(T. 123c,d, 137f., 188a). Die Säulenarkade, die in der Can-
celleria und noch in den Palästen Fieschi, Doria Pamphili,
della Valle, Lante-Medici und Ossoli eine so bedeutende
Rolle gespielt hatte, verschwand seit Raffaels Palastbauten
fast völlig. Die Ursache hierfür war wohl ein kanonischeres
Denken, das sich Albertis Empfehlung, die Säule nicht mit
dem Bogen zu verbinden, zu eigen machte27. So bemerkt
Peruzzi auf seinen Entwürfen UA 352,353 für den Palazzo
Lambertini in Bologna (1522/23): „...le colone tonde
secondo el costume deli buoni antiqui non possano tenere
archi e crosiera“28 (T. 184c). Die Säulen erhielten nun ent-
weder ein gerades Gebälk wie in Sangallos erstem Entwurf
UA 1298 für Pal. Baldassini, im Pal. dell’Aquila und in den
beiden Pal. Massimo, oder aber man griff auf die „Serliana“
zurück, die von Bramante in Rom eingeführt worden war
und mit dem Gebälk ihrer Seitenabschnitte Albertis Emp-
fehlung gehorchte (Pal. Fusconi, Regis, Sangallos Haus in
Via Giulia, sein Entwurf UA 994 für den Pal. Luca Massi-
mo). Das Verhältnis der lichten Arkadenmaße lag selten
unter 1:1,5, selten über 1:2. Die Interkolumnien zwischen
zwei Säulen mit Gebälk waren variabler und schwankten
zwischen etwa 1:4 (Entwurf für Raffaels Haus in Via
Giulia) und etwa 1:1,3 (Pal. dell’Aquila) (T. 110a,b, 9a).
In vierseitigen Säulenhöfen findet sich sowohl der ver-
stärkende Eckpfeiler, den die Cancelleria in Rom einge-
bürgert hatte (Pal. della Valle, Peruzzis Entwürfe UA 456,
597, 598, 546, Sangallos Entwurf UA 997) (T.149a, 183e,
184 b, 187 a), als auch die toskanische Ecksäule (Doria
Pamphili, Lante-Medici, Peruzzis Entwürfe UA 594,4130,
Sangallos Entwürfe UA 1116 r -|-v, 1074) (T.35a, 188a).
Für die vierseitigen Pfeilerhöfe hatte Sangallo im Pal. Far-
nese die Eckverstärkung aufgebracht, die nicht nur in sei-
nem Entwurf UA 969 für den Pal. Pucci in Orvieto, sondern
auch in späteren Höfen wie dem des Collegio Romano auf-
gegriffen wurde. Ohne Nachfolge in den Höfen unserer
Epoche blieb hingegen die vergrößerte Mittelarkade der
Eingangsloggia des Cancelleriahofes, die sich zumal mit
dem minuziös kalkulierten System einer Pfeilerarkade
schwer in Einklang bringen ließ. Nur Raffael dehnt im Hof
27 Alberti, De re aedificatoria, VII, 6; Wurm 1965, 120; Klotz 1969
(s. S. 26, Anm. 9).
28 Wurm 1965, 120E, 178; nach F. Malaguzzi-Valeri, L’architettura
a Bologna nel Rinascimento, Rocca S.Casciano 1899, 184ff. kam
dann im Pal. Lambertini tatsächlich ein Säulenhof mit dorischer
Ordnung und abgekürztem Gebälk ohne Triglyphenfries zur Aus-
führung : „... un lato (del cortile) verso l’ingresso, con alte colonne
doriche ornate di un giro di rosette intorno al capitello, reggenti
direttamente un architrave lungo quanto il lato del cortile e ornato
di rose negli intercolonnii, al di sotto, e di gruppi di gocce quali
corrisponderebbero ai triglifi ehe qui mancano. La loggia superiore
e moderna“; vgl. auch A. Cornaro in Fiocco 1952.
seines Projektes UA 310/311 das Mittelinterkolumnium
ebenfalls unmerklich aus (T. 110a,b).
Seit den Höfen des Pal. Venezia und der Cancelleria
wurde die dorisch-toskanische Ordnung für die Erdge-
schoßloggia bevorzugt29. Die Mehrzahl der Höfe folgte im
Aufwachsen ihrer Geschosse dem Prinzip der Superposi-
tion, das den Architekten am Marcellustheater und am
Kolosseum ständig gegenwärtig war. Im Sinne der Super-
position ist auch der Pal. Caffarelli zu verstehen, der im Hof
die Abfolge der Fassade wiederholt und das Toskanische
auf die Rustika folgen läßt (T.26b). Möglicherweise war
die Loggia des Pal. Caprini ähnlich gestaltet. Ausnahmen
sind Höfe wie die des Pal. Giraud oder des Pal. Alberini, die
über keine Ordnung verfügen und deren Erdgeschoß
bestenfalls auf das rustizierte Sockelgeschoß der Fassade
anspielt, oder Höfe wie die der Pal. Riario alla Lungara oder
Capodiferro, die nur im Erdgeschoß eine Ordnung be-
sitzen (T.82b, 2, 118, 28b); schließlich jene Höfe, die mit
einer Ordnung ausgestattet sind, jedoch vom Prinzip der
Superposition abweichen (Pal. S.Uffizio) (T. 179). Eine
direkte Umkehrung des Superpositionsprinzips fand sich
im Pal.Fieschi und in Peruzzis Pal.Fusconi (T.75c, 76f).
