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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 15.1919

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Schmitt, Otto: Das heilige Grab im Freiburger Münster (Otto Schmitt)
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https://doi.org/10.11588/diglit.2401#0021
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Schmitt, Das Heilige Grab im Freiburger Münster

ist, zeigt an der gleichen Stelle wie unser Heiliges
Grab, nämlich zwischen den Wimpergen des Aufbaus,
Statuettenschmuck30. Gewiss fehlte er auch an Ber-
tolds Epitaph nicht, und vielleicht war es gerade
das Übermaß an plastischem Beiwerk, was die Be-
scheidenheit des Bischofs ver-
letzte. So müssen wir unbe-
dingt mit der Möglichkeit
rechnen, dass auch die archi-
tektonische Anlage und über-
haupt der Typ des Heiligen
Grabes in Freiburg von einem
Straßburger Vorbild angeregt
ist37. Es läge dann nahe an-
zunehmen, dass die Skulp-
turen des Straßburger Grabes
der Richtung jener oben er-
wähnten Statuen an den Pfei-
lern derKatharinenkapeüe an-
gehört hätten. Gewissheit
darüber wird wohl nie zu

erlangen sein, da das Straß-

& ' Abb. 21. Straßburg, Mo

burger Grab bis auf geringe Heiligen

Überreste zerstört ist. Bei

der Herrichtung des Chors in den vierziger Jahren
des 19. Jahrhunderts wurden ein Paar Bruchstücke
gefunden, die jetzt im ersten Obergeschoss des Süd-

nster: Kriegerkopf vom
Grab.

30 Das Eberbacher Grabmal ist heute umgebaut. Rekon-
struktion bei C. Schäfer, Die Abtei Eberbach im Mittelalter. Berlin
1901 S. 88 und da-
nach F.Luthmer, Die
Bau- und Kunst-
denkmäler im Regie-
rungsbezirk Wies-
baden Bd. 1 S. 171.
37 Das schließt
natürlich nicht aus,
dass das Freiburger
Münster auch vor-
her schon ein Hei-
liges Grab besaß.-

Sollte daher die
schöne, noch ins
13. Jahrhundert ge-
hörende Holzstatue
der Maria Magda-
lena in den Frei-,
burgerStädt. Samm-
lungen stammen?
Für die Entsteh-
ungszeit vgl. das
Heilige Grab in

Konstanz, das Magdeburger Brautportal und die Jungfrauen im
Dom zu Bremen. Leider lässt sich nicht feststellen, ob dieses
Heilige Grab, entsprechend der spätmittelalterlichen Auffassung,
die Marien in Verbindung mit dem Leichnam Christi zeigte
oder ohne ihn, es sei denn, dass man den Gesichtsausdruck der
Freiburger Figur als freudiges Erstaunen zu interpretieren wagt,
was nicht ausgeschlossen ist. Jedenfalls fehlt jede eindeutige
Darstellung des Schmerzes, mit dem diese Zeit sonst nicht zu
geizen pflegte.

Abb- 22. Straßburg, Münster: Vorderwand vom Sarkophag des Heiligen Grabes.

turms aufgestellt sind38. Es handelt sich um den
Torso des Leichnams Christi und fünf Wächter, die
hier auf vier Platten verteilt sind. Der Heiland, dem
Kopf und Füße fehlen — trotzdem beträgt die Länge
noch 1,64 m — ist wie in Freiburg (und Gmünd) in

ein langes, vielfach und par-
allel gefälteltes Tuch gehüllt.
Wie in Freiburg liegen die
Hände nebeneinander auf den
Oberschenkeln; auch die blu-
tige Seitenwunde und die Sa-
kramentsnische fehlen nicht.
An den Kriegern ist viel er-
gänzt, doch genügt der hier
abgebildete Kopf (Abb. 21),
um die erlesene Feinheit des
Werkes zu zeigen. Man kann
das schön stilisierte Haar,
die weiche Schweifung der
halbgeöffneten Augen bei dem
unbehelmten Freiburger wie-
der finden, dort auch (im
Gegensatz zu Gmünd) die
gleiche Eintiefung der vor-
dem Tumbawand zur Aufnahme der Krieger (Abb. 6)
und selbst ein ähnliches, doch einfacheres Rahmen-
profil39. Der eine Soldat, der seinen Kameraden
wachzurütteln sucht und mit furchtbarer Grimasse
nach oben deutet (Abb. 22), könnte daraufhinweisen,

dass auch in
Straßburg über
dem Sarkophag
der Auferstan-
dene dargestellt
war40. Die Ver-
nichtung der
Straßburger
Grabanlage lässt
ein letztes Urteil
in der aufgewor-
fenen Frage
nicht zu; unbe-
streitbar aber ist
die stilistische

Abhängigkeit
der Freiburger
Grabfiguren von
der Straßburger Plastik. Hiermit kommen wir noch
einmal auf die Straßburger und Freiburger Skulpturen

3" Kraus a. a. O. S. 474.

89 Man beachte auf Abb. 22 auch die in Freiburg öfters
beobachteten straffen Zipfelbildungen an den Schultern der
Krieger (nur zum Teil ergänzt), die knappen schmalen Falten
an dem Waffenrock des rechten usw.

10 Das Motiv des Deutens nach oben kehrt sogar noch an
 
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