figur war leicht zu

entfernen und
durch einen Sar-
kophag zu ersetzen.
Eine derartige An-
nahme, die um so
berechtigter ist, als
man in Bischofs-

des Erzbischofs Konrad von Lichtenberg,
1299.

kirchen (z. B. Mainz und Würzburg) gern an dem
einmal gewählten Grabmaltyp festhielt, führt uns
aber zu einem Aufbau, der eine ganz große Ähnlich-
keit mit der Freiburger Kapelle (Abb. 5) nicht ver-
leugnen kann. Ein Blick auf das Eberbacher Grab-
mal des Bischofs Gerlach von Mainz (gest. 1371),
das ebenfalls in die Gattung der Wandhochgräber
gehört und möglicherweise von Straßburg abhängig

31 Chroniken der deutschen Städte Bd. 8 S. 93—94. Königs-
hofen (am gleichen Orte Bd. 9 S. 668—669) hat die Nachricht
Closeners wörtlich übernommen.

3" H. Vildhaut, Quellenkunde zur allgemeinen Geschichte
IV- (Werl 1909) S. 40.
 
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