In beiden trugen jonische Erdgeschoßarkaden ein dori-
sches Piano Nobile. Doch während wir dies bei dem Archi-
tekten des Pal. Fieschi noch als quattrocenteske Willkür
interpretieren dürfen, wäre dem gebildeten Peruzzi eine
solche Mißachtung der Regel niemals zufällig unterlaufen.
Die Zahl der Hofgeschosse schwankte im allgemeinen
zwischen zwei und drei. Meist wurde versucht, jedem
Fassadengeschoß ein gleichwertiges Hofgeschoß entspre-
chen zu lassen. Bei vierseitigen Innenhöfen konnte dies
jedoch zu Belichtungsproblemen führen. So bemerkt noch
um 1570 Guglielmo della Porta, der Hof des Pal. Farnese
werde wie ein Schacht wirken, wenn man den Rücktrakt bis
ins dritte Geschoß hochführe30. Bei dem relativ längeren
Hof der Cancelleria gab es diese Sorge nicht. Im Hof des
Pal. Giraud blieb Bramante wohl aus dem gleichen Grund
wesentlich unter der Fassadenhöhe. Für die Höfe der Pal.
Doria Pamphili war wohl kein drittes Geschoß geplant. Für
die größeren Paläste scheint die Regel gegolten zu haben,
daß die Höhe des Hofes die Länge der größeren seiner bei-
den Grundseiten nicht überschreiten sollte (Cancelleria,
Pal.Giraud, della Valle, dei Tribunali(?), S.Uffizio, Far-
nese, Capodiferro). In anderen Palästen konnte man aus
Raummangel keine Rücksicht auf die Lichtverhältnisse
nehmen. Im Pal. Baldassini ist der Hof ein wenig niedriger
29 Der Cod. Barb. 4360 (fol. 10) empfiehlt für die Erdgeschoßloggien
einen „ordine sodo“ wie Rustika, toskanisch oder dorisch.
30 s.Bd.II, 115f., Dok. 104.
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celleria und noch in den Palästen Fieschi, Doria Pamphili,
della Valle, Lante-Medici und Ossoli eine so bedeutende
Rolle gespielt hatte, verschwand seit Raffaels Palastbauten
fast völlig. Die Ursache hierfür war wohl ein kanonischeres
Denken, das sich Albertis Empfehlung, die Säule nicht mit
dem Bogen zu verbinden, zu eigen machte27. So bemerkt
Peruzzi auf seinen Entwürfen UA 352,353 für den Palazzo
Lambertini in Bologna (1522/23): „...le colone tonde
secondo el costume deli buoni antiqui non possano tenere
archi e crosiera“28 (T. 184c). Die Säulen erhielten nun ent-
weder ein gerades Gebälk wie in Sangallos erstem Entwurf
UA 1298 für Pal. Baldassini, im Pal. dell’Aquila und in den
beiden Pal. Massimo, oder aber man griff auf die „Serliana“
zurück, die von Bramante in Rom eingeführt worden war
und mit dem Gebälk ihrer Seitenabschnitte Albertis Emp-
fehlung gehorchte (Pal. Fusconi, Regis, Sangallos Haus in
Via Giulia, sein Entwurf UA 994 für den Pal. Luca Massi-
mo). Das Verhältnis der lichten Arkadenmaße lag selten
unter 1:1,5, selten über 1:2. Die Interkolumnien zwischen
zwei Säulen mit Gebälk waren variabler und schwankten
zwischen etwa 1:4 (Entwurf für Raffaels Haus in Via
Giulia) und etwa 1:1,3 (Pal. dell’Aquila) (T. 110a,b, 9a).
In vierseitigen Säulenhöfen findet sich sowohl der ver-
stärkende Eckpfeiler, den die Cancelleria in Rom einge-
bürgert hatte (Pal. della Valle, Peruzzis Entwürfe UA 456,
597, 598, 546, Sangallos Entwurf UA 997) (T.149a, 183e,
184 b, 187 a), als auch die toskanische Ecksäule (Doria
Pamphili, Lante-Medici, Peruzzis Entwürfe UA 594,4130,
Sangallos Entwürfe UA 1116 r -|-v, 1074) (T.35a, 188a).
