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zwölf Stufen von 4 p. Tiefe erhalten, wie es auf UA 136 den
Anschein hat, so hätte jede Treppe etwa sechs Läufe für die
Bewältigung eines Geschosses benötigt. Nur ihr Unterlauf
hätte sich dann axial zur Eingangsloggia verhalten.
Da der Hof des Pal. Doria Pamphili um 1507-1509 an den
älteren Palast angefügt wurde, war der Architekt bei der
Anlage der Treppe kaum völlig frei. Die Treppen der Pal.
Fieschi, Pichi, Riario alla Lungara, Lante-Medici und della
Valle folgen dem toskanischen Typus und gehen damit ent-
wicklungsgeschichtlich auf die Zeit vor der Cancelleria zu-
rück39 (T.74d, 109b, 119e, 152b, 90d). Erst die unmittel-
baren Schüler Bramantes, Raffael und A. da Sangallo d. J.,
schlossen sich der neuen Auffassung der Treppe an. Schon
der Vergleich der beiden um 1513 und um 1516 entstande-
nen Entwürfe für den Pal. Medici an Piazza Navona kann
den Unterschied zwischen der älteren und der jüngeren
Richtung verdeutlichen (T. 177b, 177d). Während Giulia-
no da Sangallo in seinem Entwurf UA 7949 am toskani-
schen Schema festhält, konzipiert sein Neffe Antonio einen
ganz neuen Treppentypus (UA 1259 v). Von den beiden
Seiten eines zentralen, den Palast in seiner ganzen Tiefe
durchziehenden Portikus steigen Treppenläufe auf, die sich
wie im Pal. Corsini auf halber Höhe zu einem einzigen Lauf
doppelter Breite verbinden. Dieser Oberlauf liegt wiederum
auf der Tiefenachse und mündet in einen oberen Portikus,
der vor dem Mittelportal der Sala Grande endet40, Mehr
noch als in der Cancelleria, im Pal. Giraud oder im Pal. dei
altitudine deterri possit: quod contra in his scalis usu nobis venire
cernimus quae sunt ad Deae Matris aedem in clivo capitolino
constitutae: in quibus perspicua altitudo tota ascendendi patet:
idque maxime fieri ratione scimus: cum satis apertum esse possit,
homines, ad ea movere solere tardius, quae natura adversante
fiunt, at qui cum corporum genus superiora natura repugnante
capessat, facile cognosci potest homines, quo difficiliorem scala-
rum gradationem oculorum terminatione metiuntur, eo ad
ascendendum moveri solere lentius ...“ (Cortese 1510, fol. 51 r);
mit der Treppe Julius’II. „in suburbano palatino“, in der päpst-
lichen Palastvilla, ist möglicherweise die gegen 1509 begonnene
Treppe im Loggientrakt gemeint, die als einzige für Bramante ge-
sicherte Treppe im Vatikanspalast sowohl gewölbt - „via forni-
cata“ - als auch mit „täuschenden“ Ruhepodesten -„rata intervalli
ratione“ - ausgestattet war (s. Aristotele da Sangallos Aufnahme
UA 1710v; Redig de Campos 1967, lOOff.). Mit der Empfehlung,
die Treppen an die Nordseite zu legen, wollte Cortese wohl dem
Benutzer die Unannehmlichkeit blendenden Gegenlichts ersparen.
Meist war jedoch die Lage der Treppe durch die Grundstücksver-
hältnisse bedingt, so daß in den wenigsten Palästen eine Nord-
treppe anzutreffen ist.
39 s. Bd. II., 187, 261,290,348; in den Pal. Valle, Lante und G. da San-
gallos UA 7948 für La Magliana und UA 7949 für Pal. Madama
sind jeweils die beiden Treppenläufe auf die Eingangsloggia be-
zogen - eine Form, die wohl auf die ursprünglichen Treppen des
Pal.Medici-Riccardi zurückgeht.
40 Giovannoni 1959, 278-283.

Tribunali wird hier die Treppe ein bedeutendes Element in
der axialen Entwicklung des völlig zentralisierten Palastes.
Offensichtlich stand Sangallo damals unter dem Eindruck
von Bramantes Treppen im Cortile del Belvedere.
Die Treppe des Pal. Giraud fand ihre erste wirkliche Nach-
folge in den Pal. Baldassini und Farnese (Kardinalsprojekt)
(T.43a,b, 48c, 54a,b, 11c, 13c). In beiden setzt der kür-
zere Unterlauf die Achse der Eingangsloggia fort und reicht
in diese hinein; in beiden liegen die Oberläufe parallel und
nicht im rechten Winkel zum Seitentrakt; in beiden endet
der Oberlauf in der Verlängerung der oberen Loggia, ohne
den Zugang zur zweiten Treppe zu versperren; beide sind
schließlich mit bequemen Stufen zu 0,13 m-0,14 m ausge-
stattet. Wenn Sangallo die Oberläufe im Pal. Baldassini so
bemißt, daß ihr Wendepodest auf der Querachse des Hofes
liegt, führt er das Axialitätsprinzip sogar noch über den
Pal. Giraud hinaus (T. 13c). Welche besondere Sorgfalt
Sangallo der Berechnung der Treppe widmete, kann sein
Entwurf UA 1002 für Pal.Farnese bezeugen (T.49b). Dort
ist wie in der Cancelleria zwischen die drei ersten Stufen und
die restlichen Stufen des Unterlaufes ein erstes Ruhepodest
eingeschoben.
Dieser Typus blieb die ganze Jahrhunderthälfte hin-
durch mit kleinen Variationen für die repräsentativeren
Paläste verbindlich. Antonio da Sangallo, Giulio Romano,
Jacopo Sansovino, Lorenzetti oder Giovanni Mangone
hielten an ihm fest. Auch auf den Palastentwürfen Sangallos
und Peruzzis taucht er weitaus am häufigsten auf. Wenn
J. Sansovino den Oberlauf der Treppe des Pal.Gaddi nicht
in die Verlängerung der Loggia, sondern in das Seitenjoch
der Loggia selbst einmünden ließ, dann sah er sich gewiß
durch den unregelmäßigen Zuschnitt des Grundstücks dazu
gezwungen(T. 80c,d). Und wenn der Architekt des Pal.
Salviati-Adimari auf einen Innenhof verzichtete und statt
dessen den Unterlauf der Treppe in die Querachse seiner
Eingangshalle legte, so blieb der Treppentypus letztlich der
gleiche wie in den übrigen römischen Palästen der Epoche
(T.131b,c).
Die Variationsmöglichkeiten boten sich in den Verhält-
nissen der Läufe, in den Abmessungen der Stufen, in der
Belichtung und in der Gliederung der Podeste und Mün-
dungen. Die einzelnen Läufe zählten selten mehr als zwan-
zig Stufen41. In den Pal. Salviati-Adimari und Luca Massi-
mo besaß kein Lauf über zehn Stufen, so daß die Treppe
zwei volle Drehungen, also fünf statt drei Läufe benötigte,
um das Piano Nobile zu erreichen (T. 104 a). Auch für
Sangallos Pal. Cantelli zu Parma (UA 292,1303) waren wohl
zwei Drehungen vorgesehen (T.187d). Im Pal.Fusconi
41 Let., T.34.

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