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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 16.1908

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Vorgeschichtliche Metallzeit
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Ringwälle
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Goessler, Peter: 2. Die prähistorischen Befestigungen auf dem Lemberg bei Feuerbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.43786#0047
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gegen den Nordabhang endet sie mit einem feuchten Loch von ca. 0,70 m
Durchmesser (372,96 N. N.). Nordwärts aber verläßt sie etwa neben der
Mitte des Walls dessen Graben und läuft in der östlichen Einsenkung
nach dem südöstlich an das Wallgelände anschließenden, unregel-
mäßig vertieften Viereck. An der Ecke, wo sie sich von Südosten
nach Norden umwendet, stießen wir auf einen natürlichen Felsabgang,
der durch senkrechte Abarbeitung der Südwestseite mit dem Spitz-
eisen zu einem oben 89 cm breiten, nach unten sich verschmälernden
Gang ausgearbeitet war; in ihn war die Dohle in 4,70 m unter d. h.
Niveau-Tiefe eingehauen. Machte schon dieser verhältnismäßig große
Aufwand gegen prähistorische Herkunft mißtrauisch, so wurden alle
Zweifel behoben, als man in dem nächsten Schlitz weder auf eine Fort-
setzung des Kanals, noch auf das gehoffte Sammelbassin, sondern
auf typischen Steinbruchschotter, darunter mit dem Eisen abgespitzte
Platten von mindestens 4 m Tiefe stieß. Prof. Dr. Fraas hatte die
Güte, den Befund in loco einzusehen und klärte durch die sichere Fest-
stellung dieser Tatsache die Zweifel. Dazu kam ein archäologischer
Fund, nämlich ein kleiner Eisenmeißel von 9 cm Länge, von gänzlich
unprähistorischem Aussehen, dazu mit verhältnismäßig geringem Rost-
schwund. Er ist gefunden in dem Schottermaterial und ist jedenfalls der
Rest eines Steinbrecherwerkzeuges. Der Kanal ist also nichts weiter
als eine Entwässerungsanlage des Steinbruchs, als
welchen sich das koupierte, unregelmäßige Viereck darstellt. Die
anscheinende Ungestörtheit der Grabeneinschwemmung über dem
eingefüllten Loch für die Dohlenanlage erklärt sich daraus, daß der
wuchernde Waldboden derselben allmählich ein gleichförmiges Aus-
sehen verliehen hatte. Der Steinbruch, von dem die Leute längst
nichts mehr wissen, dürfte einige Jahrhunderte zurückliegen; er diente
wohl nur dem Bau der Terrassenmäuerchen der nahen Weinberge. Die
neuere Zeit, die sich für solche Anlagen der Winke der geologisch-
hydrographischen Wissenschaft bedient, wäre nicht auf eine solche
wegen ihrer Abgelegenheit und des brüchigen Materials unrentable
Ausbeutungsstelle verfallen.
Diese Lösung des Rätsels, das uns sehr lange aufgehalten hat,
sieht sehr einfach aus; aber sie zu gewinnen, war schwierig und nur
ausdauernder Grabung möglich. Ist dabei auch die schöne Hoffnung,
eine prähistorische Wasserleitung zu gewinnen, allmählich zerronnen,
das negative Resultat muß der Wissenschaft, die weiter denkt, doppelt
willkommen sein: es klärt nicht bloß das vorliegende Problem und
bewahrt vor Irrtum und Phantasien, sondern es gibt auch Direktiven
für künftige Parallelfälle.
 
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