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Wir wissen, daß die Juden die Lehren von der Unsterb-
lichkeit der Seele, von der Auferstehung und dem Gericht
nach dem Tode, von Himmel und Hölle, von den Engeln
und in der Hauptsache auch von dem Satan aus dem Par-
sismus entlehnt haben, und daß diese ursprünglich zarathu-
strischen Lehren aus dem Judentum ihren Weg in das
Christentum gefunden haben. Fragen wir nach der Zeit,
in der diese einen vollkommenen Umschwung bedeutenden
religiösen Anschauungen in das Judentum eingedrungen
sind, so wäre der nächstliegende Gedanke, daß die Ent-
lehnung während des Exils in der (seit 538 persischen
Provinz) Babylonien vor sich gegangen sei. Aber diese
von vornherein so wahrscheinliche Annahme findet keine
Stütze in dem Alten Testament. Der Glaube an die Un-
sterblichkeit und Auferstehung ist dort erst so spät bezeugt,
daß wir den Gedanken aufgeben müssen, daß der Parsis-
mus schon während des Exils einen nennenswerten Einfluß
auf die jüdische Religion ausgeübt habe. Erst im Buch
Daniel (165 vor Chr.) tritt der Glaube an die Auferstehung
auf1, der dann im Neuen Testament ganz allgemein ver-
breitet erscheint. Sonst aber ist auch in den nachexili-
schen Schriften des Alten Testaments nirgends von der
Unsterblichkeit die Rede — mit einer Ausnahme, die je-
doch gerade gegen den Glauben an die Unsterblich-
keit zeugt. Der Prediger Salomo kennt den Glauben
daran, zweifelt aber sehr, daß er berechtigt sei, 3. 20, 21:
„Es fähret alles an einen Ort; es ist alles von Staub ge-
macht und wird wieder zu Staub. Wer weiß, ob der Geist
der Menschen aufwärts fahre und der Odem des Viehes
unterwärts unter die Erde fahre?" Die Psalmen, deren
bei weitem größter Teil nachexilisch sein wird, wissen nichts
von der Unsterblichkeit, die doch so gut in ihren Gedanken-
1 H. Gunkel a. a. 0. 32.
 
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