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Funke, Joachim
Problemlösendes Denken — Stuttgart, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.18679#0161
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5.2 Szenarios auf der Basis formaler Modelle

Funke, 1992; Kersting, 1999b; Müller, 1993; Preußler, 1996, 1998; Sanderson,
1989; Süß, 1999) klar, dass durchaus substanzielle positive Korrelationen zwischen
Wissenserwerb und Steuerleistung zu finden sind und vor allem dann auftreten,
wenn die Lernenden zum Wissenserwerb angeregt wurden, entsprechende Erfah-
rungen sammeln konnten und wenn die Erfassung des erworbenen Wissens hinrei-
chend spezifisch erfolgt. Auf einige der hier genannten Untersuchungen wird in
Kapitel 5.2.4 genauer eingegangen, das sich mit diesem Thema nochmals befasst.

Einordnung

Der Ansatz, menschlichen Umgang mit dynamischen Systemen aus der Perspektive
linearer Strukturgleichungssysteme zu betrachten, ist aus mehreren Gründen nütz-
lich: Erstens legt auch dieser Ansatz bestimmte Annahmen über Lernprozesse und
die mentale Repräsentation des erworbenen Systemwissens nahe. Zweitens lassen
sich daraus Methoden der Wissensdiagnostik ableiten. Drittens schließlich erlaubt
der formale Ansatz die systematische Konstruktion und Beschreibung ganzer
Klassen von Systemen und damit von experimentellen Aufgaben. Aufgrund ihrer
Universalität könnten DYNAMis-Szenarios durchaus als »Drosophila« (Fruchtflie-
ge, das »Haustier« der Genetiker) der Forschung Verwendung finden.

Hinweis: Die ÖYNAMis-Software liegt im Netz unter der Adresse http://dynamis.uni-hd.de/
und steht sowohl in Form einer Tabellenkalkulation (Excel-Makro) als auch in Form
eines Java-Applets zur Verfügung und erlaubt die Simulation beliebiger Szenarien im
Rahmen des Ansatzes linearer Strukturgleichungen.

5.2.2 Finite Automaten

Viele alltäglich genutzte technische Systeme wie Fahrkartenautomaten, Video- und
Faxgeräte, Fotokameras, Getränke- oder Parkautomaten, aber auch Computer-
betriebssysteme, Anwendungsprogramme und viele weitere, auf den ersten Blick
sehr unterschiedlich erscheinende Systeme (z. B. bestimmte Formen sozialer Inter-
aktionen) auf ganz unterschiedlichen Komplexitätsstufen sind auf einer abstrak-
teren Ebene durch eine Reihe gemeinsamer Eigenschaften charakterisiert (vgl.
Buchner, 1999): a) Sie nehmen nur eine begrenzte (finite) Anzahl von Zuständen
an. b) Aus einem gegebenen Zustand können sie in einen darauf folgenden Zustand
entweder durch eine Benutzereingabe (bei einer Anwendungssoftware etwa das
Drücken einer Taste) oder durch einen autonomen Prozess gelangen (bei einem
Fahrkartenautomaten etwa das selbstständige Zurücksetzen in den Ausgangszu-
stand nach einer festgelegten Zeit ohne Münzeinwurf), c) In Abhängigkeit von
Eingabe und erreichtem Zustand wird anschließend normalerweise ein Ausgabe-
signal produziert (z. B. standardisierte Antwort des Finanzamtes auf eine Bürger-
anfrage während der Bearbeitung von Steuerunterlagen). Solche Systeme lassen
sich auf formaler Ebene als finite Automaten darstellen.

Das formale System

Ein deterministischer finiter Automat ist definiert durch eine endliche Menge X
von Eingabesignalen, eine endliche Menge Z von Zuständen, eine endliche Menge
Y von Ausgabesignalen und durch zwei Funktionen (z. B. Hopcroft & Ullman,

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