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Frommel, Christoph Luitpold
Der Römische Palastbau der Hochrenaissance (Band 2): Katalog — Tübingen: Wasmuth, 1973

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https://doi.org/10.11588/diglit.59326#0033

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II. PALAZZO DELL’AQUILA

(branconio dell'aquila)

schmückten. Die streifenförmigen Flächen zwischen den Ädi-
kulen füllten stukkierte Kandelaber. Gegenüber der Loggien-
wand wurde das Piano Nobile hier durch keine Zäsur von der
Mezzaninzone abgesetzt. Vielmehr schufen Medaillons mit Re-
liefszenen, Stuckrahmen- und Voluten einen gleitenden Über-
gang. Die Mezzaninfenster besaßen keine Ohren und waren
durch Muscheln und Felder miteinander verkettet. In der ge-
nauen Lage der Mezzanin- und Obergeschoßfenster unterlief
dem Zeichner von 1571 ff. möglicherweise ein Irrtum: Die
Mezzaninfenster setzen wesentlich höher als an der Fassade an,
obwohl im Fassadentrakt durchgehende Fußböden eingezeich-
net sind; und die Obergeschoßfenster des Hofes beginnen un-
mittelbar über dem Fußboden. Wahrscheinlich lag der Fuß-
boden des Obergeschosses und damit die Decke des Mezzanins
um 4-5 p. niedriger. Den Ädikulen des Obergeschosses fehlten
ebenfalls die Ohren, die Füllfläche war ebenfalls mit Stuck-
ornamenten verziert. Daß die Treppe sich im linken Seitenflügel
bis zum Obergeschoß fortsetzte, möchte man der aufsteigenden
Schräge entnehmen, die in den Fenstern des Piano Nobile sicht-
bar wird.
Die Sala Grande umfaßte wohl wie auf der Alternative des Tac-
cuino Mellon drei Fensterachsen des Fassadentraktes und war
durch ein zentrales Portal in der Längs wand der jonischen Log-

gia erreichbar (T. 8 a). Legt man die Erdgeschoßmauern zu-
grunde, so hätte sie einen Umfang von etwa 30 x 60 p. erreicht.
Da das zentrale Mezzaninfenster durch die Kartusche verdeckt
war, konnte die Sala Grande bestenfalls aus zwei Mezzanin-
fenstern zusätzliches Licht erhalten. Befand sie sich nicht in der
Mitte des Fassadentraktes, so war ein symmetrisches Verhältnis
der Mezzaninfenster ausgeschlossen. Beiderseits der Sala Grande
wird man sich niedrigere Repräsentationsräume vorstellen dür-
fen, so daß das Mezzanin nur in der Mitte des Fassadentraktes
aussetzte. Das Obergeschoß wird ebenfalls über eine Anzahl
kleinerer Räume verfügt haben. Dosios Ansicht zeigt über dem
rechten Seitenflügel ein geschlossenes Belvedere mit dem Blick
auf den Petersplatz (T. 9 b). So bot der Palast bei aller Zierlich-
keit mit seinem hellen Kellergeschoß, seinen unterirdischen
Stallungen, seinen vier Bottegen und Mezzaninkammern, seiner
bequemen Treppe, seinen vier bis fünf Repräsentationsräumen
und seinen etwa zehn bis fünfzehn kleineren Räumen in den bei-
den Obergeschossen ein Musterbeispiel kluger Raumdisposi-
tion. Zweifellos hätte die im Taccuino Mellon überlieferte Ver-
sion der beiden Hauptgeschosse das Gelände ökonomischer aus-
gewertet. Aber während dort Eingang, Hof und Treppe kleinlich
eingezwängt erscheinen, spiegelt der ausgeführte Grundriß die
vornehm-große Geste des echten Römers.

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