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Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs für Heidelberg und Umgebung [Hrsg.]
Heidelberger Fremdenblatt: Stadt-Anzeiger ; amtliche Fremdenliste — 1924

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Nr. 7 - 17 (Juni 1924)
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Nr. 7

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1924

Ncckarsteinach

II.

Die Linie tier Harphenburg erlosch bald, aber so-
wohl diese als der weiter b'liihende Zweig des Eeschlechts
führten im Wappen die „Harfe". Dieser Zweig benannte
sich auch mit dem Namen Landschadt oder Landfchaden,
llber welchen Beinamen Eustao Schwab erzählt, Kaifer
Rudolf von Habsburg habe verordnet, „datz niemand eine
Burg haben solle, es geschehe denn ohne des Landes
Schaden". Dieser Blikker aber, von Raub und Mord
lebend, war der Schrecken der Eegend, ein wirklicher
„Landschaden", der vom Kaiser mit Acht und Aberacht
belegt wurde. Was aber nicht geholfen hat, denn Ritter
Blikker ist oin wüster Eeselle geblieben bis an sein
schrecklich Ende.

Sein Sohn Ulrich Landschaden von Steynach
hatte den schlimmen Namen, aber nicht den Hang zu
bösen Taten geerbt. Um die Freoel seines Vaters zu
bützen, nahm er das Kreuz und zog gegen die Sara-
zenen. Er war ein grotzer Held und soll auch, der
Sage nach, dem Sultan eigenhändig den Kopf abae-
hauen haben. Als Lohn dafiir bestätigte ihm der
Kaiser die Ritterwürde und verlieh ihm den bisherigen
Schimpfnamen Landschaden als ritterlichen und ehr-
lichen Eeschlechtsnamen. Auch durfte er in seinem
Mappen, als Erinnerung an die Heldentat, über der
Harfe den Kopf eines wilden Mannes fllhren. Jn
dieser Form ist auch das Wappen der Landschadt bis
zu Ende gefllhrt worden.

Die Ritter von Steinach mit dem Zunamen Land-
schadt oder Landschaden wohnten dann faft ununter-
brochen auf dem Berg über Neckarsteinach. Der be-
deutendste unter ihnen und eine der edelsten Eestalten
des süddeutschen Adels war Ritter Hans, geboren
1465, gestorben 1531. Dieser Hans von Steinach ist auch
der Held des sehr lesenswerten Neckarsteinacher Ro-
mans von Walther. Hans Landschadt zeichnete sich in
den Kriegen gegen die Türken unter Mathias Lor-
vinus in Ungarn aus, machte eine Wallfahrt ins
heilige Land und wirkte auch als Befehlshaber in
pfälzischen Diensten. Die sich aus seinem Uebertritt
zur neuen Lehre Luthers ergebenden Kämpfe füllten
den Rest seines Lebens aus. Er berief den Priester
Jakob Otter nach Neckarsteinach, dessen Bewohner sich
von ihm ebenfalls zur neuen Lehre bekehren lietzen.

Am 1. November 1653 starb der letztc männliche
Sprotz des alten Eeschlechts Landschaden von Stepnach.
Stadt und Vurgen fielen an die Bistümer von Worms
und Speyer zurück. Im Iahre 1657 wurde Neckar-
steinach dem Wolf Heinrich von Metternich als Lehen
zuerkannt, 1660 ging der Besitz an eine andere Linie
Mettcrnich Uber. Nach deren Aussterben wollten
Worms und Speyer die Herrschaft nicht weiter rls
Lehen vergeben. Wohl machte Kurfürst Karl Theodor
den Versuch, den Besitz Neckarsteinachs an sich zu reitzen,
wurde aber 1755 durch ein kaiserliches Mandat ae-
zwungen, Ort und Burgen den Hochstiftern zurück-
zugeben, die nun bie Berwaltung gemeinschaftlich
führten.

Im Iahre 1803 kam Neckarsteinach infolge „Reichs-
Deputations-Hauptschlusses" an H e s s e n, wohin es
heute auch gehört.

Das Amtsgericht befindet sich in Hirschhorn, das
Kreisamt in Heppenheim an der Bergstratze, die ober-
sten Landesbehörden in Darmstadt.