Für die vierseitigen Pfeilerhöfe hatte Sangallo im Pal. Far-
nese die Eckverstärkung aufgebracht, die nicht nur in sei-
nem Entwurf UA 969 für den Pal. Pucci in Orvieto, sondern
auch in späteren Höfen wie dem des Collegio Romano auf-
gegriffen wurde. Ohne Nachfolge in den Höfen unserer
Epoche blieb hingegen die vergrößerte Mittelarkade der
Eingangsloggia des Cancelleriahofes, die sich zumal mit
dem minuziös kalkulierten System einer Pfeilerarkade
schwer in Einklang bringen ließ. Nur Raffael dehnt im Hof
27 Alberti, De re aedificatoria, VII, 6; Wurm 1965, 120; Klotz 1969
(s. S. 26, Anm. 9).
28 Wurm 1965, 120E, 178; nach F. Malaguzzi-Valeri, L’architettura
a Bologna nel Rinascimento, Rocca S.Casciano 1899, 184ff. kam
dann im Pal. Lambertini tatsächlich ein Säulenhof mit dorischer
Ordnung und abgekürztem Gebälk ohne Triglyphenfries zur Aus-
führung : „... un lato (del cortile) verso l’ingresso, con alte colonne
doriche ornate di un giro di rosette intorno al capitello, reggenti
direttamente un architrave lungo quanto il lato del cortile e ornato
di rose negli intercolonnii, al di sotto, e di gruppi di gocce quali
corrisponderebbero ai triglifi ehe qui mancano. La loggia superiore
e moderna“; vgl. auch A. Cornaro in Fiocco 1952.
seines Projektes UA 310/311 das Mittelinterkolumnium
ebenfalls unmerklich aus (T. 110a,b).
Seit den Höfen des Pal. Venezia und der Cancelleria
wurde die dorisch-toskanische Ordnung für die Erdge-
schoßloggia bevorzugt29. Die Mehrzahl der Höfe folgte im
Aufwachsen ihrer Geschosse dem Prinzip der Superposi-
tion, das den Architekten am Marcellustheater und am
Kolosseum ständig gegenwärtig war. Im Sinne der Super-
position ist auch der Pal. Caffarelli zu verstehen, der im Hof
die Abfolge der Fassade wiederholt und das Toskanische
auf die Rustika folgen läßt (T.26b). Möglicherweise war
die Loggia des Pal. Caprini ähnlich gestaltet. Ausnahmen
sind Höfe wie die des Pal. Giraud oder des Pal. Alberini, die
über keine Ordnung verfügen und deren Erdgeschoß
bestenfalls auf das rustizierte Sockelgeschoß der Fassade
anspielt, oder Höfe wie die der Pal. Riario alla Lungara oder
Capodiferro, die nur im Erdgeschoß eine Ordnung be-
sitzen (T.82b, 2, 118, 28b); schließlich jene Höfe, die mit
einer Ordnung ausgestattet sind, jedoch vom Prinzip der
Superposition abweichen (Pal. S.Uffizio) (T. 179). Eine
direkte Umkehrung des Superpositionsprinzips fand sich
im Pal.Fieschi und in Peruzzis Pal.Fusconi (T.75c, 76f).
In beiden trugen jonische Erdgeschoßarkaden ein dori-
sches Piano Nobile. Doch während wir dies bei dem Archi-
tekten des Pal. Fieschi noch als quattrocenteske Willkür
interpretieren dürfen, wäre dem gebildeten Peruzzi eine
solche Mißachtung der Regel niemals zufällig unterlaufen.
Die Zahl der Hofgeschosse schwankte im allgemeinen
zwischen zwei und drei. Meist wurde versucht, jedem
Fassadengeschoß ein gleichwertiges Hofgeschoß entspre-
chen zu lassen. Bei vierseitigen Innenhöfen konnte dies
jedoch zu Belichtungsproblemen führen. So bemerkt noch
um 1570 Guglielmo della Porta, der Hof des Pal. Farnese
werde wie ein Schacht wirken, wenn man den Rücktrakt bis
ins dritte Geschoß hochführe30. Bei dem relativ längeren
Hof der Cancelleria gab es diese Sorge nicht. Im Hof des
Pal. Giraud blieb Bramante wohl aus dem gleichen Grund
wesentlich unter der Fassadenhöhe. Für die Höfe der Pal.
Doria Pamphili war wohl kein drittes Geschoß geplant. Für
die größeren Paläste scheint die Regel gegolten zu haben,
daß die Höhe des Hofes die Länge der größeren seiner bei-
den Grundseiten nicht überschreiten sollte (Cancelleria,
Pal.Giraud, della Valle, dei Tribunali(?), S.Uffizio, Far-
nese, Capodiferro). In anderen Palästen konnte man aus
Raummangel keine Rücksicht auf die Lichtverhältnisse
nehmen. Im Pal. Baldassini ist der Hof ein wenig niedriger
29 Der Cod. Barb. 4360 (fol. 10) empfiehlt für die Erdgeschoßloggien
einen „ordine sodo“ wie Rustika, toskanisch oder dorisch.
30 s.Bd.II, 115f., Dok. 104.
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