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— 118 -

Dem Buddhismus und dem Christentum sind folgende
kultische Elemente gemeinsam: die Klöster mit dem Mönchs-
und Nonnenwesen und dem unterschiede von Novizen und
ordinierten Mönchen und Nonnen, das Zölibat und die
Tonsur der Geistlichkeit, die Beichte, die Verehrung der
Reliquien, der Rosenkranz, der Kirchturmbau, zu dem die
turmförmigen buddhistischen Reliquien- und Gedächtnismo-
numente eine Parallele bilden, der Gebrauch des Räucher-
werks und der Glocken.1

Die großen theologischen Nachschlagewerke der beiden
christlichen Konfessionen erwähnen auch in den ausführ-
licheren Artikeln von diesen Uebereinstimmungen so gut
wie nichts und erklären alle die eben genannten Erschei-
nungen auf christlichem Boden für reine und selbständige
Erzeugnisse des Christentums. Die Uebereinstimmungen
mit den äußeren Formen der buddhistischen Kirche sind
aber so zahlreich und eng, daß es schwer fällt, sie für ein
Spiel des Zufalls zu halten. Ebenso schwer wird man es
glaubhaft machen können, daß alle diese Erscheinungen
durch das Wesen der beiden Religionen bedingt und unab-
hängig von einander der gleichen Geistesrichtung entspros-
sen seien. Wenn man bedenkt, daß sie sämtlich im Bud-
dhismus älter sind als im Christentum und daß Christen
vom Anfang des dritten Jahrhunderts an mit ihnen in den-
selben Gegenden bekannt geworden sind, in denen wir die
Entlehnung buddhistischer Legendenstoffe annehmen müs-
sen, d. h. in Persien, Baktrien und Turkestan, so werden
wir mit Recht fragen dürfen, warum nicht die Aeußer-
lichkeiten des religiösen Lebens der Buddhisten den Chri-
sten ebenso gut als Vorbild gedient haben sollten wie die

1 R. Spence Hardy, Eastern Monachism (London 1850): P e-
ter von Bohlen, Das alte Indien (Königsberg 1830—31) I. 334—350;
A. Weber, Indische Skizzen (Berlin 1857) 58, 64, 65, 92, Ueber die
Krishnajanmäshtami (Krishna's Geburtsfest, Berlin 1868) 340.
 
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