Nach einem Spaziergang den Neckarstaden entlang,
wo sich dem Veschauer zu jeder Zeit eine wundervolle
Szenerie darbietet, — mit dem turmgekröntcn Dilsberg
gegenüber, dem an den Berg geklebten „Schwalben-
nest" zur Rechten, don schön geschwungenen Eebirgs-
zllgen des Neckartals zur Linken, im Hintergrund dis
malerisch aufgebaute Stadt mit ihren Bergen und
Vurgen, — nach diesem Naturgenutz erlesenster Art
betreten wir frohgestimmt das interessante Innere
Neckarsteinachs.

Eleich rechts an der ersten Stratzenecke gegenllber
dem Easthaus zum „Schwanen" eine eingemauerte rot-
braune Steinsäule, auf der die Wasserstände des Nek-
kars bei autzergewöhnlicher Hochflut seit 400 Iahren
eingemeitzelt sind.

Auf der Steinsäule befinden sich die Flutstriche der
erreichten Höhe noch aus den Iahren 1663, 1524, 1882
s28. Dezember), 1529, 1587, 1561, 1817, 1784, 1824.
Diese beiden letztsn Pegelstriche überragen alle anderen
um ein recht Bedeutendes, und es müssen wohl diese
Hochwasserkatastrophen besonders viel Unglück und
Jammer über Neckarsteinach gebracht haben.

Eegenüber zu linker Hand steht unterhalb dem
Easthaus zum „goldenen Hirsch" ein sehr sehenswertes

Haus im Renaissancestil mit vorspringendem Erker.
Ein guterhaltenes Bauwerk aus dem oierzehnten Iahr-
hundert. An der Kellertllr steht noch die Iahreszahl
1587 und unter dem Fenster die Inschrift: „Stefan
Schroth der Zeit Ambtmann zv Hirshorn vnd Maria
Ursvla Bollerin seine eheliche Hausfrao." Schroth lebte
um 1660. Im aberen Stock dieses Hauses ein interessun-
tes Elasgemälde aus dem Iahre 1656. Es stellt den
Metzger Hans Lutz aus Weinheim dar mit Ehefrau
und Kindern, Szenen aus dem Berufsleben des Mei-
sters umgeben von den Medaillonbildern der zwölf
Apostel.

An der Ecke der Hauptstratze fällt gleich das neue
Rathaus auf mit seinem von sechs Pfeilern getragenen
arkadenartigen Untergeschotz und den beiden Röhren-
brunnen davor. Das stattliche Gebäude fügt sich stilvoll
in seine Umgebung ein.

In der Kirchstratze macht sich noch ein vor 1755 im
Rokokostil erbautes Haus des Eerbermeisters Simon
Spitz bemerkbar. In Neckarsteinach stand die Gerberek
von jeher in grotzer Blüte.

Das bedeutendste architektonische Denkmal Neckar-
steinachs ist die gothische K i r ch e. Der Bau auf
dem Hügel am Abhang des Burgberges war wohl mit
grotzen Schwierigkeiten verbunden. Die Kirche ist auf
den Resten einer noch älteren gegen Ende des 15. Iahr-
hunderts erbaut worden. Ueberall in der Kirche und
an ihren Autzenseiten zahlreiche Erabsteine mit tells
verwitterten, teils noch gut lesbaren Inschriften, die
sich vielfach auf die Ritter von Landschadt beziehen. So
die noch entzifferbare Inschrift auf dem Grabmal des
Erbauers der Kirche: f„ . . . ist gestorbe der edel und
sest Blicker Landschadt. ist hie begraben. Dem. wol.
got. gnedig sin. Knno ckni. (XXXIXOIII. ist gestorbe
die edel frauwe dl^e geborn von Helmstadt und lit
hie begraben."s Die Kirche hat einige alte, sehenswerte
Elasfenster mit sehr interessanten Vildern und Wap-
pen. Die merkwürdigsten Denkmäler stehen im Schiff
der Kirche. So an der Südwand ein Ritter, der seine
beiden Hände auf das oor ihm liegende Schwert ge-
legt hat, zu seinen Fützen der treue Hund, links die
Harfe. Das ist das Denkmal des Ulrich von Landschadt
(gest. 1369), der ein sehr kühner Mann gewesen ist und
v'on dem die Sage erzählt, in Heidelberg habe ihm

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