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— 116 —

literatur, für den Abhängigkeit von buddhistischen Anschau-
ungen behauptet worden ist *, in Uebereinstimmung mit
Winternitz2 von einem solchen Zusammenhang nicht
überzeugen können.

Wie die heilige Lucie und die heilige Bri-
gitta in christlichen Legenden sich beide Augen aus-
reißen, weil die Jünglinge sich wegen ihrer Schönheit in
sie verlieben, gerade so verfährt die buddhistische Nonne
Subhä in einer Ballade der Therlgäthäs.3 Von einem Manne
im Walde mit Liebesanträgen bestürmt, spricht Subhä von
der Verwerflichkeit der Sinnenlust und von der Vergäng-
lichkeit und Widrigkeit des Leibes. Um zu beweisen, daß
dieses auch von den Augen gilt, reißt sie sich das eine aus
und hält es dem Manne hin, der in tiefer Reue um Ver-
zeihung bittet. Als aber die Nonne zu Buddha kommt,
erstrahlt bei seinem Anblick ihr Auge unverletzt in der
früheren Schönheit.

Daß die Uebereinstimmung in diesen Geschichten sich
durchaus befriedigend aus der gleichen asketischen Grund-
stimmung erklärt, ist ohne Weiteres einleuchtend. Auch
mag, worauf schon Winternitz hingewiesen hat, die
Stelle bei Matth. 18. 9 von Einfluß auf die christlichen
Legenden gewesen sein, obwohl dort das Aergernis am
Auge in subjektivem, in den Legenden dagegen in objek-
tivem Sinne gemeint ist. 4

1 Von Ed. Müller, Archiv für Religionswissenschaft III. 233.

2 Gesch. d. ind. Litt. II. i. 86 Anm.

3 V. 366—399.

4 Nur in einer Anmerkung will ich hinzufügen — weil es sich
um eine Parallele nicht aus der huddhistischen sondern aus der brah-
manischen Literatur handelt —, daß ich nicht an einen historischen
Zusammenhang zwischen den Legenden von dem heiligen Martinianus
und dem Asketen Marlci in Dandins Dasa-kumära-carita (übersetzt von
Johann Jakob Meyer, Leipzig 1902, 205 f.) glaube. T h. Z a-
c h a r i a e hat mich freundlichst auf die Aehnlichkeit der beiden
 
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