Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 5.1903

DOI article:
Heicke, C.: Vom II. Wettstreit deutscher Männergesangsvereine
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0187
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
V, 10

DIE GARTENKUNST

165

Pflanzenschmuck bei festlichen Gelegenheiten.

Vom II. Wettstreit deutscher Mannergesangvereine.
(Hierzu 4 Abbildungen.)
Die Veranstaltung des II. Wettstreites deutscher
Mannergesangvereine um den von Sr. Majestät dem Kaiser
gestifteten Wanderpreis und die damit verbundene An-
wesenheit des Kaiserpaares in Frankfurt a. M. in den
Tagen vom 3.—6. Juni d. J. gaben Veranlassung zu um-
fangreichen Ausschmückungsarbeiten sowohl seitens der
Einwohnerschaft als auch der Stadtverwaltung.
Letzterer fiel naturgemäfs die Ausschmückung der
Feststrafse vom Hauptbahnhof zu dem auf dem Gelände
der ehemaligen Rosenausstellung an der Forsthausstrafse
gelegenen Festplatze, sowie des letzteren selbst und seiner
Umgebung zu.
Den Eingang zur Feststrafse bildete eine von dem
Architekten Baurat von Hoven entworfene Ehrenpforte an
der Mündung der Scharnhorststrafse. Die letztere hatte
durch Umwandlung der Strafsenbahnmasten in monu-
mentale Obelisken, von Baurat Neher entworfen, eine vor-
nehme Ausschmückung erfahren. Welfs und Gold waren
die Farben, welche vorherrschten, grün war nur in be-
schränktem Mafse verwendet. Die dann folgende Wilhelmsr
brücke war, um den Blick auf den Main mit seiner reich
bewimpelten Flotille und das sich an seinen Ufern ent-
wickelnde Stadtbild nicht zu beschränken, frei von jedem
Schmuck geblieben, nur hatten auch hier die Strafsen-
bahnmasten die gleiche Umgestaltung zu Obelisken erfahren
wie in der Scharnhorststrafse.
Am jenseitigen Ende der Brücke markierte ein eben-
falls von Neher entworfener Triumphbogen — wohl der
Glanzpunkt der ganzen Festdekoration — gewissermafsen
den Eingang zum Festplatze, indem die zwischen Brücke
und dem eigentlichen Festplatzeingang liegende Wilhelm-
strafse als Vorplatz zu jenem betrachtet werden konnte.
Zu beiden Seiten der Wilhelmstrafse, deren etwa 10jährige
Linden im frischsten Grün prangten, standen mächtige
Flaggenmaste, umwunden und unter sich und mit den
Bäumen verbunden durch Fichtenguirlanden. Die auch
sonst reichlich verwendeten Fichtenguirlanden bildeten
einen wunden Punkt in der sonst recht glänzend ausge-
fallenen Dekoration. In der Nachbarschaft von Frankfurt
hatten die Fichten schon stark getrieben und die aus
solchem Grün hergestellten Guirlanden wurden schnell
welk und unansehnlich. Um diesem Übelstand aus dem
Wege zu gehen, hatte man einen erheblichen Teil der.
Guirlanden aus hochgelegenen Gegenden des Harzes be-
zogen, wo der Trieb noch zurück war; aber diese hatten
leider unter der drückenden Hitze der letzten Maitage auf
dem Transport derartig gelitten, dafs auch ihr Aussehen,
trotzdem sie tadellos gebunden waren, sehr zu wünschen
übrig liefs.
Im Innern der Festhalle, welche von Stadtbauinspektor
Wilde entworfen war, 110 m Länge und 78 m Breite auf-

wies und aufser dem Podium für 2000 Sänger und Musiker
in ihrem freien Innenraum 7664 Sitzplätze enthielt, war
von einer gröfseren Pflanzenausschmückung Abstand ge-
nommen worden, um den Raum aufs äufserste ausnützen
zu können und die Akustik nicht zu gefährden. Die De-
koration bestand ausschliefslich aus festonartig gebundenen
mächtigen Ilexguirlanden. Dieses Material hat sich im
Gegensatz zum Fichtengrün ausgezeichnet bewährt, ob-
schon es fast 3 Wochen vor Beginn der Festlichkeiten
geschnitten und verwendet werden mufste. Mehrere
Waggonladungen Ilexzweige, aus der Aachener Gegend
stammend, waren erforderlich zur Herstellung der gröfsten-
teils 45 cm starken Guirlanden, von denen insgesamt in der
Halle 2800 laufende Meter aufgehängt waren. Die Guirlanden,
die mit weifsen Rosen aus Papier ausgestattet waren und
mit dem in rot und weifs gehaltenen Inneren der Halle
gut harmonierten, verliehen dem Ganzen ein vornehm-fest-
liches Gepräge.
Reich mit Pflanzenschmuck ausgestattet waren die
Gemächer und Räume, welche für den Aufenthalt des
Kaiserpaares und des Gefolges bestimmt waren. Zu beiden
Seiten des Eingangs, im Entree, Treppenhause, Vorzimmer
und in der Loge der kaiserlichen Herrschaften hatte die
Stadtgärtnerei reichen Schmuck, bestehend aus Lorbeer-
bäumen, Palmen und verschiedenen Blütenpflanzen ange-
bracht. Zahlreiche Gläser mit Hunderten langgeschnittener
La France-Rosen waren überall verteilt. Die Ausschmückung
des die Mitte der Räumlichkeiten einnehmenden Empfangs-
salons, sowie des rechts daran anstofsenden Arbeitszimmers
des Kaisers und des links gelegenen Separatsalons der
Kaiserin hatten die Blumenhandlungen Hch. Berg,
Fleisch-Damm und A. Müller Sohn unentgeltlich über-
nommen und alle drei haben, wie auch aus den Abbildungen
ersichtlich ist, wahre Kabinetstücke vornehmer, dabei in
mafsvollen Grenzen gehaltener gärtnerischer Innendekoration
geliefert. Dafs die Ausstattung der Räume mit Mobiliar,
Bildern, Wandbehängen, Teppichen und dergl. auch kaiser-
lichen Ansprüchen genügen konnte, leuchtet ein, wenn
berichtet wird, dals von den Frankfurter Patrizierfamilien
die kostbarsten Stücke aus ihren reichen Beständen zur
Ausstattung der Kaiserräume hergegeben waren. Die Ge-
samtleitung der Ausstattung dieser Räume lag in den
Händen des Architekten und Stadtrat Hanau.
Die Fläche vor der Halle war in verhältnismäfsig
kurzer Zeit durch die Stadtgärtnerei in ein in ruhigen
Formen gehaltenes Parterre umgewandelt worden. Mächtige
Palmengruppen, Rhododendronbeete, deren Pflanzen mit
Erfolg in der Blüte zurückgehalten waren, sodafs sie
gerade in den Festtagen in vollem Flor standen, belebten
die Rasenflächen. Den Glanzpunkt bildeten Beete, be-
pflanzt mit grofsblumigen englischen Pelargonien. Ihr
Züchter, Herr W. Bürger in Halberstadt, hatte es sich
nicht nehmen lassen, zu billigen Preisen seine besten Neu-
heiten in wahren Schaupflanzen zur Verfügung zu stellen.
29
 
Annotationen