BENNO REIFENBERG / MAX BECKMANN
37
Vinci. Er sucht und findet sie im Gleichgewicht des Weiblichen und
des Männlichen. Und doch ist das Ergebnis, sind die schönen Frauen und
Jünglinge durchaus ungriechisch. Das Produkt dieser Mischung des Weib-
lichen und des Männlichen ist keine neue Art, sondern die Verführung,
ein neues Individuum, dessen Art eben die Verführung, dessen Art un-
fruchtbar ist. Kein Mensch gehört so sehr der spirituellen Welt an wie
der schöne Mensch Leonardos. Die unfruchtbare Schönheit ist keine
griechische Vorstellung. Ich kann nicht darauf eingehen, wie Platon
auch hier zwischen den beiden Welten steht, der Seelen- und der
Geisteswelt.
X
Die ägyptische, die griechische und die Kunst Michelangelos sind wie
Körper, Seele und Geist oder sind wie der magische, der seelische und
der geistige Leib. (Wir finden dasselbe Verhältnis zwischen Bach, Mozart
und Beethoven.) In der Welt des Sinnes, nicht in der der Ursachen . . .
MAX BECKMANN
VON
BENNO REIFENBERG
Manets „Dejeuner im Atelier“ entstand im Jahre 1869. Dieses Bild
bedeutete eine Vollkommenheit und zugleich ein Ende. Es ist, als
rinne durch das Malwerk von grauen, schwarzen, blonden Tönen der
Zeitenstrom, als vereinige er alles zu einem Stilleben in des Wortes eigent-
licher Bedeutung: zu einem stillen Leben. Ein paar Worte noch im Raum,
ein wenig Rauch, Frühstücksgeschirr, ein junger Mensch, der an der
lischkante lehnt und ins Weite schaut. Gelassen und ohne Staunen. Ein
37
Vinci. Er sucht und findet sie im Gleichgewicht des Weiblichen und
des Männlichen. Und doch ist das Ergebnis, sind die schönen Frauen und
Jünglinge durchaus ungriechisch. Das Produkt dieser Mischung des Weib-
lichen und des Männlichen ist keine neue Art, sondern die Verführung,
ein neues Individuum, dessen Art eben die Verführung, dessen Art un-
fruchtbar ist. Kein Mensch gehört so sehr der spirituellen Welt an wie
der schöne Mensch Leonardos. Die unfruchtbare Schönheit ist keine
griechische Vorstellung. Ich kann nicht darauf eingehen, wie Platon
auch hier zwischen den beiden Welten steht, der Seelen- und der
Geisteswelt.
X
Die ägyptische, die griechische und die Kunst Michelangelos sind wie
Körper, Seele und Geist oder sind wie der magische, der seelische und
der geistige Leib. (Wir finden dasselbe Verhältnis zwischen Bach, Mozart
und Beethoven.) In der Welt des Sinnes, nicht in der der Ursachen . . .
MAX BECKMANN
VON
BENNO REIFENBERG
Manets „Dejeuner im Atelier“ entstand im Jahre 1869. Dieses Bild
bedeutete eine Vollkommenheit und zugleich ein Ende. Es ist, als
rinne durch das Malwerk von grauen, schwarzen, blonden Tönen der
Zeitenstrom, als vereinige er alles zu einem Stilleben in des Wortes eigent-
licher Bedeutung: zu einem stillen Leben. Ein paar Worte noch im Raum,
ein wenig Rauch, Frühstücksgeschirr, ein junger Mensch, der an der
lischkante lehnt und ins Weite schaut. Gelassen und ohne Staunen. Ein