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als die Fassade, jedoch immer noch erheblich höher als die
Länge seiner Grundseiten (T. 13 d). Die Höfe der Pal.
Alberini und Stati sind sogar annähernd doppelt so hoch wie
breit. Das Gleiche hätte wohl für Raffaels Palast in Via
Giulia gegolten. Wenn es das Grundstück erlaubte, behalf
man sich auch mit einer anderen Möglichkeit, die zuerst
Raffael im Pal. dell’Aquila mit Erfolg versucht hatte: der
Öffnung der Rückseite (T.76). In den Pal. Ossoli, Fusconi,
Regis, P. und A. Massimo und Sangallos Haus endet eben-
falls eine der vier Hofwände mit dem Erdgeschoß (T. 107 c,
76f., 116c, 97f, 101a, 136a).
In den vierseitigen Loggienhöfen war oft auch das Piano
Nobile in Portiken zum Hof geöffnet (Cancelleria, Pal.
Doria Pamphili, dei Tribunali, S.Uffizio, Lante-Medici,
Sangallos Projekt für Pal. Farnese). Wo das Piano Nobile
ganz oder teilweise geschlossen ist, hat dies meist beson-
dere Ursachen. Im Pal.Giraud wollte man offensichtlich
eine geringere Gesamthöhe erreichen. Im Pal. Valle, im
Pal. Capodiferro und wohl auch im Pal. Fieschi suchte man
zusätzlichen Wohnraum zu gewinnen. In den Seitenflügeln
des Pal. Farnese endlich kompensierte Michelangelo den
Raumverlust, den seine Änderungen am Sangallo-Projekt
bewirkt hatten. Keines dieser Beispiele deutet darauf, daß
man vom Idealtypus des zweiten Loggiengeschosses abge-
kommen wäre. Seltener ist die Öffnung des dritten Hof-
geschosses, wie sie Sangallo für den Pal. Farnese und wohl
auch Bramante für den Pal. dei Tribunali geplant hatte
(T.49a). Für die beiden Höfe waren die antiken Theater
vorbildlich, in deren Außenbau drei Arkadengeschosse auf-
einander folgen. Das Gleiche gilt für die Höfe mit geschlos-
senen Seitenwänden, wenn auch hier eine Loggia im dritten
Geschoß häufiger anzutreffen ist als in den großen Höfen
(Pal. Fusconi, Stati, Regis, Palast in Via Governo Vecchio
Nr. 14)31. Zuweilen trat sogar eine vierte Loggia hinzu
(Pal. Fusconi, Pal. Via Governo Vecchio 14).
In beiden Hoftypen wurden die Loggien des Piano Nobile
durch die Verwendung der jonischen oder korinthischen
Ordnung, mehrfach auch durch den Wechsel von der
schweren Arkade zu der leichteren Säule eleganter gestaltet
(Pal.S.Uffizio, Fusconi, A. Massimo). Die Arkaden oder
Interkolumnien der oberen Loggien erhielten Balustraden
oder Brüstungsmauern mit vorgekröpften Piedestalen. Das
früheste datierbare Beispiel einer Hofbalustrade befindet
sich wohl im Nebenhof der Cancelleria (nach 1500?). Seit
etwa 1514/15 gehören Balustraden dann zum allgemeinen
Formenschatz römischer Palasthöfe (Pal.Lante-Medici,
Baldassini, Sangallos Entwurf UA 627 für den Pal. Farnese)
(T. 88a, 10b, 49a).
31 Let., T.35.

4. TREPPE
Als Verbindungsglied zwischen Hof und Piano Nobile
gehört die Treppe zu den repräsentativen Elementen des
römischen Renaissancepalastes. So spielten dann auch ihr
Verhältnis zu Hof und Eingangsloggia, ihre Breite, ihre
Belichtung sowie die Führung und Gestaltung ihrer Stufen
eine bedeutende Rolle bei der Planung.

a) mehrläufige Treppe
Ausgangspunkt der römischen Entwicklung war auch
hier die Cancelleria. Der Unterlauf ihrer Treppe hegt auf der
Längsachse der Eingangsloggia, bietet sich dem Besucher
also beim Betreten des Hofes sofort als organische Fort-
setzung der Eingangsloggia dar (T. 163a,b). Seine Breite
mißt etwa 15 p. und verhält sich zur Breite der Eingangs-
loggia etwa wie 2:3. Die drei untersten Stufen ragen in die
Eingangsloggia hinein, sind nach dem Vorbild des Minerva-
tempels zu Assisi in einen Marmorblock eingeschnitten und
von zwei (Statuen-?)Podesten flankiert. Der Übergang vom
Hof zur Treppe wird durch Eckpilaster mit Archivolte und
Gurt hervorgehoben. Nun folgt ein erster kreuzgrat-
gewölbter Absatz mit Türen zu den seitlichen Anräumen.
Der eigentliche Unterlauf ist tonnengewölbt und besitzt
25 Stufen von 0,44 m (2 p.) Tiefe und 0,165 m (etwa 3/4 p.)
Höhe. Das Umkehrpodest setzt sich aus zwei kreuzgrat-
gewölbten Jochen gleicher Größe zusammen, die durch
Wandvorlagen voneinander getrennt sind und aus zwei
großen Fenstern direktes Licht empfangen. Der Oberlauf
endlich entspricht dem Unterlauf, besitzt jedoch lediglich
21 Stufen, ein längeres Endpodest und steht in keiner Be-
ziehung zu den Achsen der oberen Hofloggien.
In ihren zwei langen, von kreuzgratgewölbten Umkehr-
podesten unterbrochenen Läufen, die im rechten Winkel zu
der seitlichen Hofloggia hegen, geht die Cancelleriatreppe
zweifellos auf toskanische Vorbilder zurück32. Keine dieser
32 Pal. Medici-Riccardi (der ursprüngliche Zustand überliefert durch
Pläne beiBulst 1970,370ff., Abb. 3ff.); Pal.Piccolomini zu Pienza,
Pal. Pazzi-Quaratesi, Strozzi, Gondi zu Florenz, Pal. Spannocchi
zu Siena; die Treppe des Pal.Rucellai (Sanpaolesi 1963, Abb. 3)
wurde später verändert; die Treppe des Pal.Piccolomini in Siena
(nach 1470) ist möglicherweise schon vom Pal.Ducale zu Urbino
beeinflußt (Stegmann-Geymüller, III, B. Rosselino, 19f.). Da-
gegen würde die breite, bequeme, auf eine Loggia des Kreuzgangs
axial bezogene Treppe der Badia in Fiesoie zu den wichtigsten
Vorläufern der Treppe in Urbino zählen, falls sie tatsächlich vor
1465 datiert werden kann (s. oben S. 28, Anm. 16). Einen Über-
blick über die Vorläufer der Quattrocentotreppen gibt H. Keller

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