Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
etwa 10 x 33,70 m nahezu die Sala Regia des Pal. Venezia
erreichte. Über den Stallungen im linken Seitentrakt gelegen,
war er ebenfalls auf einer eigenen Treppe zugänglich. Wie
im Vatikan und wie im Pal. Venezia ist der letzte Raum des
Appartements, das „Privatissimum“ des Hausherrn, in
einem Turm mit stärkeren Mauern untergebracht.
ImPal.Ducale zu Urbino mündete die Treppe neben dem
Portal der „Sala del Trono“ ins Piano Nobile (T. 190a,b).
Diese war gewölbt, maß 15 x 35 m und wendete sich mit
ihrer einzigen Fensterreihe zum Platz64. Sie war durch eine
Tür mit dem Appartement des Herzogs, durch eine andere
mit jenem der Herzogin verbunden, die sich beide wieder-
um von den offiziellen zu den intimeren Teilen entwickel-
ten. Bezeichnenderweise rügten die Kritiker des 16. Jahr-
hunderts die Tatsache, daß die beiden Türen der Sala del
Trono nicht auf der Achse der Hofloggien lagen65.
In der Beschreibung seines Palastes zu Pienza erwähnt
Pius II. zwei Räume im Piano Nobile, in denen man eine
Sala Grande vermuten könnte66. Der größte Saal lag in der
linken (nordöstlichen) Ecke des Fassadentraktes neben der
Treppe, öffnete sich in sechs Fenstern auf Platz und Straße,
mit zwei Türen auf die Loggia und eine Kapelle - „Orato-
rium“. All diese Züge entsprächen einer Sala Grande, doch
diente der Saal im Sommer als täglicher (?) Speisesaal -
„aestivum coenaculum“. Primär als Repräsentationsraum
hat dagegen die „aula sex ostiorum“, der Saal der sechs
Türen in der Mitte des Südflügels, zu gelten. Er lag un-
mittelbar hinter der Gartenloggia, war vor der direkten
Sonne wie vor den kalten Winden geschützt, mit einem
kostbaren Kamin und einer bemalten Balkendecke versehen
und bot die grandiose Aussicht auf den Monte Amiata66a.
Auch die Nachbarschaft des päpstlichen Wohnzimmers ist
charakteristisch für die Sala oder den Salotto. Wahrschein-
lich waren also die Funktionen der Sala Grande und des
Speisesaals in Pienza auf zwei etwa gleichrangige Räume
des Piano Nobile verteilt.
Unter den Neubauten der ersten Hälfte des 16. Jahrhun-
derts kann sich lediglich Sangallos Salone imPal.Farnese mit
den großen Sälen des.15. Jahrhunderts messen (T. 46 c, 47 c).
Doch auch in den kleineren Palästen folgte man bei der
Anlage der Sala Grande ähnlichen Prinzipien. Die Sala
Grande des Pal. Giraud lag in der rechten Hälfte des Fas-
sadentraktes, maß etwa 10,50 m x 21,90 m, umfaßte eine
Reihe von vier Fenstern zum Platz und von zwei Fenstern
zur Seitenstraße (T. 85 d). Ihr Portal lag am oberen Treppen-
64 Baldi 1587, 530f.; Rotondi 1950, Nr. 112.
65 Baldi 1587, 571 f.
66 Piccolomini, Commentarii, 232 f.
66a Viele dieser Eigenschaften teilt er mit der Sala di Costantino im
Privatappartement der Hochrenaissancepäpste.

absatz in der Verlängerung des Oberlaufes. Eine zweite Tür
führte zum „Salotto“, dem zweitgrößten Raum des Piano
Nobile, eine dritte zur quadratischen „capella“. In der
Farnesina umfaßte die Sala Grande vor dem Umbau von
1516/17 nur drei Fensterachsen, jedoch zwei Fensterreihen
und war durch einen schmalen Korridor vom oberen
Treppenabsatz getrennt (T. 68 a). Durch den Umbau erhielt
sie vier Fensterachsen und rückte der Treppe noch näher.
Obgleich seiner Bestimmung nach ein Amtsgebäude,
sollte Bramantes Pal. dei Tribunali im Obergeschoß vier
vollwertige Appartements beherbergen, die wohl für die
leitenden Prälaten gedacht waren (T. 146 a). Mit 46 X 80 p.
bzw. X 90 p. war jeder der vier Säle etwas größer als die
Sala des Pal. deiPenitenzieri geplant. Ihr Portal hätte wieder-
um neben der Treppenmündung in der oberen Loggia
gelegen. Da eine Sala Seconda oder ein Salotto auf der Ent-
wurfszeichnung fehlen, hätten sich unmittelbar die
„camere“, das „Studio“ der „tinello,“ und die Toiletten
angeschlossen.
Erst in Sangallos Projekt UA1259v für den Pal.Medici-
Madama begegnen wir wesentlichen Neuerungen der
Hochrenaissance (T. 177 d). Die Sala Grande sollte im Zen-
trum des Fassadentraktes liegen und auf seiner Mittelachse
betreten werden67. Dieser Idealtypus, der der Tendenz zu
Zentralisierung und Axialität auf großartige Weise ent-
sprach, wurde auch in keinem der folgenden Bauten ver-
wirklicht. Immerhin versuchten Raffael im Pal. J. da Brescia
und Sangallo im Pal. Ferratini zu Amelia oder im ersten
Projekt des Pal. Farnese die Sala symmetrisch in der Mitte
des Fassadentraktes anzuordnen (T.23b, 168e,55a).
Im Kardinalsprojekt des Pal.Farnese von 1516/17 war
der Raum hinter dem Balkon des Piano Nobile als Sala
Grande vorgesehen. Mit Grundmaßen von etwa 11,30 x
14,60 m und nur einer Fensterreihe blieb sie weit hinter den
Saloni des Quattrocento zurück (T.46e,55a). Entsprach
ihr Verhältnis zur alten Treppe etwa dem ihrer Vorgänger,
so zeichnete sie sich nicht nur durch ihre zentrale Lage,
sondern auch durch eine weitere Neuerung aus: ihren
Balkon. Der Balkon im linken Fassadenrisalit der Cancel-
leria war erst unter Julius II. angebracht worden und stand
in keiner Beziehung zur Sala Grande; ebensowenig San-
gallos Portalprojekt UA669 (vor 1521), das einen Balkon
über dem Haupteingang der Cancelleria vorsah68. Im Pal.
67 Auf seinem Grundrißentwurf UA 1257 (für Florenz?) vermerkt
Sangallo „lo principio della scala in mezzo lo terreno e cosi in mezo
la sala entri in sala“; in seinem Grundriß UA 765 für Beato Pucci
in Florenz führt die Haupttreppe unmittelbar in die Sala Grande.
Die angrenzenden „saletta“ und „camere“ kann man nur durch
die Sala erreichen.
68 Giovannoni 1959, fig. 308.

68
 
Annotationen